Tagebuch

MichiZ

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Zwischen gestern und heute

Zwischen Gestern und Heute...
Es ist wieder einer dieser Tage, wo mich die Schlaflosigkeit vor den rauschenden Kasten zerrt, längst überholt dieser Computer, doch irgendwie rührt es mich, dass ein einfaches Surren eines Servers mir soviel Zuversicht schenken kann, mich umgibt und mich bangt wenn ich es nicht höre, wie das leise Schnaufen meines Innersten, brauche ich es, wie es mich braucht.
Meine Ringe unter den Augen verfärben sich allmählich violett, und ich bin im Gedanken bei meiner Kleiderauswahl für morgen.
Was hat dieser Tag, dass ich ihn nicht ziehen lassen kann, nicht ruhen nach ihm, mit ihm. Ich zerre ihn mit in die Morgenstunden, wie ein Rind zur Schlachtbank, um zu sehen ob er sich vor dem Morgen fürchtet, vielleicht tue ich das ja. Furcht ist nichts schlechtes, sagen die Leute und verleugnen dessen Bedeutung, messen an Vorsicht, verwechseln das es nicht das Selbe ist. Mit diesem Gedanken verfalle ich selbst ins Grübeln, ob es Furcht oder Vorsicht sei, was mich nach Ästen greifen lässt, die mich vielleicht als Kind getragen haben, doch mit der Zeit gegangen sind und mir zu schmal, wie die Wege, dessen Lichter ich nur noch in Träumen sehe und förmlich den Duft aufsauge, vom Glück vergangener Tage, und zeitlos werde auf den Zeigern des Fortschritts.
Mich schleift das Laufband hinterher. Jemand muss es eingestellt haben, doch ich will doch gar nicht laufen. Schon gar nicht auf der Stelle, wo weiß man dann ob man angekommen ist? Piept es dann?
Mein Wecker klingelt, und ich beirre mich kurz und meine ich wäre am Ziel. Vier Uhr und die Zigarette brennt noch neben dem kalt gewordenen Kaffe, ich merke dass das Gestern unerschrocken sich das Heute nennt, wieso kann ich das nicht.
Der rote Pullover beißt sich mit meiner Haarfarbe.
Meine Zahnpasta schmeckt nach Lakritze und wieder denke ich daran das früher alles besser war. Da hat Zahnpasta noch irgendwie gesund geschmeckt, und man hat nicht versucht uns das Scharfe als süß zu verkaufen und das Heute hatte Respekt vor dem Gestern und wich ihm nicht mit der Sonne im Osten.
Ich mutmaße was mir das altgewordene Gestern oder das junge Heute bringt und beschließe, dass es sich vermutlich nicht gelohnt hat den Schlaf zu opfern, für das feige Gestern, das einfach nicht mitziehen möchte. Manchmal muss man auch ausweglose Schritte tun, denn irren sei ja menschlich denke ich bei mir, und bin froh denn dies war ein weiterer Beweis, dass ich das bin. Ein Mensch. “Mit der Zeit gehen” ist ebenso wenig meins, wie mit der Mode gehen. Die Hose hängt nur noch am Ende vom Hintern, das Ende steckt in weißen Tennissocken, wie die Zukunft sich als Trend verkauft, am Arsch und das Ende schön verpackt im stinkenden Stoff. Schönrederei sozusagen. Nicht alles was hässlich ist, muss man modern nennen, nicht alles was schlecht ist, darf man einen lehrenden Charakter zuschreiben. Und so wehre ich mich gegen die Zeit, die ohne Kampf und Kommentar einfach fortschreitet, beneidenswert unbeirrt oder bemitleidenswert unkritisch. Ich wiederum beneide dann eher das unkritische Voranschreiten an der Zeit, wie ich den Mut der “die-Hose-in-die-Socken-Stecker” beneide. Wenn ich es mir recht überlege will ich viele Anteile des Gestern nicht zurück.
Ich habe jetzt einen blauen Pullover an und verlasse das wohltuende Rauschen des alten Liebgewonnenen mit komplementären Farben und Einstellungen zwischen Gestern und Morgen, denn
irren ist eben menschlich, und das lässt mich hoffen, dass ich das bin. Ein Mensch.
 



 
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