Stille

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Honey

Mitglied
schweigen bedeutet stille
schweigen bedeutet
sprachlosigkeit erfordert viele worte
die nie gefunden werden
die nie ausgesprochen wurden

stille ist nie
stille ist nicht mal
in dir selbst
dein blut rauscht
laut wie eine sturmflut
dein herz klopft
wie ein specht am baum
in lauter hektik
ist die stille nicht mehr hörbar
ist meine eigene stille zu hören

stille ist nie
stille ist ein gefühl
an einem see im sommer
wir hören die heiße luft
wie die grillen am ufer
und das geräusch
des nahen baches
aber still ist das nicht

stille ist nie
ist wandern über schneefelder
wenn der wind braust
oder gedämpft durch
nebelwände ferne rufe hören
aber still ist das nicht

nur ein gefühl
in uns
still zu sein
ruhig zu sein
ruhe finden
stille ist in uns
still ist der tod
der uns schweigend zurückläßt
ist das still
ein toter hund
niemals mehr bellend

was ist still?




©Honey
 
Hallo honey,

schön geschrieben, nur der Schluss scheint mir etwas schwierig zu sein - einerseits, hast du die Frage, was Stille ist oder was sie eben nicht ist, bereits beantwortet, andererseits habe ich das Gefühl, dass sich die Frage weniger auf die Stille, als eher auf den Tod bezieht, da wo dir und sicher vielen von uns die Antworten ausgehen. Du bekommst nocheinmal die Kurve, nachdem du "tod ist stille" durch "der uns schweigend zurückläßt" relativierst. Aber da wir nie schweigen und nie still sind, läßt er uns auch nicht schweigend zurück. Es scheint, dass der Begriff Tod nur der begriffswelt des Menschen entstammt und viel weniger mit der Wirklichkeit zu tun hat, als Begriffe wie Baum oder Strauch - die alle nicht still sind und kein Schweigen hinterlassen.
Was also ist der Tod, Honey? Und wenn nie etwas still ist und nie etwas schweigt, was sagt uns das über den Tod, der mit diesen Begriffen allzugern in Verbindung gebracht wird?

Mit freundl. Grüssen,
Marcus
 

Honey

Mitglied
Hallo Marcus...

du hast dich ganz intensiv mit meinem Text beschäftigt...ein danke schön an dich, dafür.
Und du hast recht mit deinen Fragen... es ist ein fragendes Gedicht. Fragen nach Stille und Tod. Als ich es schrieb ging es mir erst mal um die Stille die nie ist. Der Tod kam als stiller Gedanke dazu... aber ist der Tod wirklich still? Oder bringt er nur uns Lebende zum schweigen? Schwierige Gedanken.

Ich weiß es nicht.

lg Honey
 
Honey,
eine weit schwierigere Frage ist doch die - was, wenn in Wahrheit alles still ist und wir Menschen, wie in vielem, nur der Illusion vom Nichtstillsein aufsitzen. Ich komme drauf, weil das Leben doch in vielem dem Energieerhaltungssatz ähnelt - Leben verschwindet nicht einfach so, es wandelt und wandelt und wandelt sich (ich seh da in Zeitraffer das tote Kanienchen aus dem Parcifal). Aber wie wir wissen, ist das nicht wirklich so, denn Leben ist nicht gleich Energie, es kann durchaus verschwinden und sich schließlich ganz auflösen und dann ist alle Energie, die im Leben gebunden ist, verloren.
Aber wenn man dieses Bild vor Augen hat, erschließt sich einem wieder, dass eben alles nur Energie ist. Und die Frage ist doch die - hat Energie ein Echo oder einen Ton?
Ich glaube, ganz im Gegensatz du dieser ziemlich traurigen Theorie, dass solange irgendetwas lebt, nichts tot ist, ähnlich der Vorstellung, dass solange sich irgendjemand an einen Verstorbenen erinnert, dieser auch nicht tot ist - und so zieht sich von jedem Menschen ein mehr oder minder starkes Echo durch die Jahrtausende.
Das ist ein schönes Bild, nicht wahr? Dieses Echo seiner Erfahrungen und seiner Liebe, die er an die nächste Generation weitergegeben hat und die auch ihm als Echo weitergegeben wurde.
Also Honey, auf das Leben und dass dort nie etwas still bleibt.

Gruss, Marcus
 
R

Richard von Lenzano

Gast
Hey honey

ich halte es für einen besinnlichen & nachdenklichen text, der mir persönlich zuspricht.

Wer hat nicht schon über das problem "STILLE" nachgedacht?

Ich finde, du hast das thema gut umgesetzt. Selbst mit dem schluß kann ich gut leben.

Richard von Lenzano
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Jeder ist ein Mond und hat eine dunkle Seite, die er niemandem zeigt. (Mark Twain)
 



 
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