Verbotene Früchte

Josie

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Verbotene Früchte

Waschpulver, Milch, Cornflakes, Nutella, Fleisch. Irgendwas fehlte noch. Zu blöd, dass sie schon wieder ihren Einkaufszettel zu Hause hatte liegen lassen. Ach, ja, Nudeln fehlten noch!
Hektisch schob Ruth ihren Einkaufswagen durch die Gänge und steuerte gezielt auf das Teigwarenregal zu. Spirelli oder Penne? Unentschlossen packte sie von beiden Nudelsorten je ein Paket in ihren Korb und setzte an, um sich schnurstracks auf den Weg zur Kasse machen, als sie eine vertraute, prickelnde Wärme in ihrem Rücken spürte. Wie erstarrt blieb sie stehen.
Ihr Herz pochte laut, ihr Atem beschleunigte sich. Ganz langsam drehte sie sich um und saugte dann seinen Anblick in sich auf, seine athletische Figur ebenso wie seine vor Freude strahlenden Augen, die ihr bis in ihre Seele zu sehen schienen.
„Hallo“, sagte er.
„Hallo“, sagte sie.
Sie lächelten sich kurz an. Stumm. Wie zwei Verbündete, die keine weiteren Worte brauchen, um sich zu verstehen.
Dann drehte er sich abrupt um und bog in den nächsten Gang ein.

Ihr Herz raste. Ihre Hände zitterten. Ziellos irrte sie eine Weile durch die Gänge um ihre Sinne zu beruhigen. Wartete ab, bis sie sich wieder im Griff hatte und machte sich dann langsam auf den Weg zur Kasse.
Sie sah die beiden schon von weitem. Ihn – und seine Frau. Sie verließ gerade mit dem Einkaufswagen den Kassenraum. Er stand noch an der Kasse und bezahlte die Rechnung.
Ruth sah ihm dabei zu, wie er sein Portemonnaie mit langsamer Bewegung in seine Hosentasche steckte und dabei flüchtig seinen Blick über die wartenden Kunden an den
Kassen gleiten ließ. Auch wenn sein Blick, scheinbar, über sie hinweg glitt, so hatte sie doch das Blitzen in seinen Augen bemerkt. Es hatte ihr gegolten. Sie wusste es. Und er wusste es. Sonst wusste es niemand. Es durfte niemand wissen. Zu schlimm wären die Auswirkungen auf ihrer beider Leben, wenn jemand von ihrem Geheimnis erfuhr. Von dem, was mit ihnen beiden geschehen war, vor einigen Wochen, am Rosenmontag, am späten Abend, im dunklen Hinterhof der Dorfschänke.
Die Leidenschaft hatte sie beide überfallen, wie ein Wolkenbruch. Sie hatten keine Chance gehabt, sich dagegen zu wehren, hatten sich fallen lassen in diesen Strudel voller Gefühle von denen sie Stunden zuvor noch nichts geahnt hatten. Sie ließen einfach geschehen, was mit ihnen passierte. Und bereuten nichts.

Ruth lächelte versonnen. Dann packte sie ihre Einkäufe vom Einkaufswagen auf das Laufband und legte großzügig auch noch einige Schokoriegel für ihre Kinder, sowie zwei Packungen Zigaretten für ihren Mann mit dazu.
Und ließ ihrem gewohnten Leben wieder seinen Lauf.
 

Astrid

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Hallo Josie,

deine verbotenen Früchte gefallen mir, die Begegnung beim Einkauf kann ich miterleben, spüre das Herzklopfen und sehe das Lächeln. Ich finde es gut, dass ich neugierig bleibe, sie kennen sich also, aber sprechen nicht miteinander, dürfen nicht sprechen. Es gefällt mir auch, wie es aufgelöst wird, scheinbar nebensächlich. Da geht seine Frau und sie packt für ihren Mann die Zigaretten ein.

Kleine sprachliche Sachen sind mir aufgefallen.

Hektisch schob Ruth ihren Einkaufswagen durch die Gänge und steuerte gezielt auf das Teigwarenregal zu.
Vielleicht, hektisch... steuert schließlich auf das Teigwarenregal zu. Aber brauchst du das für die Geschichte, vielleicht kann sie auch einfach hastig nach den Teigwaren greifen. Spirelli oder Penne? ....


