The sudden death of mother earth

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yza

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Hallo, hier ist Mike McDaily von Universal News mit den neuesten Meldungen vom Mord in der Milchstraße. Gestern wurde ganz zufällig die Leiche von Mutter Erde gefunden. Es war ein schauerlicher Anblick der sich Frau Luna bot, als sie kurz nach dem Aufstehen ihren Blick Richtung Herrn Sonne schwenkte und dabei die immer so wunderschön bläulich scheinende Mutter Erde nur noch als blassen leblosen Körper vorfand.
Bei genauerer Betrachtung konnte Frau Luna schwere Verletzungen erkennen, die man ihr beigebracht hatte. Es gab tiefe Narben an ihrer Oberfläche. Man hatte ihr auch ihre flauschige Hülle zerstört. Nach ersten Untersuchungen geht die interplanetarische Polizei davon aus, dass sie an einer organischen Vergiftung starb.
Es ist mir gelungen, Frau Luna und Herrn Sonne noch vor ein paar Minuten zu interviewen.
Hier ist die Aufzeichnung des kurzen Gesprächs.
Mike McDaily: "Frau Luna, man sagt, sie wären befreundet gewesen und sie standen sich sehr nahe, wie konnte das passieren und wer könnte der Täter gewesen sein?"
Frau Luna: "Mutter Erde war nicht immer sehr redselig, dennoch sind wir bestens miteinander ausgekommen. Sie war immer sehr positiv. Allerdings hatte sie schon länger Angst, dass ihr so etwas einmal zustoßen könnte."
McDaily: "Tatsächlich? Man sagt sich aber, dass Mutter Erde, eine der glücklichsten diesseits der Milchstraße gewesen sein soll, wer hätte ihr so etwas Böses anhaben wollen?"
Frau Luna: "Jaja, sie konnte wirklich unheimlich euphorisch sein, denn sie war die Einzigste hier weit und breit, die mit Leben gesegnet war."
McDaily: "Leben? Was meinen sie damit?"
Frau Luna: "Sie hat es mir mal versucht zu erklären, aber ich bin nicht wirklich schlau aus ihren Erklärungen geworden. Sie meinte, dass auf ihr ständig etwas passierte. Sie glaubte, sie würde sich verändern in all der Zeit wo sie hier durch die Michstraße reiste und immer wieder Herrn Sonne umrundete. Sie liebte das. Sie war immer bedacht darauf den genauen Abstand zu halten, um ihr sogenanntes Leben zu schützen."

McDaily: "Was muss man sich unter Leben vorstellen? Handelt es sich hierbei um eine energetische Bewegung?"
Frau Luna: "Sicherlich könnte man es so abstrakt darstellen, aber es hatte für sie auch eine tiefe metaphysische Bedeutung. Eigentlich war dieses Leben völlig unwichtig und sie hätte auch gut ohne auskommen können, wie wir alle. Doch dieses Leben ließ sie träumen und sie spürte auf ihrer Oberfläche die ständige Wandlung. Sie sprach nicht immer mit mir, wenn wir uns sahen, aber ich hörte sie oft leise singen und wenn sie mit mir ein paar Worte wechselte, dann kam sie sofort darauf zu sprechen."
McDaily: "Sie meinen, sie könnte ein Geheimnis gehabt haben?"
Frau Luna: "Naja, sie machte mir gegenüber daraus wirklich kein Geheimnis, aber mit vielen anderen hat sie darüber nicht gesprochen. Ich habe aber verstanden, dass sie anders war als wir alle hier im Kreis der Familie von Herrn Sonne. Mit ihm hat sie aber auch hin und wieder geredet."
McDaily: "Mit ihm werde ich auch noch sprechen können. Glauben sie, dass dieses Leben an ihrem Tod schuld sein könnte?"
Frau Luna: "Das wäre grotesk, denn sie hat immer so gut darüber gesprochen und es gab ihr einen wirklichen Lebensinhalt, ganz anders als bei meinen anderen Bekannten, die in ihrem Dasein keinen tieferen Sinn entdecken können, aber auch nicht unzufrieden mit dieser Erkenntnis sind. Mutter Erde war stolz auf das Leben und ganz besonders verfolgte sie die Entwicklung der Menschheit."

McDaily: "Menschheit, hmmm, habe ich noch nie gehört. Ein Meteor? Ein weiteres Gravitationsleck? Erklären sie mir die Menschheit."
Frau Luna: "Ich kann mir das nur so vorstellen, dass sich unter ihrem flauschigen Gefieder, was wir ja alle aus der Ferne bewundert haben, eine Art veränderliche Biomasse aus organischem Material gebildet hat und wir alle wissen ja, dass dies von den anderen oft argwöhnisch als Krankheit bezeichnet wird. Die Menschheit muss so eine Art bestimmter Organismus in dem Gewimmel der Biomasse gewesen sein, die sie aber besonders intensiv wahrnahm. Sie klagte ja selten, aber wenn dann wegen der Menschheit."

