papa himmler

2,80 Stern(e) 4 Bewertungen
P

Pelikan

Gast
Lieber Samuel, nicht böse sein, wenn ich jetzt sage,
dass mir dieses ewige Herumreiten auf der Vergangenheit
gegen den Strich geht. Ich finde die Vergangenheit genauso
verabscheuungswürdig, wie viele menschliche Wesen, doch dieses ewige ich sag mal "benutzen" dieser durch Künstler stlößt mir ein wenig sauer auf, weil ich irgendwie immer "Quote" bei diesem Vorgang vermute.
Hättest Du jetzt "die Juden" weggelassen und ein Gedicht
gegen die "Neonazis" geschrieben, fände ich dies sehr gut.
Diese Bewegung darf man nicht verharmlosen, oder gar übersehen. Hättest Du diesen Vater im Neonazi-Millieu angesiedelt, so wäre der Titel geradezu grandios:
"Papa Himmler"=Papa Heuchler=Papa gen Himmel gewandt (Himmler), und Anhimmler der Neonazis,sich und seine Familie auf Weihnachten vorbereitend, aufs Fest des Friedens und unterschwellig dem Verbrecherischen zugewandt.
So ist es nur wieder eines der Gedichte, bei denen ich immer das Gefühl habe: "Was wären viele unserer Künstler nur ohne unserer furchtbaren Vergangenheit?"
Nicht böse sein - es sei denn, ich habe Dein Gedicht völlig mißverstanden, dann bin ich natürlich bereit meine Meinung zu korrigieren. Mit herzlichen Grüßen, Pelikan
 
S

samuel

Gast
Himmler als Typus

Nein, Pelikan, ich bin nicht böse (Welch ein Satz!). Danke für Deine Antwort!

Himmler als Person interessiert mich nicht sehr, interessant ist mir der Vorgang des Heuchelns, Schöntuns und Verdrängens, den ich u.a. aus meiner Kindheit kenne - und der ist zeitlos.

Ansonsten habe ich ein ähnliches Empfinden wie Du: Es sollen doch diese ehemaligen Gewalthaber und Gewalttäter nicht auch noch mein Leben bestimmen, indem ich mich dauernd mit ihnen beschäftige!

Liebe Grüße an Dich, samuel
 
M

Marlene M.

Gast
Lieber Samuel,
ich schließe mich bei meinem ersten Eindruck Pelikan an.
nach 3 Kindern und eigener Schulbildung vopn 13 Jahren reicht mir die Vergangenheits-Betroffenen-Literatur.
Papa Himmler hingegen als Synonym für heuchlerische Väter, die einerseits gnadenlos durch die Welt gehen ( Bankmanager, Nazis, Stasis) und andrerseits dem Bübchen zu Weihnachten ein schönes IPot schenken, das ist natürlich ein Thema, das wichtig ist.
Die Brücke dahin fällt mir allerdings schwer.
So ordne ich dein Werk als nochmalige Mahnung ein und sähe es gerne, wenn auch mal Werke über Palästinenser und Israelies hier zu lesen wären.
Menschen sind nie ihne Schuld und wer es meint, der werfe den ersten Stein.
Nichtsdesdotrotz respektvolle und herzliche Grüße von Marlene
 
G

gitano

Gast
Hallo Samuel!
Ja, ja...Mit solchen Titeln macht man Quote, bei den Neugierigen, bei den Entrüsteten...Mach dass mit Deinem Gewissen ab.
Schauplatz (Nazizeit), Kontext, und fragmentarischen Formulierungsstil finde ich unpassend und bei Formulierungen wie:

"kaufen morgen weihnachtsbaum
für das fest hienieden"

kann ich nur schaudern. und noch schlimmer:
weihnachtsbaum, man glaubt es kaum,
weihnachten herrscht frieden

klanglich und metrisch empfinde ich beim Lesen nur ein "brrrr..." und nicht weil ich stilistisch-themenbezogene Malerei erkenne.

Die sprachliche Umsetzung des beabsichtigten Themas(Heuchelei der Nazigrößen) ist hier fast verniedlicht:
weil :
er zieht seine jacke aus
und erzählt von juden,
hat auch etwas mitgebracht
für die lieben buben

keine Reaktion? wenn Papa von Juden erzählt?
und was hat er mitgebracht? Konfiszierte Leuchter? ausgebrochenes Zahngold?

Deine Formulierungen lassen vieles Wichtige im Unklaren.
Sprachlich und umsetzungstechnisch ein Fehlgriff.

Wenn Dich das Thema wirklich interessiert, gäbe es auch Alternativen. Pelikan hat einige Vorschläge gemacht.
Aus meiner Sicht noch...wie kamen Nazigrößen in den Staatsapparat der Nachkriegszeit (bis in die 70er)..und wie konnte Herr Waldheim als ehemaliger SS-Offizier UNO Generalsekretär werden...Hier muß doch viel Heuchelei zu finden sein.
Nix für Ungut
gitano
 
S

samuel

Gast
Hallo, gitano,

ich kann Deine Aufgeregtheit nicht nachvollziehen:

a) Du beginnst Deinen Text mit einer Unterstellung: Ich habe den Titel nicht formuliert im Hinblick darauf, "Quote zu machen"; er war einfach da als - finde ich, treffender - Ausdruck meines Themas.

b) Dass in den letzten beiden Strophen sich ironische Zitate befinden, scheint Dir entgangen zu sein.

c) Am Metrum gibt es m.E. nichts zu mäkeln; ich habe die Silben jetzt noch einmal nachgezählt.

d) Natürlich ist mein Text keine umfassende historisch-soziologische Analyse; er ist nur ein Stimmungsbild.

e) Ja, Waldheim wäre interessant - ebenso wie die anderen von Dir und Pelikan genannten Themen; ja, aber ich habe mich allgemein nur auf einen Typus Mensch und eine Art von Lebenserfahrung bezogen.

LG, samuel
 
S

samuel

Gast
papa himmler

es herrscht eitel freude,
wenn der vater kommt

er zieht seine jacke aus
und erzählt von juden,
hat auch etwas mitgebracht
für die lieben buben

kaufen morgen weihnachtsbaum
für das fest hienieden

weihnachtsbaum, man glaubt es kaum,
weihnachten herrscht frieden
 
M

Marlene M.

Gast
er zieht seine jacke aus
und erzählt von juden,
hat auch etwas mitgebracht
für die lieben buben


nein, lieber Gitano, da kann ich dir nicht zustimmen. Es ist ja grade das Stilmittel von Samuel, das er diese Situationen so "lapidar" nebeneinander stellt. Es soll die Gleichgültigkeit, mit der über das Thema hinweg gegangen wird, verdeutlichen.

kaufen morgen weihnachtsbaum
für das fest hienieden

Bruchstückhaft bleibt dieser Satz- wie aus dem Kontext gerissen.
Auch dieses sehe ich als Stilmittel. das Unvollständige und das Schwülstige.

Der Weihnachtsbaunm kommt 3 mal vor- diese Wiederholung hat eine gewisse Hammerfunktion, weil das Bild des Baumes ja die Antithese bildet.

Kommentare mit brrr und da schüttelt es mich, finde ich nicht sachlich. Schon deshalb alleine kann ich dir nicht zustimmen, Gitano.
Jeder Autpr hat seinen eigenen Stil. Der mag einem liegen oder auch nicht. Ausgerechnet dem Samuel Quote unterstellen zu wollen, finde ich lächerlich.
Sorry, aber musste ich mal loswerden.

ich habe übrigens dieses Gedicht nicht bepunktet und werde es auch nicht.
LG an alle von Marlene
 



 
Oben Unten