Liebe Heidrun,
ich weiß doch, dass Du mir helfen möchtest. Darüber besteht keinerlei Zweifel.
Aber nun sieh einmal:
Der Text hat 4 Halbzeilen. Dabei muss ich mir doch etwas gedacht haben, meinst Du nicht? Doch das weiß ich, dass Du davon überzeugt bist, dass ich meine Texte, selbst wenn sie so spontan enstehen, bevor ich auf "Veröffentlichen" klicke, genau überdenke.
Vielleich schaust Du, ehe Du jetzt weiterliest mal in Dein Buch Erwin Arndt:" Deutsche Verslehre" auf Seite 228. Da steht ein Text aus "Kindheit" von Bobrowski.
Oh je, was wird da gerüttelt und zugengebrochen, es könnte einem grausen. Auch die Enjanbements sind nicht so ganz ohne.
Aber auch er hat sich etwas dabei gedacht, was man allerdings wohl erst versteht, wenn man den ganzen Text vor sich hat.
Nun wieder zu meinem Text:
Wenn ich innerhalb der einen Strophe(es gibt ja nur eine und dann noch eine sozusagen nachgereichte Zeile) nur
eine Halbzeile hätte, wäre "die Rose" viel zu stark betont. Das eigentliche Handeln oder Vorkommnis, nämlich das Verblühen bekäme
nicht den ihm gebührenden Platz.
Und nun bitte ich Dich, sprich einfach ein paar Mal laut
"zu Tische gleiten".
Was hörst Du?
Aha, bei dem [blue]zu[/blue] löst sich das Blütenblatt.
Bei dem [blue]Ti[/blue] fällt es auf den Tisch.
Bei dem [blue]sche gleiten[/blue] rutscht es noch ein wenig weiter auf der Tischplatte, sofern diese aus Glas oder hochpoliertem Holz besteht.
Das ist der Klang, den ich höre und der mir wichtig ist.
Freie Rhythmen, wie man "Ungereimtes" ja eigentlich nennen könnte, leben von solchen Klängen, also von Klängen, die eine Aussage machen, deshalb ist es ja auch so schwer ein Gedicht in freien Rhythmen zu schreiben. Auch ich habe damit erst begonnen, als ich schon älter als 30 Jahre war.
Die Halbzeilen fordern zudem den Leser auf zum Innehalten, damit er seinen Gedanken nachgehen kann.
So lese ich diesen Text. Wenn Du ihn anders liest, sei Dir das unbenommen. Aber dass ich ihn nicht verändern kann, das wirst Du jetzt, da bin ich mir ganz sicher, doch verstehen.
Danke für deine wohlmeinede Unterstützung!
Dir einen schönen Sonntag!
Liebe Grüße
Vera-Lena