kulisse und prolog

3,00 Stern(e) 1 Stimme

merzmind

Mitglied
kommanull

Im Reich der Möglichkeit,
an den Grenzen der Undenkbarkeit, fiel ein Tropfen aus Licht in einen See aus Maß.
Im Fallen entzündete er sich, und brannte die ölige Stille des Sees wie eine einzige Quelle aus.
Was übrigblieb, war der Tropfen selbst. Und der dehnte sich behaglich aus, wie es Tropfen, die Seen verschluckten, nun mal tun.
Vor flirrendem Staunen, ergoß sich am Ufer des Geschehens ein scheuer Kaktus in eine Blüte hinein.
Der Berg daneben entwurzelte sich kurz, und schüttelte Wolken aus den sich räkelnden Kämmen.

Es folgte eine lange, stille Periode.
Da blutete der Rest des Ufers schmerzlos ins Seebecken aus.
Der Tropfen gähnte mit Wohlgefallen und sog sich voll.

Ein Passant hielt inne und band seine offenen Schnürsenkel zu.
Da klimperte der Tropfen aus seinen Molekülen ein kicherndes Herbeirufen aus, denn jemand war da, der sein Tropfensein nun werde bezeugen können.
Der Passant ging weiter, festen Schrittes.

Im Reich der Möglichkeit, ist die Grenze zur Undenkbarkeit ein Schnürsenkel am Schuh der schlendernden Schöpfung.
Dargereichtes ist Verschenktes und Angenommenes.



Komma Eins (wurde Zeit)

kommunizierende gefäße

wir füllen einander auf. wir erinnern die fülle und bauen daraus lichthäuser für unser kommendes selbst.
unter dem himmelszelt ist raum für uns alle.
tauche ab, befreundetes wesen, in das meer unter der wüste. sobald du den treibsand erreichst.
nutze die gelegenheit und tauche hinab. eine handvoll schlohweißen schlamms aus dem inneren leckend,
und schwimme hinauf zur oberfläche. sie wird nichts mehr sein, als ein spiegel.
und in deiner hohlhand der ausgespülte feine sand all der jahre, da du herumirrtest.
und ein nichts, das in deinen handlinien die weltkarte deiner träume bezeichnet.




Erntedankfest.
Spätsommer.

Die Sonne, die sich schelmischer, gütiger zu mir neigt, sie legt den Kopf auf die Seite und zwinkert.
Nicht warm, nicht kalt, nicht lau.
Ehrbar und lauter, unverzagt. Ich lege mich hin, und die Sonne legt sich daneben.

Noch ist es zu früh zum Zurücksehen, nach vorne ist auch nicht mehr viel Raum. Es steht still und es schweigt.
Und allein der Wind wird mir sagen, ob die Gräser und Felder reiften.
Der Wind verkündet die Zeit und die Sonne fügt sich der Neigung.

Neues Skript. Die Natur beschreibt uns mit schmeichelnden Fingern, zeichnet uns nach, in unseren Gesichtern, in die Wiesen, auf unsere Gänsehaut.
Alle Weite wird rund und die Spitzen der Blütenstempel werden rostrot vor Verzücken.
Der Wind streicht durch das Ungemähte und küsst die dunklen Mulden der Erde.
Blattwerk rauscht und legt erahnend ein morgennebelgelbes Tuch über alle Seiten. Flattern, leise.

Ich lege mich hin und der Wind legt sich dazu.

Und in mir ist der Hauch. Und in mir ist die Atmung der Blätter. Sonnenreife, lautlose Gedanken, die wir in unsere Hohlhand aufnehmen und weiterfliegen lassen.
Werden und Vergehen fallen zusammen. Nichts ist mehr, wie es war und es ist so, wie es nie mehr sein wird.

Das Winkelmaß der Sonne öffnet sich elegant, spreizt sich wissend und bestimmt zahlenlos unsere Distanz.

Alles rund, alles erdig. Bald lugen die ersten Kastanienmünder schimmernd aus ihrem feuchtgrünen Stachelbeerhaus.
Spätestens dann wird der Spätsommer Sommer geworden sein. Und das Maß der Welt ein rundes, ein kühles, ein sprudelndfrisches Ergießen aus fließendem, jungem Wein.

Ich lege mich in den Wind. Und neben mir bist du.
Du, die ich später sein werde und so noch nie war.


und ernte zwei

nun stehe ich auf und verlasse den wind; er hat mich auch verlassen und trug mich zu weit fort. so weit, das die tage danach sich verkürzten, und der himmel dunkelte.
so stehe ich auf und mache mich auf und mache mich auf den weg. oder der weg wird mich machen.
der wind bläst eisig kalt und meine fingergelenke altern im schnee. ich fasse mich kaum noch und muss nun rennen um warm zu werden.
erde klamm, und die sonne schräg, beissend und still. kein vogel wagt es aus dem vorschlaf in die tiefe zu singen, ein laut genügte, und es würde winter.
wir wintern so bald wir können, aber nicht früher, als es der herbst erlaubt.
nun stehe ich auf und werde rennen, um mein leben rennen. ich werde das ziel im traum erreichen und am rande der träume einen bannkreis im schnee zeichnen. ich skizziere vorab, im schneelosen, herbstlichen laub.
die sonne senkt ihre lider und schmunzelt; sie wird mich damit überraschen, dass sie schneller als ich ihre heimstatt erreicht. beide werden wir überwintern.
und unter der erde wird die saat, die keine sonne sah, auf den mond am anderen ende der welt hoffen.
so viel licht muss sein.
nun stehe ich auf und bin bereit.
aus der tiefe gurgelte mich eine erinnerung warm, an alle vertane, vergeudete sinnlosigkeit.
nichts je habe ich verloren... wer könnte mich darüber täuschen, dass der gewinn der kommenden untaten in ihrem nicht-tuen liegt?
ich stehe auf und neben mir bist du, die ich nie werde sein und immer so war.

merzmind
 

dicke Olga

Mitglied
Der Tropfen brennt den See aus und dann heißt es, dass er ihn verschluckt hat. - Eine kleine Unlogik.

dehnte sich behaglich aus,
... konnte ich beim Lesen fühlen. Gut!

dehnte sich [blue]aus[/blue],... schüttelte Wolken [blue]aus[/blue]... blutete Ufer ins Seebecken [blue]aus[/blue]... Herbeirufen [blue]aus[/blue],
Die Ausdrucksweise ist störend auffällig, meine ich.

Da [blue]klimperte [/blue] (gluckerte?) der Tropfen
-oder ist das Absicht? sorry.

Titel und Schlusssatz (vom 1. Teil) passen für mich nicht. (Erklärung folgt)

Der Schnürsenkel am Schuh der schlendernden Schöpfung ist wundervoll!

- oh, ich dachte, du hast zwei Texte in einen Threat gesetzt, aber wenn sie zusammen gehören, streiche meine vorletzte Bemerkung.

Ich bin nicht so der Gedichtemensch, darum komme ich über die Länge nicht mehr richtig mit. Hoffe nur, dass eine Teilreaktion auch okay ist?!

Mich irritiert die Kleinschreibung im Mittelpart - und auch im letzten. Sicher willst du damit etwas ausdrücken.

Ich habe aus eben genanntem Grund Stück für Stück gelesen. Im Zusammenhang hapert es bei mir, aber du verwendest wunderschöne Bilder.
Viele Sequenzen mag ich sehr, zum Träumen.
 



 
Oben Unten