Springer ins Nichts

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Perry

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Springer ins Nichts


Was für ein irrsinniges Gefühl
dieses Brausen in den Ohren
das Vibrieren der Tragflächen
im Strudel der Luftwirbel

Immer höher, immer weiter hinauf
der Freiheit entgegen
endlich wieder tief atmen können
der Enge entfliehen

Da unten, der kleine Punkt
das bist du mit deinem Liebreiz
Dompteuse und Venus zugleich
die mich in ihren Bann ziehen will

Doch ich bin dir entflohen
ein allerletztes Mal
bevor sie zuschlagen kann
die Käfigtür, für immer

Der Wind jubelt mir zu
ich beuge mich vor, springe
in seine weit ausgebreiteten Arme
falle, ins Nichts
 

San Martin

Mitglied
Ist hier von einem Sprung aus einem Flugzeug die Rede? Warum macht das lyrische Ich sich die Mühe, noch mit einem Flugzeug abzuheben, um dann runterzuspringen? Das ergibt nur Sinn, wenn er einen Fallschirm umhat; wenn er keinen umhat und sich umbringen will, dann wäre das Flugzeug überflüssig.

Der Ton des Gedichts ist mir zu lapidar. Etwas kunstvoller, wohlformulierter darf es sein.

"bevor sie zuschlagen kann
die Käfigtür, für immer"

Der Nachschub der 2. Zeile hört sich schlecht an. Zu holprig.

Insgesamt ist mir der Text zu blass.
 

Perry

Mitglied
Hallo Martin,
danke für die Auseinandersetzung mit meinem Text. Der Sprung aus dem Flugzeug ist korrekt, doch dient er ledichlich als Metapher für den Gewissenskonflikt des lyrischen Ichs. Da sind die Freiheitsgefühle, der Liebreiz der Venus und das Gebundensein. Vielleicht will sich das LI ja auch nur ein letztes Mal in die unendliche Freiheit des Fallens stürzen von "Nichts" gehalten, bevor es (mit einem Fallschirm?) auf dem Boden der Realität landet. Der Leser kann sich hier seine eigene Vorstellung bilden, ob der Sprung dramatisch oder mit einem Happy End endet.
Soweit zum Gedicht, ich will Dir bei dieser Gelegenheit aber gerne auch noch ein Feedback zu deiner Art zu kommentieren geben:
Den Stil eines Gedichtes (lapidar, blass etc.) wertend zu kommentieren ist problematisch, weil jeder Schreiber seine eigene Art hat sich auszudrücken. Du könntest deinen Eindruck oder deine Meinung sicher auch verbindlicher zum Ausdruck bringen, wenn Du dazu unbedingt eine Aussage loswerden willst. Mir persönlich macht diese direkte Art der Kritik nichts aus, sie bringt mich aber auch nicht wirklich weiter, weil sie letztendlich eine "Killerphrase" darstellt. Ich halte es für sinnvoller, wenn schon, dann konstruktive Verbesserungsvorschläge zu machen. Ausdrücke wie "kunstvoller und wohlformulierter" sind dazu sicher nicht hilfreich. Die Vielfalt der Stile ist es doch, die den Wert einer Lyrikplattform ausmacht, denn wenn wir alle wie die großen Meister schreiben würden wäre das Forum unnötig.
Gedichte nach dem Inhalt zu hinterfragen (es gibt nur einen Sinn, wenn er einen Fallschirm hätte) ist ebenfalls ein schwieriger Part, da sich der Frager damit auf dünnes Eis begibt. Man könnte leicht zu dem Schluss kommen, dem Frager mangelt es an lyrischer Fantasie. Viele Gedichte sind von ihrer Aussage her so angelegt, dass der Leser Interpretationsspielraum hat, dabei muss die Sicht des Lesers auch nicht immer mit der Intention des Schreibers identisch sein.
Ich hoffe, ich konnte Dir den Eindruck deines Kommentars etwas verdeutlichen, unabhängig davon werde ich selbstverständlich über deine Anmerkungen nachdenken, um mein Gedicht vielleicht noch etwas zu optimieren.
LG
Manfred


v
 

San Martin

Mitglied
Wenn ich dein Gedicht wertend beschreibe, dann immer auf der Basis meines Lyrikgeschmacks und des Eindrucks, den ich beim Lesen hatte. Damit will ich keine allgemein gültige Aussage setzen, die für alle Leser deines Gedichts verbindlich ist, sondern ich will dir sagen, wie es auf mich wirkte, z.B. an einigen Stellen zu lapidar. Wie sonst soll ich dir das mitteilen? Klar brächten dich Vorschläge weiter, die Teile des Gedichts her nähmen und veränderten, aber ich dachte, es würde dir auch helfen, wenn ich meine Impressionen schildere. Ich habe nicht immer Zeit oder genug Inspiration, um mir ausformulierte Änderungen auszudenken. "kunstvoller und wohlformulierter" ist wieder eine Wertung und nicht weiter erklärt, aber wenn du nicht weißt, was ich meine, kannst du ja auch nachfragen. Ich würde gern deine Meinung zu dem hören, was ich gerade sagte.
 

Perry

Mitglied
Hallo Martin,
Danke für deine nochmalige Antwort.
Mir ist dein subjektiver Eindruck durchaus wichtig und falls das Gedicht mal Einzug in ein Buch finden sollte, werde ich diesen sicher auch zu Rate ziehen.
Ich wollte deine Art zu kommentieren nicht kritisieren, sondern Dir nur meinen subjektiv empfundenen Eindruck wiedergeben.
LG
Manfred
PS: Übrigens deinen 2. Kommentar zu Sunny Roses Gedicht "Reife Liebe" hättest Du besser mir persönlich geschrieben. Deine pauschale Abwertung von freier Lyrik bringt sie sicher nicht weiter und ist so auch nicht haltbar. Mir ist jedenfalls jeder Autor, der erst einmal versucht, seine Gedanken in Bilder oder Metaphern zu verpacken lieber, als ein auf Teufel komm raus Reimender.
 



 
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