anbas
Mitglied
Adams Tod
"Ich darf heute endlich sterben!"
Mit diesen Worten betrat er die kleine Wohnung im fünften Stock des Mietshauses. Über der Trabantenstadt begannen sich gerade die Schatten der Abenddämmerung zu legen. Ein roter Streifen am Horizont verkündete gutes Wetter für den nächsten Tag.
"So, hat er es dir nun endlich erlaubt?" Eva, seine Frau, sah nur kurz von ihren Essensvorbereitungen auf. Der Duft von frisch gedünstetem Gemüse durchzog die Wohnung.
"Ja, toll, nicht wahr?" Er ging ins Badezimmer und wusch sich. Die Tür lies er offen.
"Bleibst du noch zum Essen?" rief Eva nach einiger Zeit aus der Küche, während sie damit begann, dort ein wenig aufzuräumen und den Tisch zu decken.
"Nein, es hat jetzt schon so lange gedauert, nun will ich nicht mehr länger warten!" rief er zurück.
"Na, dann haben die Kinder ja heute mehr zum Essen, da werden sie sich aber freuen," sagte Eva mehr zu sich selber als zu ihrem Mann.
"Was hast du gesagt?" übertönte Adam die Klospülung.
"Ich sagte, dass die Kinder sich freuen werden, wenn sie diesmal mehr zum Essen haben!" antwortete Eva nun deutlich lauter.
"Ja, bestimmt werden sie sich freuen," murmelte er.
"Was hast du gesagt?"
"Ich meinte auch, dass sich die Kinder freuen werden!" antwortete Adam laut aber undeutlich mit der Zahnbürste im Mund. "Wo sind die überhaupt?"
"Ich habe sie nach draußen geschickt. Sie haben sich mal wieder nur gestritten und die Wohnung auf den Kopf gestellt - ich brauchte einfach mal eine Auszeit. Da muss ich mir wirklich noch was einfallen lassen. Wenn das so weiter geht, wird das mit den beiden nicht mehr lange gut gehen."
"Hm, ich weiß ehrlich gesagt auch nicht mehr weiter. Soll ich vielleicht doch noch ein wenig warten? Ich habe so ein dummes Gefühl, wenn ich Dich jetzt mit diesen Problemen alleine lasse."
Adam kam aus dem Badezimmer und blieb in der Küchentür stehen. Eva war gerade damit beschäftigt, den Obstsalat für den Nachtisch vorzubereiten. Sie schaute kurz von ihrer Arbeit auf und sah seinen besorgten Blick.
"Nein, geh ruhig. Ich werde schon zurecht kommen", antwortete Eva lächelnd. "Die beiden werden sich ja nicht gleich die Köpfe einschlagen."
"Ach ich weiß nicht", entgegnete Adam. "Ich habe da wirklich ein sehr dummes Gefühl."
"Jetzt mach schon. Zieh dich an! Ich schaff das schon - du kennst mich doch." Eva schob ihn grinsend in den Flur.
"Ja ich weiß, dass du auch alleine zurecht kommst - aber Gedanken mache ich mir trotzdem," murmelte er und ging nachdenklich ins Schlafzimmer. Dort nahm er sich seinen besten Anzug aus dem Schrank und zog ihn bedächtig an. Wenig später kam er in die Küche zurück.
"Schau mal Schatz, ist das gut so?"
"Nee, überhaupt nicht," lachte Eva laut auf und wischte sich ihre Hände an der Schürze ab. Dann rückte sie ihm die Krawatte zurecht und richtete den Hemdkragen. Nach einem kurzen kritischen Blick gab sie ihm einen flüchtigen Kuss und streichelte ihm kurz über die Wange.
"So, jetzt ist es gut. So kannst du losziehen. Willst du noch was trinken?" fragte sie sanft.
"Danke, aber mach dir keine Mühe. Ich habe wirklich keinen Durst."
"Na dann alles Gute! - Halt, vergiss den Strick nicht!"
"Nein, ich hab's mir anders überlegt, ich werde von der Brücke springen."
