schwarzkittel (Chevy chase)

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HerbertH

Mitglied
ich bitte dich, vergreif dich nicht,
du schleuderst aus der spur!
dir steht die unschuld im gesicht,
von reue träumst du nur.

in der soutane stehst du stramm
und hoffst, du kriegst ein mahl
vom besten jungen opferlamm
und steckst es auf den pfahl

und schändest opfernd deine wahl,
doch schafe sind dir fremd,
merinowolle, hart wie stahl
dein griff, macht weich dein hemd.

du tastest an den jungen fleisch
erregt, die kutte bebt,
du achtest nicht auf ihr gekreisch
und schrein, ihr schmerz belebt

dich geiles schwein, du widerst gott
ja an, doch der schweigt lahm,
und selbst ein blutiges schafott:
für dich wärs mir zu zahm!
 

Bernd

Foren-Redakteur
Teammitglied
Vom Titel her wurde ich zunächst zum "Wildschwein" geführt, ich dachte an Jagd.
Dann stellte sich heraus, dass ein wildes Schwein in Robe gemeint war.

Wir kennen ja alle das Märchen vom Wolf und den sieben Geißlein.

Die Erzählperspektive ist anklagend und hasserfüllt - ob der Untat kein Wunder.

Durch die Kleinschreibung hat das Gedicht eine moderne (oder auch sehr alte - alles kommt ja wieder) Form angenommen.
 

Haget

Mitglied
MoinMoin HerbertH,
ich will mal an verschiedenen Punkten "rum-meckern" nach meinem Empfinden - vielleicht wird Dir Hilfe daraus:

Schwarzkittel
[blue]Titel auch noch über das Gedicht[/blue]
ich bitte dich, vergreif dich nicht,
du schleuderst aus der spur!
dir steht die unschuld im gesicht,
von reue träumst du nur.
[blue]Ob er von Reue träumt? Zweifel![/blue]

in der soutane stehst du stramm
und hoffst, du kriegst ein mahl
vom besten jungen opferlamm
und steckst es auf den pfahl

und schändest opfernd deine wahl,
[blue]Nach mahl/pfahl nun wahl/stahl = mir zu viel![/blue]
doch schafe sind dir fremd,
merinowolle, hart wie stahl
dein griff, macht weich dein hemd.
[blue]Die beiden letzten Zeilen verstehe ich nicht.[/blue]

du tastest an de[red]m[/red] jungen fleisch
erregt, die kutte bebt,
du achtest nicht auf ihr gekreisch
und schrein, ihr schmerz belebt
[blue]Bisher Gedanken zeilenweise. Jetzt plötzlich direkte Lese-Fortsetzung in nächster Zeile - gefällt mir nicht. Vielleicht "... ihr gekreich, das schrein..."
Auch folgend "du widerst gott ja an" auseinander reißen? Entweder "widerst gott" als komplett stehen lassen (auch wenn nicht korrekt) oder z. B. "du lästerst gott" - der Anfang Zeile 2 muss dann natürlich anders werden.[/blue]
dich geiles schwein, du widerst gott
ja an, doch der schweigt lahm,
[blue]normal! Auch zu anderen schlimmen Dingen kommt ja keine Stimme "von oben"[/blue]
und selbst ein blutiges schafott:
für dich wärs mir zu zahm!​
 

HerbertH

Mitglied
ich bitte dich, vergreif dich nicht,
du schleuderst aus der spur!
dir steht die unschuld im gesicht,
von reue träumst du nur.

in der soutane stehst du stramm
und hoffst, du kriegst ein mahl
vom besten jungen opferlamm
und steckst es auf den pfahl

und schändest opfernd deine wahl,
doch schafe sind dir fremd,
merinowolle, hart wie stahl
dein griff, macht weich dein hemd.

du tastest an dem jungen fleisch
erregt, die kutte bebt,
du achtest nicht auf ihr gekreisch
und schrein, ihr schmerz belebt

dich geiles schwein, du widerst gott
ja an, doch der schweigt lahm,
und selbst ein blutiges schafott:
für dich wärs mir zu zahm!
 

HerbertH

Mitglied
Hallo Bernd,

ja, in die Feste Form hab ich versucht, gehörig Inhalt hineinzuwirbeln, und alles schön klein geschrieben, mit Enjambements, damit die Strenge der Form aufgesprengt wird, um eine metrische Nudelei zu vermeiden, die sich gerade bei Chevy Chase sonst gern einstellt.

Vielen Dank für Deine Kommentar.

Liebe Grüße

Herbert
 

HerbertH

Mitglied
Hallo Haget,

den von Dir [red]rot[/red] markierten Druckfehler hab ich gleich ausgebessert. Bei vielen der sonstigen Punkte handelt es sich um Geschmackssachen.

Und nun zu Deinen Fragen:

merinowolle, hart wie stahl
dein griff, macht weich dein hemd.
führt den Leser auf eine falsche Spur, wenn er die Zeilen jeweils für sich liest. Das ist gewollt. Wenn man ein wenig aus dieser Spur ausbricht, wird klar, dass es sich um zwei ineinander verschachtelte Aussagen handelt:

merinowolle macht weich dein hemd
hart wie stahl dein griff

Damit wird die Ambivalenz des Charakters des Schweins deutlich gemacht: Nach aussen ist er ganz ein weicher Typ, der sich auch Luxus gönnt, aber wehe, Du fällst ihm in die Finger, dann zeigt er seinen wahren Charakter.

Zu den Enjambements siehe den Kommentar oben. Sie kommen ja schon ab dem zweiten Vers vor.

Danke fürs Meckern, selbst wenn ich - diesmal - fast nichts aufgreifen mag. Aber es ist gut, das Gedicht nach solcher Kritik nochmal abzuklopfen.

Liebe Grüße

Herbert
 
Liebert Herbert,

deine Chevy-Chase-Strophe hat es in sich. Ich dachte übrigens auch bei der Überschrift zuerst an Wildschweine, was ja auch indirekt zutrifft.

Liebe Grüße,
Karin
 

HerbertH

Mitglied
Liebe Karin,

ich versuche, die festen Formen mit möglichst modernen Themen zu kombinieren.

Manchmal gelingt es.

Schwarzkittel ist so schön mehrdeutig.

Mir fallen mindestens 3 Bedeutungen ein, die im Zusammenhang mit dem Inhalt des Gedichtes stehen.

Liebe Grüße

Herbert
 



 
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