Verweigerung

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Vera-Lena

Mitglied
Ich denke immer noch über diesen Text nach, den ich vor einigen Stunden ganz spontan geschrieben habe.

Das Lyri verweigert sich hier an der falschen Stelle. Es hätte sich schon, bevor es die Rose vom Strauch herabschnitt klar machen sollen, dass sie nicht ewig blühen wird.

Eigentlich bedeutet ein Verblühen der Rose nicht ihren Tod, sondern es ist die Einleitung dazu, dass aus dem Blütenboden sich die Hagebutte bilden kann. Das geht aber nur, wenn die Blume an ihrem Strauch verbleiben kann.

Das Lyri hat demnach die Rose um ihre eigentliche Bestimmung gebracht.

Sich danach von der Blume einfach abzuwenden, hilft dann auch nicht mehr.
 
H

Heidrun D.

Gast
Liebe Vera-Lena,

mich inspiriert dein Gedicht. Du erlaubst mir deshalb bestimmt eine Variante oder?

Verweigerung

Ich werde nicht ewig blühen
sagte der Frühling
und ließ als Vorgeschmack
ein Blütenblatt fallen

wenn du bis hundert zählst
kriegst du die anderen

Aber ich schwieg
So käme natürlich ein anderer Sinn in das Geschehen und mehr Hoffnung hinein. ;) - An deinem Text stört mich die Zeile "zu Tische gleiten" ein wenig. Natürlich ist ersichtlich, was du damit meinst, doch wirkt der Vers auf mich etwas gestelzt und klanglich eher überflüssig.

Aber ist vielleicht Geschmackssache.

Freundliche Grüße
Heidrun
 

Vera-Lena

Mitglied
Nun ja, liebe Heidrun,

es ist schon so, wie Du es sagst, der Sinn wäre, würde ich Deinen Vorschlag übernehmen, ein völlig anderer.

In meinem Text hat das Lyri es verbockt, dass die Rose keine Frucht hervorbringen kann.

Das "zu Tische Gleiten" ist etwas sehr Intimes.Man sieht das Lyri vor der Blumenvase. "Zu Tische" bedeutet ja eigentlich, dass man zu einer Mahlzeit gerufen wird.

Demnach sitzt das Lyri da in der Vorfreude, durch etwas Wohltuendes beschenkt zu werden.

Aber dann......
plötzlich wird ihm bewusst, dass es die Rose am Strauch hätte lassen sollen. Und es weiß jetzt gar nicht mehr, wie es sich verhalten soll, denn das Schneiden der Rose kann es ja nicht rückgängig machen, also versucht es, sich dem Verblühen durch Wegschauen(hier durch das Schweigen ausgedrückt) zu entziehen.

Wie oft sind wir in unserem Leben unbedacht, besonders wenn es sich um die "kleinen Dinge" handelt.

Ich weiß nicht mehr, welcher Lupianer mir das vor kurzem geschrieben hat, alles ist mit Allem im Universum verbunden. So natürlich auch hier.

Ich denke mir, das Lyri wird nach diesem Erlebnis für sich beschließen, in den kleinen Dingen achtsamer zu sein. Ob es das auch schaffen wird, steht wieder auf einem anderen Blatt.

Wie ich Deinen Vorschlag verstehen soll, weiß ich aber gar nicht. Das Lyri kann doch den Frühling nicht ungeschehen machen und dass es nun Frühling geworden ist, dafür kann es auch nichts. Und wem oder welcher Sache sollte es sich denn verweigern?

Nur um des Klanges Willen kann ich doch einen Text nicht seines Inhaltes und seiner Aussage berauben. Nein, das kann ich nicht.

Ich freue mich aber, dass Du Dich inspiriert fühlst. Vielleicht kannst Du aus meinen Gedanken einen eigenen Text formen und dann einstellen.

Danke fürs Lesen, Bewerten und Deinen gut gemeinten Vorschlag! :)

Liebe Grüße
Vera-Lena
 

Vera-Lena

Mitglied
Ach, jetzt weiß ich es wieder, HerbertH war es, der davon sprach, dass durch die Bewegung eines Schmetterlingsflügels am anderen Ende der Welt etwas ausgelöst wird.

Ja so ist es. Und ich habe das vor 26 Jahren bei den Sufis in Paris zum ersten Mal gehört und hatte inzwischen genügend Zeit, diese Weisheit zu überprüfen und anschließend zu beherzigen.
 

Vera-Lena

Mitglied
Lieber Herbert,

danke auch für Deine Bewertung und auch Dir, lieber Walther!

Die anonyme 6 hat mich auch gefreut, war sie doch die erste Wertung unter diesem Text.
 
H

Heidrun D.

Gast
Hallo, Vera-Lena,

es handelte sich ausdrücklich nicht um einen Vorschlag, sondern um eine Inspiration, wie sie hier häufig mitgeteilt wird. - Allerdings hoffte ich, dass dir daraus der kleine Missklang ersichtlich würde, den ich im Text empfinde. Dies scheint jedoch nicht gelungen zu sein.

Die Kommunikation zwischen uns scheint zur Zeit gestört zu sein, lassen wir es also dabei bewenden.

Heidrun
 
H

Heidrun D.

