was wäre wenn

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Es war doch nur ein Streit... dachte sie.
Damals... vor zwanzig Jahren.
Es fing eigentlich ganz harmlos an....
Sie wollten ins Kino... und sie stand im Bad und machte sich fertig.
„Brauchst du noch lange?“ fragte er immer ungeduldiger werdend.
„So lange wie ich brauche! Bei Dir würde es eh nicht lohnen“ erwiderte sie schnippisch.
Ein Wort gab das andere... immer heftiger wurde der Streit.
Du stinkender primitiver Bauer, brüllte sie ihn an...
Sie hätte andere bekommen können, schrie sie, ganz andere!
Die etwas besaßen und nicht wie er und seine Familie aus der Gosse kommen.
Schlimmeres kann man einem Menschen wohl kaum ins Gesicht schleudern.
Hätte er wenigstens gebrüllt... irgend etwas zerschlagen...aber seine kalte Ruhe machte sie verrückt.
Sie schrie sich in Rage.
Ihn hätte sie nur genommen damit ihre Freundin nicht eifersüchtig wird, als sie mit deren Schatz flirtete.
Sie hätte sich aus ihm nie viel gemacht, und er solle nicht denken, daß die Jüngste...
Weiter war sie nicht gekommen.
Er war weiß wie die Wand geworden. Er zitterte. Aber er hatte ganz ruhig gefragt: „Was ist mit Maria?“
Hätte er sie damals geschlagen, es wäre besser gewesen. Aber seine Ruhe reizte sie zu sehr.
Sie hatte vielsagend gelacht und war in den Garten gelaufen, kochend vor Wut.
Das war im August... der Abend war warm.... Nachtfalter brummten gegen das Windlicht an der Wand. Irgendwo hatten sich ein paar Grillen zum Wettstreit eingefunden und zirpten das das Stimmengewirr
der Vögel nur noch Kulisse bildete. Und dann dieser Duft... tief atmete sie ein und schloß die Augen.
Sie liebte ihren Garten... und sie sah ja auch ein das sie zu weit gegangen ist.
Sie nahm sich vor ihm zu sagen das nur Ärger sie getrieben hatte, daß das alles nicht wahr sei, das sie ihn lieber hätte als alle anderen, daß sie seit ihrer ersten Begegnung hinter ihm hergesehen hat.
Doch vor seinem gelassenen Gesicht, welches wie eine steinerne Wand war, prallten ihre guten Vorsätze ab.
Das war Freitag.
Am Sonnabend fuhr sie allein zum einkaufen. Er sagte, er käme nicht mit.
Als sie zurückkam lag auf dem Küchentisch das aufgeschlagene Deutschheft von Maria indem stand: „Ich gehe mit der Kleinen fort. Ich komme nicht wieder. Ich habe von meinem Geld 1000 Mark genommen.“
Sie hatte erst gelacht.
In der Nacht weinte sie.
Nach zwei Tagen wurde sie so krank das sie zwei Wochen im Fieber lag.
Hinterher hatte sie einen Monat nichts getan... nur immer geweint.
Schließlich ging sie auf Zureden ihrer Kollegen und Freunde wieder an ihre Arbeit und war langsam wieder zu Kräften gekommen.
Die Jahre darauf hatte sie immer noch Hoffnung gehabt.
Nach acht Jahren kam ein Brief aus Hamburg, darin stand:
„Uns beiden geht es gut. Ich heiße jetzt anders. Du kannst mich totsagen lassen. Du wirst niemals wissen, wo ich bin.“
Es war sehr dünnes Papier, auf dem es stand, so fein wie Seidenpapier, aber fester.
Einer ihrer Kollegen sagte, Australien.
Ihr Mann müsse diesen Brief einem mitgegeben haben... der ihn bis Hamburg bei sich trug.
Seitdem sind zwölf Jahre ins Land gegangen.
Eve ist Mitte vierzig und hätte zweimal wieder heiraten können. Sie wollte nicht. Sie wußte ihr Mann käme nicht mehr wieder, sie wußte sie sähe ihre Tochter nicht mehr. Sie waren tot für sie. Und sie war auch tot, ihr Herz wenigstens. Ihr Herz war gestorben als der Brief kam.
Ein ganz kleines Stück lebte noch.
Das kam ihrer großen Tochter zugute. Alles an Liebe was sie noch geben konnte gab sie ihr. Viel war es nicht mehr .Sie ist hart geworden denn sie selber brauchte keine Liebe mehr.
So ist Eve tot und doch am Leben. Eine Mutter, aber nur eine halbe. Frau, aber ohne Mann. Witwe, aber ohne Grab.
Was wäre wenn man sich an irgendeinem Punkt im Leben anders entschieden hätte....
 
Hallo Black-Firebird,

hm, eine recht gut geschriebene Geschichte, obwohl mir ein wenig "Power" fehlt. Welche Frau lässt ihren Mann, ihre Tochter einfach gehen, ohne den Versuch zu unternehmen, sie wiederzufinden? Es ist nicht einmal legal, was der Vater hier machte, sie könnte durchaus rechtliche Schritte gegen ihn einleiten. Dass sie es so gelassen hinnimmt, wundert mich ein wenig.
Am Ende könnte man diese Leere in Eva noch ein wenig beschreiben und zudem einen Ringschluss mit dem Anfang bilden. So könntest Du Eva zu Beginn vielleicht ein Bild sehen lassen, einen Namen in der Zeitung lesen oder einfach nur irgendeinen Hinweis auf die einstige Familie, auf den Du am Ende zurückkommst.
Was muss ein Mensch denn fühlen, wenn er einst einen Ehemann, den man doch irgendie liebte, eine Tochter, die eigenes Fleisch und Blut ist, einfach so von heute auf Morgen verliert? Das könntest Du noch deutlicher, emotionaler darstellen.
Sonst, ganz gut. Weiter so. Freu mich auf Dein nächstes Werk.

viele Grüße
vom
Klabautermann
 

Zefira

Mitglied
Hallo Black Firebird und Klabautermann,

bei mir ist es ein wenig anders angekommen.... ich finde gerade diese Gefühlsvereisung, die deutlich aus der kahlen Sprache, den kurzen Sätzen, den vielen Brüchen durch Absätze spricht, sehr stark. Mir scheint das auch Eves Gefühlslage gut zu entsprechen.

Aber die Sache mit der Tochter stimmt nicht so recht, da muß ich dem Klabauter zustimmen. Mir wird auch nicht richtig klar, wie die Familienverhältnisse eigentlich sind. Verstehe ich das richtig, daß der Vater die kleine Tochter mitgenommen hat und die große dagelassen? Das macht es ja noch schlimmer, die beiden Schwestern ohne Vorbereitung auf Nimmerwiedersehen trennen? Das ist nicht zu rechtfertigen, mag sein Haß auf die Mutter noch so groß sein. Zumindest solltest Du noch ein paar Worte darüber verlieren.

Einiges gefällt mir sehr, vor allem die Gartenszene, gerade weil sie so vereinzelt dasteht - es ist der einzige Augenblick, der den Leser wirklich mit der Frau fühlen läßt. Und gleich danach - als sie den Zettel findet, erst lacht und dann weint - rückt sie wieder in weite Distanz zum Leser. Das ist sehr gut gemacht.

Ein paar Fehlerchen sind noch drin, die Du sicher selbst finden kannst, sonst ist das eine sehr starke Geschichte.

Grüße von
Zefira
 



 
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