Winterlandfahrt

George Polly

Mitglied
Ein fahles Licht scheint frostig kalt
trostunerfüllt steht klamm ein Wald
So wand`re ich in weißer Sphär`
die eingestapften Spuren hinter mir
verweht der Wind als ob noch nie
ein Hauch von Leben da im Schnee
in diesem weißesstillen tiefen Schnee
gegangen wär.

Und wispernd fegt sein Rauschen
am kalten Waldessaum einher,
wo zitternd meine Sinne lauschen,
dem ahnungsvollen, frost`gen Klirren lauschen,
das langsam wird zur Stille mir
und allem, was dort stillt umher.
Mit starren Fingern gefriert das Geäst
hochaufgeragt, verzweigt, der Rauhreif läßt

es verwandeln zum eisgrauen Schiff,
das hoch sich erhebt übers schwankende Riff -
gefunden nun steht sie, neu erhellt,
die eiskristallene Barke der Welt;
bar allen Fesseln fährt sie an
wo ich nicht selbst mehr fahren kann;
es ist dort nichts, das sie noch hält,
das Eiskristalle frieren kann.

Und mit den Spuren längst verweht,
entweicht mein Atem in die Luft
nicht Ziel ich fand noch Totengruft
nicht einer Liebe Zauberduft
was ist es, das mir fortbesteht,
das ewiglich zu Herzen geht -
denn immer noch steht stumm der Wald
verirrt und leer und trostlos kalt


Im Rauhreif, in meinem Atem erkenne ich
meine Seele als kristallene Klarheit,
ausgeatmet, auf geheimnisvollem Weg
ins stählerne Blau...
 

Omar Chajjam

Mitglied
Ein kleiner Trost fürs schlechte Klima :)

Winterweg

Es ist ein Abend, wo Atem in der Luft gefriert,
wo im Dunkeln man den rechten Pfad verliert
drum kehr' ich auf ein Viertel in die Schenke ein,
in warmer Stube auszuruhen bei Brot und Wein.

Es stellt vor meine müden Augen, Glieder schwer
der Schenkenwirt so manchen goldnen Becher her
Daß Nacht die dunklen Schleier um mich senkt
und sie mich sanft mit ihrem lieben Arm umfängt,

Es scheint der trunknen Gäste Lachen, Singen
in meiner Träume Täler leise zu verklingen.
Es ist von Traumgebilden, Wein ganz trunken
mein Kopf vornüber auf die Brust gesunken

Bocksfüßige Gesellen spielen auf der Schalmei
Und tanzen mit Silenen mir vorm Auge Ringelreih
Bacchus, der große Zecher aus den Wolken oben
hat bunte Bänder mir ins graue Haar gewoben

Doch für den Heimweg in das Alltagsleben
hat er mir keinen Wanderstock gegeben.
Drum halt ich lieber mich am Rebstock fest
mondsichellächelnd, wenn der Gott mich läßt.
 

George Polly

Mitglied
Hey Omar
das ist ja wirklich eine sehr bemerkenswerte
Leistung - sehr schöne Verschachtelungen im
Satzbau, kurz: Bist ein echter Könner!
Wie lange machst du das schon?

Sehr interessant finde ich auch die Anspielungen
auf die griechische Mythologie - Pan, der Flöter,
der Faun, ein echtes Waldwesen, halb Mensch halb
Tier - animalisch wie suchend nach Gefühl, er lebt
im Zwielicht des Waldes.

Joseph Noel Paton hat im 19. Jhdt. ein Bild gemalt
(Streit zwischen Oberon und Titania, Sommernachtstraum
von Shakespeare - einer meiner Lieblinge), in dem
eine wirklich schöne Abbildung eines Fauns zu sehen
ist. Auch sehr gut: Hans Bemmann - Stein und Flöte
 



 
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