McDaily: "Ich muss zugeben, dass ich mich nie groß mit der biologischen Realität in diesem Raum beschäftig habe, denn es ist viel zu selten, oder fast eher ein Mythos. Die physische, begreifbare Welt ist mir stets ein Zuhause gewesen und ich kann schwerlich glauben, dass biologisches Leben eine Auswirkung auf das Wohlsein von Mutter Erde genommen haben könnte."

Frau Luna: "Da irren sie. Es ist kein Mythos, nur sehr selten. An mir sind Astroiden vorbeigekommen die mir Geschichten erzählt haben, da würden sie ihre Umlaufbahn verlassen. Tatsache ist, dass organische Zustände viel zu sehr unterschätzt werden, denn sie können großen Einfluss auf einen Himmelskörper nehmen. Wahrscheinlich kann organisches Leben sogar Einfluss auf die gesamte Milchstraße nehmen, aber sie kann auch sehr destruktiv wirken. Es soll schon Lebensformen gegeben haben, die es spaßig fanden Sonnen zu beschießen, bis diese ihre Leuchtkraft verloren haben."
McDaily: "Frau Luna, jetzt übertreiben sie aber! Ich kann dieses Leben noch nicht so richtig einordnen, helfen sie mir."
Frau Luna: "Ich bin mir nicht mehr sicher, aber ich hatte auch schon einen Traum, dass dieses Leben mich selbst berührt hätte. Oder vielleicht war es nur wegen der intensiven Gespräche mit Mutter Erde. Aber die Träumerei muss etwas damit zu tun haben. Leben ist Bewegung, eine sich stetig entwickelnde Bewegung. Wer noch eine sensible Oberfläche hat, spürt dies und wird es genießen, da es unseren Lebenskreislauf anregt. Bei dieser Art Mensch, die aus der Biomasse hervorging, muss es sich um kleine biologische Maschinen gehandelt haben, die jedoch physikalisch wirken konnten. Sie verstehen das Universum wie wir, doch anders als wir, können sie Veränderungen forcieren und müssen sich nicht nur treiben lassen."
McDaily: "Wie sollen solche mikrobischen Zustände Auswirkungen auf die makrobische physikalische Welt haben, erkläre sie mir das bitte?"
Frau Luna: "Nein, das kann ich nicht, aber Herr Sonne sollte Ihnen da weiterhelfen können. Alles was ich sagen kann ist, dass mich der Tod von Mutter Erde überrascht, aber es könnte tatsächlich sein, dass diese Menschheit zu ihrer eigenen Naturkatstrophe geworden ist und sie erstickt hat. Insofern muss man den Zweiflern wohl Recht geben, Leben kann auch zu einer Krankheit werden."
Nach diesem Interview traf ich Herrn Sonne und konfrontierte ihn mit den erstaunlichen Verdächtigungen von Frau Luna.
McDaily: "Herr Sonne, was wissen sie über das sogenannte Leben auf Mutter Erde?"
Herr Sonne: "Ihr von Presse seid aber schnell auf der Spur, nicht einmal die interplanetarische Polizei ist darauf gekommen."
McDaily: "Nun ja, man muss aber auch anerkennen, dass dieses ganze Thema auch eine Glaubensfrage ist und nicht viele an die Existenz von Leben glauben. Sie scheinen sich so sicher wie Frau Luna zu sein, das Leben existiert?"

