Lieber Höldereden,
meistens weiß der Mensch sich mit einer Schutzschicht zu umgeben, so dass er nicht zur Beute von Kritiksucht wird und all den anderen Unarten, die wir Menschen nun mal an uns haben. Da wird der andere überzeugt von etwas, es werden ihm Schuldgefühle eingeimpft, die ganzen eigenen Unzulänglichkeiten werden dem anderen übergestülpt, weil man sie dann bei sich selbst nicht mehr so heftig wahrnimmt.
Wie gesagt, meistens weiß man sich zu wehren und behält die eigene Identität, die natürlich auch voller Schwächen ist, aber jedenfalls mit den eigenen Schwächen.
Hat man das aber doch alles aufgeschluckt, bleibt nichts Anderes, als dass man in den allgemeinen Chor mit einstimmt, wie schlecht die Menschheit sei usw. und schlimmstenfalls endet das in geistiger Verwirrung.
Dein Text erinnert mich an den "Hölderlin-Film mit Ulrich Mühe in der Hauptrolle. Er war geradezu der Sklave des Familienvaters und dass er sich in die Ehefrau "verliebte", die Beiden geradezu ein Sein wurden, war natürlich unverzeihlich.
Es gibt aber noch einen älteren Hölderlin-Film, in dem aufgezeigt wird, wie Hölderlin unterwegs überfallen wurde, ein Schlag auf den Kopf erhielt. Nach seinem Tod hat man den Schädel geöffnet(das stimmt tatsächlich) und eine Wasseransammlung an einer wichtigen Stelle des Gehirns gefunden. Man weiß also nicht, ob dieser einzigartige wundervolle Mensch aus psychischen oder eher physischen Gründen geistig erkrankt ist.
Hölderlin war ein dünnheutiger Mensch, wie man das bei so hochbegabten Menschen oft findet. Er war zutiefst verbunden mit, dem, was über die irdischen Dinge hinausreicht, zudem war er liebenswert gegen Jedermann.
Noch in seinem Wahn gebar er keine "kalten" Kinder, sondern lebte in seinen Versen auf einer himmlischen Ebene.
Dein Protagonist droht zu zerbrechen an dem, was die Umwelt ihm zufügt. Ich frage mich allerdings, wie das möglich ist heutzutage, da die Menschen große Möglichkeiten haben, sowohl sich selbst zu entfalten, als auch Schwieriges aus der Kindheit in einer Psychotherapie selbst aufzuarbeiten.
Insofern will es mir nicht recht einleuchten, dass da jemand sein geistiges Sein aufopfern muss, um der meist unbewussten Bosheit willen der Menschen, die ihn umgeben.
So viel mal für's Erste.
Liebe Grüße von Vera-Lena