hindsight
Lieber HerrK (ules?)
Ein starkes Bild.
Der Mann sitzt abends am Küchentisch und nicht etwa bräsig auf dem Sofa. Das hat etwas Desillusioniertes, Ent-täuschtes. Er ist wohl nicht unbedingt der Typ Mensch, der sich normalerweise bequemlich gehen läßt. Die Stille deutet darauf hin, daß er alleine ist, vielleicht auch ungewohnterweise. Er ist krumm, das Leben hat ihn gebeugt. Ist er verlassen worden oder ist ein enger Angehöriger gestorben? Das Eis im Glas gönnt sich der Gewohnheitstrinker meist auch nicht mehr.
Anders als Otto bin ich der Meinung, daß sowohl das Weglassen der ersten beiden Zeilen als auch eine Änderung des Titels eine völlig andere Aussage ergäbe. Da hätten wir nur den stereotypen Säufer, während wir hier einen Mann in einer dunklen Stunde am Scheideweg haben. Wir wissen nicht, ob er zum Säufer wird, oder einfach nur für eine kurze Weile eine Auszeit braucht. Später wird er sich zurückerinnern und erkennen, daß dies eine Zeit der Entscheidung war. Hindsight.
Ein hervorragend fein gewebter Text, tiefsinnig in seiner Kürze, überzeugend.
Liebe Grüße
Thylda