Verlorene Worte (gelöscht)

ENachtigall

Mitglied
Ein feines Fließen kennzeichnet die Sprache dieses Textes (thematisch passend) und auch die grammatische Konstruktion fügt sich da sehr lebendig mit hinein.

So lese ich ein Gedicht, das mir die zuweilen unverständliche Sprache der Träume, die nächtliche, tatsächliche, oft flüchtige, manchmal absurd klingende Sprache, die grotesken Wortallianzen, die flatterhaften fremden Namen vertrauter Gesichter, ... beinahe greifbar nahebringt; wie Seifenblasen sehe ich die beschriebenen "verlorenen Wörter" kurz schimmern. Die elegante Wendung, sie auf "zartrauhem Fell" ausgehaucht zu wissen, gefällt mir dabei besonders.

In meinen Augen eine echte Perle, Dein Gedicht, mori.

Grüße von Elke
 
H

Heidrun D.

Gast
Ja,

das ist ein bezaubernd-zartes Werk,

rein gar nichts zu spüren vom Heben und Senken, vom Zählen und Reimen, von mühsam erworbener Routine ...

Wie schön es ist.

Und es hat ein schlagendes Herz, pulsierende Substanz. Und die Liebe zum geschriebenen Wort.

Wunderbar.

Liebe Grüße
Heidrun D.
 

mori

Mitglied
Liebe Elke,

für die verlorenen nun deine lobenden Worte !
Schön, dass du den Text so gelesen hast, wie ich ihn
empfunden habe und das so schön formuliert wiedergibst.
Das macht mir Mut, mich nach längerer Abstinenz wieder
mit "Gereimtem" zu beschäftigen.

Ich werde mich jetzt so nach und nach in der Leselupe
umsehen und dich auch besuchen.
Für Kritik und Lob und Arbeit am Text bin ich immer zu
haben und freu mich drauf !

Liebe Grüße
Annette
 

mori

Mitglied
Liebe Heidrun- und ein Halloooo !

Ein Lob von einer "Nichtreimerin"-
vielen Dank !

Nein, ich zähle selten Silben, irgendwie
passt es auch nach Gefühl.Die "Jamben-und-Trochäen-Phase
habe ich hinter mir.Es ist mir einfach zu mühsam und
unterbricht meinen Fluss.Wahrscheinlich habe ich als
Frau eine tiefe Abneigung gegen Korsetts *g*.

Ich bewundere die Schreiber, die sich
intensiv mit der Theorie auseinandersetzen und nicht nur Formales, sondern auch Inhalte transportieren.

Liebe Grüße
Annette
 

ENachtigall

Mitglied
Hallo Annette,

es freut mich, dass du dich ermuntert fühlst, dich häufiger in der Leselupe umzusehen. Mit welchen Texten auch immer du dich befassen magst, ich denke, es bereichert unser konstruktives Miteinander sehr!

Schönes Wochenende

Elke
 

JoteS

Foren-Redakteur
Teammitglied
"erhebend" ist dort wo es steht, so wie es sich dort in die Grammatik einfügt, alles andere als.....
Auch das Adjektiv zartrauh kommt bei mir an wie weichhart. Solche Wortschöpfungen finde ich frischfaul.

Dennoch: Das Gedicht hat gute Ansätze aber für meinen Geschmack trägt es zu dick auf.

Gruss

J.
 

mori

Mitglied
Liebe JoteS,

danke fürs Lesen und Gedanken machen.
Ich bin jetzt ein wenig verunsichert. Eigentlich war der Text für mich "fertig". Jetzt überlege ich tatsächlich, ob es noch Verbesserungsmöglichkeiten gibt.
Obwohl- die Geschmäcker sind natürlich verschieden- und mal "dick auftragen " ist auch ein Privileg des Dichters- Beispiele gibt es hier und in der Lyrikgeschichte reichlich.
Mal schauen, vielleicht teilen ja noch ein paar Leser deine Meinung, dann nehme ich ihn mir vielleicht noch mal vor.

Nur mit deiner Meinung von "zartrauh" kann ich nicht umgehen .
Mein Kater z.B. hat eindeutig ein "zartrauhes Fell"!

Liebe Grüße
Annette
 

Zeder

Administrator
Teammitglied
Hallo mori,

da du nach weiteren Meinungen fragst, nenne ich dir gerne die meine, die sich auch JoteS' Kommentar anschließt.

Irgendwie empfinde ich Brüche in den Bildern ...

Und bevor ich sie groß erkläre zeige ich dir meine (prosaische) Lesart besser am Text selbst auf:

Verlorene Worte stürzen und rieseln
Über [blue]schroffes [/blue]Gestein und [blue]blanke Kiesel[/blue]
In dich hinein, wie Strom und Bach.

Und halten dich träumend und flüstern dich wach.

