einer an den hals gegangen

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Jongleur

Mitglied
einer an den hals gegangen


am hals ein brennen
von beulen deren schorf ich
abgehoben abgezogen
weiche haut zu finden

während ich die frau erinnere
wie sie worte
auf mich jagt im korridor
mir sagt: vor zwanzig tagen
war ich weit vom tod
gesund wie du
(warum nur ich
warum so früh)

am rand des baumwollweißen
nachthemds seh ich eine flöte
wacher stöpsel ragen
aus empfindlichfleisch
am schlüsselbein
wo sie mit widerstand
befüllt wird gegen dieser
krankheit nester

seitdem befällt mich
manchmal eine unruh
meine wunden
stellen zu befingern
dies harmlose
brennen
am hals
 

wondering

Mitglied
Lieber Jongleur,

da hast du ein empfindliches Thema sehr feinfühlig verdichtet. Ich bin wirklich angetan.

Für meinen Geschmack hättest du auch die beiden Zeilen in Klammern weglassen können, es würde dem Inhalt nichts fehlen.

Viele Grüße
wondering
 

Jongleur

Mitglied
weglassen der Klammerfragen

Hallo wondering,
danke Dir für Deinen Kommentar!
Ich denke drüber nach, diese immer so schmerzlich auftauchenden (Klammer-)Fragen - stecken vielleicht wirklich bei diesem Thema auch unausgesprochen im Kopf des Lesers als Reaktion Betroffener. Und wer kennt schon nicht wenigstens eineN BetroffeneN!
Werde vermutlich - wegen der aus dem Takt geratenen Rhythmik - noch an den letzten Zeilen arbeiten. Ein Metrik-Bruch zum Verdeutlichen ist zwar legitim, aber durch das Offene des Textes sollte auch so genug Nachdenken eingeleitet werden, wenn ich im Fluss bleibe mit dem Gedicht.
Einen guten Montag Dir!
Jongleur
 
G

Gelöschtes Mitglied 4259

Gast
Nicht an den Hals,

sondern an die Nieren geht der Text! Gelungene Darstellung der Verletzlichkeit, Unbestimmtheit, Unsicherheit unseres Lebens.

LG

Pen.
 

Venus

Mitglied
Wieder eine äußerst gelungene Arbeit

Lieber Jongleur,

gefällt mir sehr, weil der Titel des Werkes vieles vermuten lässt, bestimmt jedoch nicht das, was dann buchstäblich wird.

Die dritte Strophe ist inhaltlich ein Meisterwerk, wie ich meine.
„wache Stöpsel aus empfindlichkeitsfleisch...“


Das tut nicht wirklich weh, beim Lesen, aber es bohrt gemein tief.
Deine Worte lassen spüren, aber sie gestatten auch das Lösen wieder.

Ich persönlich begrüße den Metrikbruch in den letzten Zeilen. Ich meine sogar, dass er das Eindringen der letzten Worte noch verdeutlicht.

Herzliche Grüße,
Venus
 

Jongleur

Mitglied
Unterbrechung des Sprachflusses

Penelopeia und Venus, danke fürs Lesen und Komments.
Mmh, das Ende ... Muss Abstand gewinnen, wenn ich's in drei Wochen mit fremden Augen wieder ansehen kann, mal sehn, ob ich beim Bruch des Sprachflusses bleibe, Venus.
 



 
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