Ziellos irrte sie eine Weile durch die Gänge (ich glaube, da kommt ein Komma), um (sich zu beruhigen). Wartete ab, bis sie sich wieder im Griff hatte und machte sich dann langsam auf den Weg zur Kasse.

Sie sah die beiden schon von weitem. Ihn – und seine Frau.

(Im Nachfolgenden erscheint das Wort Kasse vielleicht ein wenig zu oft.)
Sie verließ gerade mit dem Einkaufswagen den Kassenraum. (sie schiebt den Einkaufswagen zum Packtisch oder...)

Er stand noch an der Kasse und bezahlte (die Rechnung).
Ruth sah ihm dabei zu, wie er sein Portemonnaie mit langsamer Bewegung in seine Hosentasche steckte und dabei flüchtig seinen Blick über die wartenden Kunden (wartende Kunden reicht, glaube ich) an denKassen gleiten ließ. Auch wenn sein Blick,(warum hier Komma?) scheinbar,(o.K.) über sie hinweg glitt, (zweimal gleiten, ist vielleicht auch nicht so schön, was könnte gehen, schweifen, oder er sah kurz zu den wartenden Kunden...)


Es hatte ihr gegolten. Sie wusste es. Und er wusste es. Sonst wusste es niemand. Es durfte niemand wissen. Zu schlimm wären die Auswirkungen auf ihrer beider Leben, wenn jemand von ihrem Geheimnis erfuhr.
(Hier würde ich vielleicht etwas kürzen, zusammen fassen. z.B. Sie wusste es und er wusste es. Doch niemand weiter durfte von ihrem Geheimnis erfahren. Oder doch was wäre, wenn jemand von ihrem Geheimnis erfahren würde... Die schlimmen Auswirkungen kann ich mir ausmalen bzw. zu dem Schluss möchte ich vielleicht lieber selber kommen, was passiert, wenn...)


Die Leidenschaft hatte sie beide überfallen, wie ein Wolkenbruch. Sie hatten keine Chance gehabt, sich dagegen zu wehren,
(Den Vergleich mit dem Wolkenbruch finde ich gut, der kommt plötzlich und wenn kein Unterschlupf oder Schirm in der Nähe, kann ich mich nicht wehren...)

Ruth lächelte versonnen. Dann packte sie ihre Einkäufe (vom Einkaufswagen) - das Bild sehe ich auch so vor mir - auf das (Lauf)Band und legte großzügig auch noch einige Schokoriegel für ihre Kinder, sowie zwei Packungen Zigaretten für ihren Mann mit dazu.

Hier steckt für mich in dem Wort großzügig ganz viel, ihr Lächeln, eine Geste des vielleicht doch klitzekleinen schlechten Gewissens, ihm etwas Gutes tun wollen...
(Und ließ ihrem gewohnten Leben wieder seinen Lauf.)
Vielleicht brauchst du diesen letzten Satz nicht, ich würde ihn lassen, denn dass sie die Einkäufe aufs Band legt, für die Kinder und den Mann etwas dazu, das ist doch ihr gewohntes Leben und macht den Satz überflüssig. Ich weiß, sie geht jetzt mit dem Einkauf nach Hause, in ihr gewohntes Leben, bis sie den anderen vielleicht mal wieder trifft.

Herzliche Grüße
Astrid
 

Josie

Mitglied
Liebe Astrid

Vielen Dank für deinen ausführlichen Kommentar! Du hast ziemlich genau die Schwachstellen aus dem Text herausgepickt, mit denen ich selbst nicht so recht zufrieden bin. Deine Anregungen helfen mir auf jeden Fall ein Stückchen weiter beim Verbessern.
Besonders gefreut hat mich, dass du die Schlußsätze so interpretiert hast, wie es von mir gedacht war. Denn das "ein wenig schlechte Gewissen", dass in Ruths großzügiger Geste mitspielt, ist bisher nur von wenigen, die die Geschichte gelesen haben, als solches erkannt worden. Von daher hatte ich Bedenken, ob ich hier nicht treffend genug formuliert hatte, um diese Situation so rüber zu bringen, wie ich es mir gedacht hatte.

Ganz herzlichen Dank an dich fürs Lesen und die umfassende Kritik!

Lieben Gruß
Josie
 



 
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