Wien zerbricht die Nacht

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Aminmelalle

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Verklärten Blickes ging er durch die Straßen der Nacht.
Nicht das ferne plätschern der Donau hörte er,
das man hier hören kann so sacht.

Immer weiter ohne Ziel,
trugen ihn seine Beine,
bis zu eines Schiffes Kiel.

Den Kopf nicht erhoben,
den Sinn vom Dunkel umwoben,
will er sich mit des Lebens Spender verloben.

Das Schiff das ging zu nahem Ort,
und doch zu fernem Leben,
sollt hören sein letztes Wort.

In ihm hallte es wieder:
Auf, auf zur Tat, du verlassener Mensch,
und schließ im kühlen Nass deine Lider

Beschwingt von seinem düsteren Entschluss,
betritt er des Schiffes Deck,
und weiß wo er des Todes Sprung machen muss.

Das Geländer ist der rechte Ort für ihn geworden.
Da schon ein wenig alt an mancher Stell,
der beste Platz um sich selbst zu morden.

Noch einmal will er den Kopf erheben,
den Horizont sehen,
und des Mondes Licht erspähen.

Doch des himmlischen Trabanten anstatt,
sieht er des Schiffes letzten Hafen,
und mit ihm, die Lichter einer großen Stadt.

Das nahe Lichtermeer erfüllt des Mannes Herz
mit heller Freud und stiller Ruh,
sodass nichts bleibt von nächtlichem Schmerz.

Durch die Brücken und Bauten, die er einst hat geliebt,
weiß er schon weitem,
es sind die Lichter Wiens, die er sieht.

Auf’s neue hallen Worte in ihm wieder,
doch sind sie nicht mit den Alten zu vergleichen,
denn sie sind nicht traurig und kaum noch bieder.

Neue Hoffnung und heilvolle Poesie
strahlt sein Herz nun in die erhellte Nacht,
und will jedem sagen: Wien verlass ich nie.
 



 
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