Gast
Liebe Vera-Lena,

eben sehe ich, dass ich mich wohl doch etwas zu sybillinisch ausgedrückt habe und du dich wohl deshalb einem Verständnis "verweigert" hast. ;)

Mir geht es - wie gesagt - um den Klang. Aufgrund deiner Formatierung gibt es einen Vers "zuviel", der (bei mir) ein Holpern erzeugt:

Verweigerung

Ich werde nicht ewig blühen
sagte die Rose
und ließ als kleine Voranzeige
ein Blütenblatt
[blue]zu Tische gleiten[/blue]
wenn du bis hundert zählst
bekommst du auch die anderen

Aber ich schwieg
Anders sähe es bei:

Verweigerung

Ich werde nicht ewig blühen
sagte die Rose
und ließ als kleine Voranzeige
[blue]ein Blütenblatt zu Tische gleiten[/blue]
wenn du bis hundert zählst
bekommst du auch die anderen

Aber ich schwieg
So ließe es sich nahtlos lesen und ergäbe Wohlklang, fast einen Reim.

Ähnlich verhielte es sich bei dem von mir geschriebenen Beispiel, das den Klang noch deutlicher harmonisierte:
Verweigerung (Heidrun`sche Inspiration))

Ich werde nicht ewig blühen
sagte der Frühling
und ließ als Vorgeschmack
ein Blütenblatt fallen

wenn du bis hundert zählst
kriegst du die anderen

Aber ich schwieg
Ich hoffe, dass ich mich nun klarer ausgedrückt habe. Das Gedicht bleibt ja ohnehin beim Autor, Exempel können aufgegriffen werden oder nicht. Darin sehe ich eigentlich kein Problem.

Freundliche Grüße
Heidrun
 

Vera-Lena

Mitglied
Liebe Heidrun,

ich weiß doch, dass Du mir helfen möchtest. Darüber besteht keinerlei Zweifel.

Aber nun sieh einmal:

Der Text hat 4 Halbzeilen. Dabei muss ich mir doch etwas gedacht haben, meinst Du nicht? Doch das weiß ich, dass Du davon überzeugt bist, dass ich meine Texte, selbst wenn sie so spontan enstehen, bevor ich auf "Veröffentlichen" klicke, genau überdenke.

Vielleich schaust Du, ehe Du jetzt weiterliest mal in Dein Buch Erwin Arndt:" Deutsche Verslehre" auf Seite 228. Da steht ein Text aus "Kindheit" von Bobrowski.

Oh je, was wird da gerüttelt und zugengebrochen, es könnte einem grausen. Auch die Enjanbements sind nicht so ganz ohne.

Aber auch er hat sich etwas dabei gedacht, was man allerdings wohl erst versteht, wenn man den ganzen Text vor sich hat.

Nun wieder zu meinem Text:

Wenn ich innerhalb der einen Strophe(es gibt ja nur eine und dann noch eine sozusagen nachgereichte Zeile) nur eine Halbzeile hätte, wäre "die Rose" viel zu stark betont. Das eigentliche Handeln oder Vorkommnis, nämlich das Verblühen bekäme nicht den ihm gebührenden Platz.

Und nun bitte ich Dich, sprich einfach ein paar Mal laut

"zu Tische gleiten".

Was hörst Du?

Aha, bei dem [blue]zu[/blue] löst sich das Blütenblatt.
Bei dem [blue]Ti[/blue] fällt es auf den Tisch.
Bei dem [blue]sche gleiten[/blue] rutscht es noch ein wenig weiter auf der Tischplatte, sofern diese aus Glas oder hochpoliertem Holz besteht.

Das ist der Klang, den ich höre und der mir wichtig ist.

Freie Rhythmen, wie man "Ungereimtes" ja eigentlich nennen könnte, leben von solchen Klängen, also von Klängen, die eine Aussage machen, deshalb ist es ja auch so schwer ein Gedicht in freien Rhythmen zu schreiben. Auch ich habe damit erst begonnen, als ich schon älter als 30 Jahre war.

Die Halbzeilen fordern zudem den Leser auf zum Innehalten, damit er seinen Gedanken nachgehen kann.

So lese ich diesen Text. Wenn Du ihn anders liest, sei Dir das unbenommen. Aber dass ich ihn nicht verändern kann, das wirst Du jetzt, da bin ich mir ganz sicher, doch verstehen.

Danke für deine wohlmeinede Unterstützung! :)

Dir einen schönen Sonntag! :)

Liebe Grüße
Vera-Lena
 

Vera-Lena

Mitglied
Liebe Marie-Luise,

ach das freut mich sehr, dass Dich der Text zum Nachdenken anregt. Man weiß ja nie, wie die Reaktion der Leser ausfällt,wenn man ein Gedicht einstellt. Aber die Formatierung war von mir schon so angelegt, also hauptsächlich die Halbzeilen, dass da Platz blieb für Gedanken des Lesers.

Danke für Deine Antwort, Dein Lesen und Bewerten!

Liebe Charmaine, auch Dir Dank für Deine Bewertung!

Euch Beiden einen schönen Sonntag! :)

Liebe Grüße
Vera-Lena
 

HerbertH

Mitglied
Liebe Vera-Lena,

Du hast das "zu Tische gleiten" sehr anschaulich erklärt. Das gefällt mir und hat mich auf ganz neue Ideen gebracht.

Tausend Dank dafür

Liebe Grüße

Herbert
 

Vera-Lena

Mitglied
Immer gerne zu Diensten. :)

Was auch Spaß machen könnte und da traue ich Dir, lieber Herbert, und Carlo und Sta.tor und sicher auch noch vielen Anderen sehr viel zu, das ist das Spiel mit lautmalenden Worten, wie "zischen, knacken, summen usw.

Liebe Grüße
Vera-Lena
 



 
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