So bist Du

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Walther

Mitglied
So bist Du


Im Augenwinkel nur das Fallen eines Blattes:
Es taumelt von dem Ast des nahn Platanenbaums.
Ich seh es durch die lichten Nebel eines Traums:
Es hat was Schwingendes und dennoch zugleich Mattes.

Als heben sich die Enden eines schweren Saums:
Es glänzt wie blaues Samt, ein goldbetrasstes glattes
Und schweres Tuch umhüllt uns, strahlt was gänzlich Sattes
Und Glückliches in eines warmen, leeren Raums

Gefühlte Stille: So sei es, und so bist Du!
Ich staune, wie die gelben großen Blätter fallen:
Es herbstet um uns, und Du lächelst fein dazu.

Ich fühle, wie sich schwere Wolken um uns ballen.
Im Zentrum dieses Sturms bleibst Du ganz kühl in Ruh.
Dir immer nah zu sein, das könnte mir gefallen!
 

HarryHaller

Mitglied
Hallo Walther,
kurz vorweg: Müsste es in S2Z2 nicht "goldbeStrasstes" heißen?

Ansonsten gefällt es mir vor allem inhaltlich sehr gut. Da hier aber nach meinem Empfinden das Wichtigste die äußere Form ist, möchte ich Dich fragen, was an dieser von vielen gut bewerteteten Reimform (2S Block-, dann 2S Wechselreim)so gut ist? Ist das eine Mode oder wirklich ein Zeichen hoher Dichtkunst? Ich verstehe das nicht. Diese Gedichte klingen für mich oft irgendwie konstruiert... erbitte Aufklärung!

LG Eric
 

Walther

Mitglied
So bist Du


Im Augenwinkel nur das Fallen eines Blattes:
Es taumelt von dem Ast des nahn Platanenbaums.
Ich seh es durch die lichten Nebel eines Traums:
Es hat was Schwingendes und dennoch zugleich Mattes.

Als heben sich die Enden eines schweren Saums:
Es glänzt wie blaues Samt, ein goldbestrasstes glattes
Und schweres Tuch umhüllt uns, strahlt was gänzlich Sattes
Und Glückliches in eines warmen, leeren Raums

Gefühlte Stille: So sei es, und so bist Du!
Ich staune, wie die gelben großen Blätter fallen:
Es herbstet um uns, und Du lächelst fein dazu.

Ich fühle, wie sich schwere Wolken um uns ballen.
Im Zentrum dieses Sturms bleibst Du ganz kühl in Ruh.
Dir immer nah zu sein, das könnte mir gefallen!
 

Walther

Mitglied
Hallo Harry,

Du hast recht, das habe ich falsch geschrieben, das "s" fehlt in der Tat. Vielen Dank für Dein aufmerksames Lesen, ich habe das schon geändert.

Nun zur Form:

Das ist ein Sonett mit einem sechshebigen Jambus, die Reime haben wechselnd männliche und weibliche Kadenzen, das Reimschema ist abba baab cdc dcd. Am Reimschema kann man erkennen, woher diese Form kommt. Die ist der Sonettschreibweise des Barock nachempfunden, der Inhalt übrigens auch. Denn es geht ja um goldumfassten blauen Samt (das berühmte "blue velvet" stand hier Pate, den Song kennen die meisten, den Film wohl auch).

Im 18. und 19. Jahrhundert ist dieses Reimschema besonders bei Friedrich Rückert und Alexander von Platen in Gebrauch.

Ich glaube nicht, daß dieses Gedicht eine zwanghafte Formstrenge hat, im Gegenteil, es läßt sich auf eine ironische Art sehr flüssig lesen, darauf habe ich beim Schreiben ganz besonders geachtet. Um den Beweis anzutreten, habe ich einmal die Umbrüche weggemacht und den Text wie Prosa abgesetzt.

Im Augenwinkel nur das Fallen eines Blattes: Es taumelt von dem Ast des nahn Platanenbaums. Ich seh es durch die lichten Nebel eines Traums: Es hat was Schwingendes und dennoch zugleich Mattes.

Als heben sich die Enden eines schweren Saums: Es glänzt wie blaues Samt, ein goldbestrasstes glattes und schweres Tuch umhüllt uns, strahlt was gänzlich Sattes und Glückliches in eines warmen, leeren Raums gefühlte Stille: So sei es, und so bist Du!

Ich staune, wie die gelben großen Blätter fallen: Es herbstet um uns, und Du lächelst fein dazu. Ich fühle, wie sich schwere Wolken um uns ballen. Im Zentrum dieses Sturms bleibst Du ganz kühl in Ruh.

Dir immer nah zu sein, das könnte mir gefallen!
Wie Du siehst, kann der Text ohne Schwierigkeiten gelesen werden und kommt auch als Prosatext so daher, als könnte er ohne Probleme in einem Liebesbrief geschrieben werden.

Ich hoffe, Deine Frage beantwortet und aufgezeigt zu haben, wie dieses Sonett m.E. durchaus in die heutige Landschaft paßt. Über Geschmack läßt sich aber bekanntlich schwerlich streiten. Zugleich muß ich einfach akzeptieren, daß ich mit meiner Art, Gedichte zu schreiben, nicht alle LeserInnen erreichen und begeistern kann. :)

Lieber Gruß W.
 

Inu

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Heißt es nicht: d e r Samt, lieber Walther?

ich finde das Sonett gelungen, es gefällt mir gut in seiner weisen Melancholie

LG
Inu
 

Walther

Mitglied
So bist Du


Im Augenwinkel nur das Fallen eines Blattes:
Es taumelt von dem Ast des nahn Platanenbaums.
Ich seh es durch die lichten Nebel eines Traums:
Es hat was Schwingendes und dennoch zugleich Mattes.

Als heben sich die Enden eines schweren Saums:
Es glänzt wie blauer Samt, ein goldbestrasstes glattes
Und schweres Tuch umhüllt uns, strahlt was gänzlich Sattes
Und Glückliches in eines warmen, leeren Raums

Gefühlte Stille: So sei es, und so bist Du!
Ich staune, wie die gelben großen Blätter fallen:
Es herbstet um uns, und Du lächelst fein dazu.

Ich fühle, wie sich schwere Wolken um uns ballen.
Im Zentrum dieses Sturms bleibst Du ganz kühl in Ruh.
Dir immer nah zu sein, das könnte mir gefallen!
 

Walther

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Hallo Inu,

Du hast völlig recht, Samt ist ein "der". Daher habe ich das oben auch bereits geändert und bedanke mich sehr für's aufmerksame Lesen.

Das Lob ist wie Balsam - das ja auch schon an anderer Stelle, dank des Hinweises von Marie-Luise, von mir schon bemüht wurde.

Danke und lieber Gruß W.
 



 
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