"Ach nee, dann habe ich den ja ganz umsonst gekauft. Das ist doch nun echt daneben. Erst hetzt du mich los, nur um diesen blöden Strick zu kaufen, weil du ihn ja irgendwann mal gebrauchen könntest, dann liegt er hier ständig irgendwo in der Wohnung herum und nun überlegst du es dir plötzlich ganz anders ohne mir vorher bescheid zu sagen. Also wirklich, für was hältst du mich eigentlich? Du meinst wohl, ich hätte sonst nichts zu tun."
Eva sah ihn vorwurfsvoll an und wandte sich dann dem Herd zu. Ärgerlich rührte sie in dem Topf, der dort stand.
"Tut mir leid, hab's vergessen, wird ja auch nicht wieder vorkommen!", erwiderte Adam, nun spürbar genervt.
Unschlüssig blieb er in der Küche stehen und schaute Eva bei ihren weiteren Essensvorbereitungen zu. Nach einiger Zeit ging er zu ihr und legte sanft seine Hände auf ihre Schultern.
"Es tut mir leid. Ich habe nicht weiter nachgedacht. Komm, lass uns nicht im Streit auseinandergehen."
Sie drehte sich um und schaute ihn ernst an. Doch allmählich wurde ihr Blick wieder milder.
"Nein, lass uns nicht im Streit auseinandergehen. Mir tut es auch leid. Ich bin heute schon den ganzen Tag über etwas genervt. Ich habe überreagiert - es gibt wirklich größere Probleme."
Zärtlich schmiegte sie sich an ihn. Behutsam nahm er sie in die Arme und streichelte ihr durch das Haar. Für einen Moment wurde es ganz still um sie herum. Nach einer Weile löste er sich dann aber von ihr, küsste ihr sanft auf die Stirn und ging entschlossen zur Wohnungstür.
"Also, ich muss jetzt wirklich los. Mach's gut!"
"Ja danke, du auch!" sagte Eva und schloss hinter ihm die Tür.
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"Wo ist denn Papa?" fragten die Kinder später beim Essen.
"Er ist sterben gegangen", antwortete Eva.
"Ich darf heute endlich sterben!"
Mit diesen Worten betrat er die kleine Wohnung im fünften Stock des Mietshauses. Über der Trabantenstadt begannen sich gerade die Schatten der Abenddämmerung zu legen. Ein roter Streifen am Horizont verkündete gutes Wetter für den nächsten Tag.
"So, hat er es dir nun endlich erlaubt?" Eva, seine Frau, sah nur kurz von ihren Essensvorbereitungen auf. Der Duft von frisch gedünstetem Gemüse durchzog die Wohnung.
"Ja, toll, nicht wahr?" Er ging ins Badezimmer und wusch sich. Die Tür lies er offen.
"Bleibst du noch zum Essen?" rief Eva nach einiger Zeit aus der Küche, während sie damit begann, dort ein wenig aufzuräumen und den Tisch zu decken.
"Nein, es hat jetzt schon so lange gedauert, nun will ich nicht mehr länger warten!" rief er zurück.
"Na, dann haben die Kinder ja heute mehr zum Essen, da werden sie sich aber freuen," sagte Eva mehr zu sich selber als zu ihrem Mann.
"Was hast du gesagt?" übertönte Adam die Klospülung.
"Ich sagte, dass die Kinder sich freuen werden, wenn sie diesmal mehr zum Essen haben!" antwortete Eva nun deutlich lauter.
"Ja, bestimmt werden sie sich freuen," murmelte er.
"Was hast du gesagt?"
"Ich meinte auch, dass sich die Kinder freuen werden!" antwortete Adam laut aber undeutlich mit der Zahnbürste im Mund. "Wo sind die überhaupt?"
"Ich habe sie nach draußen geschickt. Sie haben sich mal wieder nur gestritten und die Wohnung auf den Kopf gestellt - ich brauchte einfach mal eine Auszeit. Da muss ich mir wirklich noch was einfallen lassen. Wenn das so weiter geht, wird das mit den beiden nicht mehr lange gut gehen."
