Grüß Gott, haki
und herzlichen Dank, fürs Beschäftigen mit meinen Gedanken!
Möglich, dass wir beide uns noch nicht über die Zeilen gelesen haben; vorab gerne eine kurze Erläuterung zur Schreiberin.
Ich bin stets gerne geneigt, meine Lyrik zu erläutern, mein Gewerk so weit als möglich zu erklären, zu öffnen, respektive Gedankenansätze zu bieten – so denn gewollt.
Der ausschließlich kognitive Umgang mit Literatur hat in der Germanistik und den anderen Philologien dazu geführt, dass man – im missverstandenen Sinn des Goetheworts von „der Dichtung Schleier aus der Hand der Wahrheit“ – immer zuerst die verschleierte Wahrheit zu enthüllen sucht, statt die vollendete Machart des Schleiers genießend zu würdigen, durch den die Wahrheit ins Reich der Kunst überführt wurden (bestenfalls, jedenfalls). Selbst da, wo Literaturwissenschaftler die ästhetische Gestalt des Gedichtes analysieren, tun sie es meist so, als handle es sich dabei um etwas Organisches, gleichsam Naturwüchsiges, das nur die sinnliche Außenseite jener Wahrheit ist.
In Wirklichkeit aber ist ein Gedicht ein Gebilde von kalkulierter Künstlichkeit, und zwar auch dann noch, wenn es dem Verfasser/Dichter dank seiner Begabung in spontaner Intuition eingefallen ist.
Eben auch aus diesem Grund, gebe ich gerne Gedankenansätze weiter; welche nicht zwingend die meinen gewesen sein müssen. Differenzierung, haki, macht aus Intensität nuancenreiche Fülle. Das jederzeit wiederholbare und immer weiter
vertiefbare Durchschauen eines Gedichtes verschafft auf Dauer mehr (intellektuelles) Vergnügen als spontan überwältigende Ersterlebnisse, die mit der Zeit verblassen.
Nun gerne zu deinen Vorschlägen:
lass die farbe weg und überlege die ein anderes wort. "tiefe" oder "weiche" oder was weiß ich was...
Je nun, haki, das ginge wohl! Doch möchte es so nicht gemeint gewesen sein. Ich habe hier bewusst mit Farben und deren Assoziation gearbeitet.
http://de.wikipedia.org/wiki/Farbe#Farbwahrnehmung
Freilich kannst du dich jedweder Wissenschaft widersetzen, doch im geneigten Fall ist es einfach eine Wahrnehmung, der du dich nicht entziehen kannst.
Mit dem Titel also, leite ich eine Stimmung ein. Der Titel ist für mich Wissenschaft an sich. Der zieht den Leser an und – so er will und kann: das Gedicht aus.
Dies also nun zu den Farben. Hier wollte gewollt sein.
Mit den Adjektiven in der guten Lyrik hat es so vielerlei auf sich. Ein bemühter Schreiber mag sie gern fürchten.
Mit deinen Vorschlägen leite ich eine Stimmung ein, welche vielleicht so nicht gewünscht, weil eindeutig ist. Oder grundfalsch. Oder geziert. Oder einfach weil Adjektive gerne eine gewisse Ausgelutschtheit indizieren.
dein "verwelten" missfällt mir aber wieder. diese wortneuschöpfung (oder gibt es ein so schreckliches wort etwa?) halte ich für mislungen
oh, ja! Wortschöpfungen, sog. Neogolismen sind in der Lyrik absolut legitim. Celan bspw. hat sie für sich leben lassen und gerade dieser Autor – sein Wort - ist bis heute nicht (eindeutig) erklärbar.
Muss auch nicht!
Will man ein Gedicht in seiner ästhetischen Gestalt erfassen, muss man Interpretation verbal verstehen: sie ist ein Tun, nicht das Getane, sie ist das Übersetzen, nicht die Übersetzung.
Gilt für den Leser einzig der subjektive Eindruck, würde ich Autor mir wünschen, selben ebenso benoten zu dürfen.
Das mit dem „recht machen“ sollte im besten Fall der Autor versucht haben. Nämlich bevor er sein Werk veröffentlicht.
Manchmal gelingt es.
Freilich, haki, werde ich weiterarbeiten. Der Spaß daran, birgt die Unerlässlichkeit darin.
Recht freundlich,
Gabriele