Du hauchst sie sanft ein und spürst tief im Herzen
Wie springende Glut verlöschender Kerzen
[blue]Gefrorenes[/blue] taut und fließend macht.

Bis die Worte, die du erfühlt und erdacht

Sich verwundert [[blue]von dort[/blue]] aus der Tiefe [blue]erheben,[/blue]
Ins Leben blinzeln, noch taumelnd und schwebend.

Dein Atem legt sie leis und hell
Behütend und glättend auf zartrauhes Fell*

*ein Fell ist für mich immer streichelweich (sowohl in meiner Assoziation als auch real - zartrau ist aber z.B. die leckende Zunge einer Katze ...)

Viele Grüße, Zeder
 
H

Heidrun D.

Gast
Liebe mori, liebe Kommentatoren,

zum Umbruch und dem Wort "erhebend" möchte ich mich nicht weiter äußern ... beides ist Geschmackssache, da "erhebend" nicht grammatikalisch falsch ist, vielleicht ein wenig altertümelnd ...

Beim zartrauen Fell hingegen handelt es sich um eine Gedankenfigur, ein Oxymoron, das eingesetzt wird, um eine starke Pointierung zu erreichen. Hier macht das durchaus Sinn. Für mich dreht sich das ganze Gedicht um dieses eine Wort.

Abgesehen davon, dass ein Schafffell zartrau ist, mein festes, gelocktes Haar, ein Hundefell und vieles mehr.

Hölderlin arbeitet öfter mit solchen Figuren:

traurigfroh wie das Herz, wenn es sich selbst zu schön
....

Liebe Grüße
Heidrun
 

JoteS

Foren-Redakteur
Teammitglied
Hallo Heidrun

Danke für Deinen bereichernden Kommentar, dem ich im wohl oder übel weitgehend zustimmen muss. Allerdings finde ich das Gedicht immer noch zu dick aufgetragen; ehebend ist mir vor taumelnd und schwebend immer noch zuviel und vor allem geht vor lauter gewollter Wortgewalt jegliche Dramaturgie verloren. Man wird von Anfang an erschlagen; ein Spannungsbogen kann so ebensowenig entstehen wie eine Hinführung zu einem finalen Glanzpunkt und genau das macht doch den Reiz eines etwas längeren Gedichts aus?!

LG

Jürgen
 

ENachtigall

Mitglied
Spannungsbogen hin oder her; die Spannung hier ist eine andere, die sich mir aus dem allmählichen Herausschälen der Bilder aus den kontrastierenden Begriffen ergibt.

Zartrauh ist z.B. dieselbe Schafwolle, die den Einen wärmt und die Andere kratzt.

Grüße von Elke
 

mori

Mitglied
Danke für die Kommentare und Vorschläge !

Liebe Zeder,
dir noch ein extra Dankeschön für deine Bemühungen.
Aber leider killt deine Version die Reime. Ich habe mich bei diesem Text streng an Silben, Reim und Versmaß gehalten.Aus diesem Grund wurde aus den Worten "die sich aus der Tiefe erheben"- eben ein "sich aus der Tiefe erhebend".Vom Sinn bleibt es gleich und grammatikalisch ist es korrekt.

Lieber JoteS,

"zartrau "(da nehme ich nur das "h" zurück, aus den Alte-Rechtschreibung-Zeiten) ist mir zu wichtig.Elke hat es verstanden- der ganze Text mündet in diesem Wort.Es geht um eine zarte( oder auch empfindliche Haut-die ja jeder von uns gelegentlich hat), die sich sträubt.Aber auch um Worte, die sie wieder glätten können, wenn die richtigen gefunden werden.
Das Wort "Spannungsbogen" mag ich nicht so, dass erinnert mich an Handbücher für Hobbydichter. Ich wollte auch keinen Krimi schreiben.Und natürlich kann man alles auch ganz anders formulieren.

Ich glaube, es läuft auf ein Unentschieden heraus und eine Frage der persönlichen lyrischen Vorlieben.Die Pro-und Kontrastimmen halten sich die Waage.Und mal ganz ehrlich-ich finde so okay *g* !

Auch dir liebe Heidrun vielen Dank.Du kannst gut klären und erklären !

Aber Spaß hats gemacht !
Liebe Grüße
Annette
 

Markus Saxer

Mitglied
Hallo Mori/Annette

Schick dieses Gedicht Deinem Liebsten und er wird gewiss 'taumeln und fallen und stürzen - mitten ins Herz Deiner Worte hinein'.

Gefällt mir sehr gut, hat etwas von einem Klassiker. Bravo!

LG, Markus
 

mori

Mitglied
Hallo Markus,

lieben Dank für deine lobenden Worte, die mich um so mehr freuen,da ich sehe, dass du an der "Prosa-Front" kämpftst !


Liebe Grüße

Annette
 



 
Oben Unten