"Hm, ich weiß ehrlich gesagt auch nicht mehr weiter. Soll ich vielleicht doch noch ein wenig warten? Ich habe so ein dummes Gefühl, wenn ich Dich jetzt mit diesen Problemen alleine lasse."
Adam kam aus dem Badezimmer und blieb in der Küchentür stehen. Eva war gerade damit beschäftigt, den Obstsalat für den Nachtisch vorzubereiten. Sie schaute kurz von ihrer Arbeit auf und sah seinen besorgten Blick.
"Nein, geh ruhig. Ich werde schon zurecht kommen", antwortete Eva lächelnd. "Die beiden werden sich ja nicht gleich die Köpfe einschlagen."
"Ach ich weiß nicht", entgegnete Adam. "Ich habe da wirklich ein sehr dummes Gefühl."
"Jetzt mach schon. Zieh dich an! Ich schaff das schon - du kennst mich doch." Eva schob ihn grinsend in den Flur.
"Ja ich weiß, dass du auch alleine zurecht kommst - aber Gedanken mache ich mir trotzdem," murmelte er und ging nachdenklich ins Schlafzimmer. Dort nahm er sich seinen besten Anzug aus dem Schrank und zog ihn bedächtig an. Wenig später kam er in die Küche zurück.
"Schau mal Schatz, ist das gut so?"
"Nee, überhaupt nicht," lachte Eva laut auf und wischte sich ihre Hände an der Schürze ab. Dann rückte sie ihm die Krawatte zurecht und richtete den Hemdkragen. Nach einem kurzen kritischen Blick gab sie ihm einen flüchtigen Kuss und streichelte ihm kurz über die Wange.
"So, jetzt ist es gut. So kannst du losziehen. Willst du noch was trinken?" fragte sie sanft.
"Danke, aber mach dir keine Mühe. Ich habe wirklich keinen Durst."
"Na dann alles Gute! - Halt, vergiss den Strick nicht!"
"Nein, ich hab's mir anders überlegt, ich werde von der Brücke springen."
"Ach nee, dann habe ich den ja ganz umsonst gekauft. Das ist doch nun echt daneben. Erst hetzt du mich los, nur um diesen blöden Strick zu kaufen, weil du ihn ja irgendwann mal gebrauchen könntest, dann liegt er hier ständig irgendwo in der Wohnung herum und nun überlegst du es dir plötzlich ganz anders ohne mir vorher bescheid zu sagen. Also wirklich, für was hältst du mich eigentlich? Du meinst wohl, ich hätte sonst nichts zu tun."
Eva sah ihn vorwurfsvoll an und wandte sich dann dem Herd zu. Ärgerlich rührte sie in dem Topf, der dort stand.
"Tut mir leid, hab's vergessen, wird ja auch nicht wieder vorkommen!", erwiderte Adam, nun spürbar genervt.
Unschlüssig blieb er in der Küche stehen und schaute Eva bei ihren weiteren Essensvorbereitungen zu. Nach einiger Zeit ging er zu ihr und legte sanft seine Hände auf ihre Schultern.
"Es tut mir leid. Ich habe nicht weiter nachgedacht. Komm, lass uns nicht im Streit auseinandergehen."
Sie drehte sich um und schaute ihn ernst an. Doch allmählich wurde ihr Blick wieder milder.
"Nein, lass uns nicht im Streit auseinandergehen. Mir tut es auch leid. Ich bin heute schon den ganzen Tag über etwas genervt. Ich habe überreagiert - es gibt wirklich größere Probleme."
Zärtlich schmiegte sie sich an ihn. Behutsam nahm er sie in die Arme und streichelte ihr durch das Haar. Für einen Moment wurde es ganz still um sie herum. Nach einer Weile löste er sich dann aber von ihr, küsste ihr sanft auf die Stirn und ging entschlossen zur Wohnungstür.
"Also, ich muss jetzt wirklich los. Mach's gut!"
"Ja danke, du auch!" sagte Eva und schloss hinter ihm die Tür.
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"Wo ist denn Papa?" fragten die Kinder später beim Essen.
"Er ist sterben gegangen", antwortete Eva.