Herr Sonne: "Es ist eine Wahrheit, die jedoch sehr selten ist. Mutter Erde hat über das Leben geschwärmt und ich konnte von meiner Position immer gut mitverfolgen, was sich auf ihr so veränderte über die Zeit."
McDaily: "Gut, dass sie es ansprechen. Die Zeit. Wie lange soll sie denn vom Leben gesegnet worden sein?"
Herr Sonne: "Es fing sehr früh bei ihr an, doch es war keine lineare Entwicklung. Ich muss zugeben, dass das Leben auf Mutter Erde auch meine Existenz verändert hat. Alleine die Beobachtungen wie sich Mutter Erde veränderte war eine Bereicherung meines metaphysischen Daseins. Es war nicht nur mehr die Leere die mein Leben erfüllte, nein, nun war es auch Bewegung und Entwicklung. Veränderung. Alles in einem sehr positiven Spektrum, denn über dieses Thema kamen wir alle ein bisschen ins Gespräch."
McDaily: "Wie, auch die anderen? Fräulein Uranus und Doc Mars, wie standen sie dazu?"
Herr Sonne: "Sie wissen ja, wir alle sind nicht immer gesprächig, es können schon mal ein paar hundert Lichtjahre vergehen zwischen dem einen oder anderen Plausch. Herr Mars stand der Geschichte offen gegenüber und bettelte förmlich bei Mutter Erde, sie solle doch mal rüberkommen und ihn mit Leben beglücken. Fräulein Uranus liebäugelte auch mit dem Leben, jedoch sie hätte ihre Position verändern müssen und näher an mich heranrücken. Das war ihr dann wohl doch zu viel Aufwand, nur um an ein bisschen Leben zu kommen."
McDaily: "Was ist mit der Menschheit? Frau Luna hat durchblicken lassen, dass sie die Ursache für den Tod von Mutter Erde sein könnte."
Herr Sonne: "Da liegt sie richtig. Diese Mikroben haben es in sich und Mutter Erde hatte dieser Entwicklung zu sehr vertraut. Sie müssen verstehen, organisches Leben kann sich selbst bewegen und auch Bewegungen verursachen. Es soll auch einen freien Willen entwickeln können, doch wenn dieser zu frei wird, dann kann es zur Ignoranz der natürlichen Bedingungen führen. Diese kleinen unscheinbaren Geschöpfe haben geheime Waffen entwickelt, die zu ihrer eigenen Vernichtung führen konnten. Und dies auf vielfältige Weise. Sie hatten alle Alternativen, aber wer würde schon von uns denken, dass sich etwas selbst zerstören will."

McDaily:
"So dumm kann man gar nicht denken, oder?"
Herr Sonne: "Genau. Auch Mutter Erde kam erst zu spät drauf. Sie war immer so optimistisch. Da es auch ihr schwerfiel ihre Bahn zu verlassen, sagte sie Dr. Mars und auch Fräulein Uranus, na ja zum Schluss sprach sie mit fast allen darüber, dass sie ganz sicher sei, diese Menschheit würde eines Lichtjahres sie alle beglücken. Und das aus eigenem Antrieb und Schaffenskraft."
McDaily: "Nun ja, soweit wird es ja wohl jetzt nicht mehr kommen. So viel ich bisher verstanden habe, heißt es Mutter Erde tot, Menschheit tot! Oder sehe ich das falsch?"
Herr Sonne: "Nein, das haben sie wohl richtig kapiert. Diese Menschheit, hätte sich aber auch nur alleine vernichten könne, ohne Mutter Erde und das restliche Leben auszulöschen. Aber in dieser Hinsicht waren sie wohl eine Fehlentwicklung und handelten widersinnig. Ich frage mich, ob das Leben für sie nur eine kleine Sommerreise durch Universum war und sie nicht erkannten, wie großartig und wertvoll ihre Entwicklung hätte sein können. In nur einem Sonnenfleck haben sie Mutter Erde's Oberfläche zerstochen und ihr weißes flaumiges Gefieder entrissen. Selbst das so von uns allen bewunderte Wasser haben sie verdunstet und in die Weiten der Milchstraße entschwinden lassen. Das war ihr Tod!"
 

Ironbiber

Foren-Redakteur
Wird schiefgehen

Eine hübsche kleine Satire auf den Virus „Leben“ in den unendlichen Weiten des Universums.

Man (oder Frau) wird nachdenklich. Ist Leben ein bekömmlicher Edelschimmelpilz, oder eine Art Ebola des Raum-Zeit-Kontinuums? Eins ist aber sicher: Der Virus "menschliches Leben" hat denkbar schlechte Karten in diesem Spiel - und da hilft auch kein Pokerface.

Dein Blickwinkel auf diese Fragen hat mir gefallen und mich unterhalten.

Es grüßt der Ironbiber
 

Shihaya

Mitglied
Es erinnerte mich ein wenig an den alten Witz:
Treffen sich zwei Planeten.
Sagt der eine: "Ich habe Menschen."
Sagt der andere: "Macht nichts! Das geht vorbei."

Ich finde die Idee des Interviews gut und konnte es gut und flüssig lesen.
Allerdings hat mich eines gestört: Ein Lichtjahr ist eine Entfernungseinheit und keine Zeiteinheit.

Gruß
Shihaya
 
Gefällt mir, diese Idee von der Erde, dass sie - ganz Mutter - uns immer noch in Schutz nimmt, wo alle anderen längst sehen, dass wir es völlig verbockt haben. Hoffen wir, dass es nicht ganz so endgültig wird wie in deiner Geschichte!
Viele Grüße
FB
 



 
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