Über die Selbsteinschätzung angehender Dichterfürsten

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Walther

Mitglied
Über die Selbsteinschätzung angehender Dichterfürsten


Es sieht sich auf dem Dichterthron
Sogleich der junger Dichter schon.
Er denkt: Die Kritiken, ein Hohn.
Er trifft den Ton doch, jeden Ton.

Er wirft hinaus viel Wort an Wort,
Bewirft die Kunst bis zum Abort,
Wirft manchen Vers dabei weit fort
Und meint, er sei der Lyrik Hort.

Er kennt den Reim nicht, keinen Takt,
Es holpert wie im Katarakt,
Das Stolpern ist für ihn kein Akt,
Der freie Vers hat ihn gepackt.

Den Sinn verbirgt er meisterhaft,
Weil er recht gern Verwirrung schafft.
Und wenn man, was er schreibt, nicht rafft,
Fehlt es nur an der Geisteskraft.

Dem Dichter, der an sich fest glaubt,
Dass es total den Atem raubt,
Gefällt’s, was er zusammenschraubt:
Es ist die Zukunft. Überhaupt

Hat keiner doch wie er Talent
Und die Moderne längst verpennt.
Er ist der Stern am Firmament:
Welch Pech, dass man ihn so verkennt!
 

Walther

Mitglied
Über die Selbsteinschätzung angehender Dichterfürsten


Es sieht sich auf dem Dichterthron
Sogleich der junger Dichter schon.
Er denkt: Die Kritiken, ein Hohn.
Er trifft den Ton doch, jeden Ton.

Er wirft hinaus viel Wort an Wort,
Bewirft die Kunst bis zum Abort,
Schmeißt manchen Vers dabei weit fort
Und meint, er sei der Lyrik Hort.

Er kennt den Reim nicht, keinen Takt,
Es holpert wie im Katarakt,
Das Stolpern ist für ihn kein Akt,
Der freie Vers hat ihn gepackt.

Den Sinn verbirgt er meisterhaft,
Weil er recht gern Verwirrung schafft.
Und wenn man, was er schreibt, nicht rafft,
Fehlt es nur an der Geisteskraft.

Dem Dichter, der an sich fest glaubt,
Dass es total den Atem raubt,
Gefällt’s, was er zusammenschraubt:
Es ist die Zukunft. Überhaupt

Hat keiner doch wie er Talent
Und die Moderne längst verpennt.
Er ist der Stern am Firmament:
Welch Pech, dass man ihn so verkennt!
 
H

Heidrun D.

Gast
Welch nettes Enjabement zwischen den letzten beiden Strophen ... wie du weißt liegt mir dergleichen stets am Herzen *lächel. -

Inhaltlich sprichst du mir aus eben dem. Mittlerweile empfinde ich es geradezu als Unverschämtheit, was hier so alles eingestellt wird. - Einige unserer Zugänge halten sich gleichwohl für große Dichter, oder gar
für "Seelendiamanten"(was immer das sein mag!)und sind nicht bereit, auch nur die kleinste Überarbeitung durchzuführen. Selbst das Recht auf die aberwitzigste Rechtschreibung scheint ihnen angeboren ...

Es ist erstaunlich.
Heidrun
 

Walther

Mitglied
Hallo Heidrun,

was soll man sagen? Ich glaube, der o.g. "Dichterfürst" steckt in uns allen, mehr oder weniger. Das so häufige, und völlig unbelehrbare, "Mehr" stöhrt mich zunehmend und führte zu diesem satirischen Reimwerk.

Danke für Deine Bemerkungen.

Alles Gute und Adventsgruß W.
 
T

Traube

Gast
Das Letzte


Sie kräuchen so keuchend
und fleuchen gar heuchelnd

in dem Wurmstrang…,
und denken, sie leuchten.

Sie bilden das Netz,
von Durchfall durchsetzt,
sind die Hetzjagd….,

die Fleischblut zerfetzt.


Sie sind Arm-Reich,
Lauwarmes,
das nie weicht,

und zu gleich……,

mit Tränen benetztes
ver-letztes Gesetz.
 

Walther

Mitglied
Hallo Traube,

vielen Dank für Deinen tiefsinnigen Eintrag. Ich konnte ihn noch nicht ganz entziffern, aber die Feiertage schaffen ja einen Freiraum für Sprachspekulatius.

Schöne Feiertage und einen guten Rutsch!

wünscht Dir und allen der W.
 

Walther

Mitglied
Über die Selbsteinschätzung angehender Dichterfürsten


Es sieht sich auf dem Dichterthron
Sogleich der junger Dichter schon.
Er denkt: Die Kritiken, ein Hohn.
Er trifft den Ton doch, jeden Ton.

Er wirft hinaus viel Wort an Wort,
Bewirft die Kunst bis zum Abort,
Schmeißt manchen Vers dabei weit fort
Und meint, er sei der Lyrik Hort.

Er kennt den Reim nicht, keinen Takt,
Es holpert wie im Katarakt,
Das Stolpern ist für ihn kein Akt,
Der freie Vers hat ihn gepackt.

Den Sinn verbirgt er meisterhaft,
Weil er recht gern Verwirrung schafft.
Und wenn man, was er schreibt, nicht rafft,
Dann fehlt es nur an Geistskraft.

Dem Dichter, der an sich fest glaubt,
Dass es total den Atem raubt,
Gefällt’s, was er zusammenschraubt:
Es ist die Zukunft. Überhaupt

Hat keiner doch wie er Talent
Und die Moderne längst verpennt.
Er ist der Stern am Firmament:
Welch Pech, dass man ihn so verkennt!
 
T

Traube

Gast
Gerne geschehen,

auch dir ein besinnliches Fest und einen guten Rutsch.


Alles Liebe,

Traube
 



 
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