Adrian und der Knorz
Adrian, der nicht viel größer als ein Rosenbäumchen war, lebte zufrieden in seinem windschiefen Haus und der Werkstatt. Er arbeitete fleißig an seiner Töpferscheibe. Jeden Samstag legte er seine Töpfe und Vasen in einen Handkarren und schob diesen zum Markt. Dort warteten die Menschen schon auf ihn, denn Adrian stellte die schönsten Sachen her. Mit leerem Handkarren und vollem Geldbeutel kehrte er in sein Häuschen zurück.
Eines Tages beschloss er keine großen Töpfe mehr mit auf den Markt zu nehmen. Die Menschen wünschten sich kleine Rehe, Hund und Kätzchen, auch das konnte Adrian mit seinen geschickten Händen formen. Die große Blumenvase, die er noch besaß, stellte er in der Küche in eine Ecke. Am nächsten Morgen kochte er sich Kaffee. Nun fiel ihm ein, dass er keine Milch eingekauft hatte. Er eilte mit seiner Milchkanne zum nächsten Bauernhof und bekam dort eine Portion. Auch Brot, Eier und Speck kaufte er bei der Bäuerin ein.
„Wie gefällt es dir in dem Häuschen“? erkundigte sich die Bäuerin.
„Gut“, antwortete Adrian.
„Pass auf dich auf, man sagt, ein Troll sei unterwegs, auf der Suche nach einem Keller, in dem er wohnen möchte. Schließe immer deine Haustüre zu.“
Adrian nickte, bezahlte seine Ware und eilte zu seinem Haus zurück. Er würde den Keller abschließen, ihm reichte die kleine Küche, sein Schlafzimmer und die Töpferwerksstatt. Fröhlich pfeifend schloss er die Haustür auf und ging in die Küche. Er nahm die Kaffeekanne, um sich einen Becher zu füllen. Doch die Kanne war leer. Adrian grübelte. Hatte er denn schon Kaffee gekocht? Er wusste es nicht mehr und setze frischen Kaffee auf.
Das Brot, der Speck und sein Getränk schmeckten ihm so gut, dass er sich richtig wohl fühlte. Nach dem Essen packte er die Lebensmittel in einen Korb, und nahm sie mit in sein Schlafzimmer, schloss seine Türe mit dem Schlüssel zu und legte sich ins Bett.
Am nächsten Morgen betrat er gut gelaunt die Küche und blieb entsetzt stehen. An seinen Fenstern, die er mit viel Mühe geputzt hatte, klebte dicker Dreck. War der Troll bei ihm eingezogen? Zornig öffnete er die Kellertüre. Schon schoss ein winziger Kerl mit großen Ohren und riesig langen Armen auf Adrian und packte ihn an den Haaren. Adrian wehrte sich heftig und schmetterte die Tür zum Keller zu. Mit zitternden Händen drehte er den Schlüssel um und schob den Riegel vor die Tür.
Nach dem Frühstück schob er seine Töpferscheibe vor das Haus. Was sollte er nur tun? Der Kerl war kleiner als Adrian und sehr stark. Um die Mittagszeit verspürte er Hunger und ging in die Küche. Speck und Eier wollte er sich braten. Doch der Korb mit seinem Essen war verschwunden.
Dafür blinkten die Scheiben wieder vor Sauberkeit. Vielleicht war der Troll gar kein so übler Kerl.
Adrian überlegte nicht lange. Er setzte sich vor die Kellertüre, klopfte an und rief: „Wie heißt du?“
„Ich bin der Knorz, dein Kellertroll.“
„Nein“, rief Adrian,“ du bist nicht mein Troll, hier kannst du nicht bleiben. Wo kommst du her?“
„Von der Burg, Ich war nur einmal nachts draußen, ging spazieren und betrachtete die Sterne. Dann habe ich mich verlaufen und weiß nicht mehr, wie ich zurück in den Keller der Burg komme.“
Adrian sagte: „Ich kenne den Weg. Doch zuerst muss ich mich stärken, gib mir meinen Korb mit den feinen Sachen zurück.“
„Ja, das mache ich“, antwortete Knorz. „Versprichst du mir, dass du mich zurückbringst?“
„Ganz bestimmt“, antwortete Adrian und horchte an der Kellertür, es war still und er schloss die Türe auf. Aber von Knorz war nichts zu sehen.
„Knorz, der Dieb, Knorz der Lügner“, rief Adrian in den Keller. Während Adrian noch in den Keller starrte, kniff ihn jemand ins Bein. Adrian schrie auf und drehte sich um. Vor ihm stand der Kellertroll Knorz und neben ihm Adrians Korb.
„Huch“, rief Adrian, „wie bist du aus dem Keller gekommen?“
Der Knorz lachte laut. „Dein Kellerfenster steht offen. Aber nun beeile dich, damit wir zur Burg kommen.“
Plötzlich bemerkte Adrian drei Leute „Wir bekommen Besuch“; murmelte er. Aber der Troll mit seinen großen Ohren hatte das gehört und begann zu zittern.
Adrian beruhigte ihn „Keine Angst, ich habe dir versprochen, dich auf die Burg zu bringen und jetzt keinen Mucks mehr. Kapiert?“ Knorz nickte, Adrian hob ihn hoch und steckte ihn in die große Blumenvase, die in der Ecke stand. Danach öffnete er die Haustür und begrüßte die Männer.
„Was führt euch zu mir“? erkundigte er sich.
„Wir suchen den Kellertroll; die Menschen fürchten sich vor ihm und er muss eingesperrt werden.
„Mein Keller ist leer“, sagte Adrian. Die drei Männer erklärten ihm, dass sie nachschauen müssten, zu Adrians Sicherheit. Adrian schloss die Kellertür auf, die Männer stiegen in den Keller hinab, kamen aber bald wieder nach oben.
„Alles sauber“, sagte der Erste,
„Keine Spur vom Troll,“ meinte der Zweite.
„Kommt, wir müssen weiter, pass gut auf, Adrian“, sagte der Dritte, und schon verließen sie Adrians Haus.
Adrian aß zuerst ein Brot. Dann packte er keuchend die große Vase in seinen Handkarren und dazu alle Töpfersachen, die er fertig gestellt hatte.
Ich fahre dich jetzt zur Burg“, flüsterte er dem Troll in der Vase zu.
Der Weg war nicht sehr weit. Um die Burg herrschte Mittagsruhe. Adrian zog seinen Wagen vor ein offenes Kellerfenster, schaute sich noch einmal um, ob niemand unterwegs war. Dann hob er den Troll aus der großen Vase und schob ihn zum Kellerfenster. Sofort verschwand Knorz, doch Adrian hörte ein leises Danke.
In dieser Burg lebten viele Menschen und Adrian beschloss, hier alle seine Sachen, die im Wagen waren, zu verkaufen.
Er stellte sich in den Burghof und bot seine Ware an.
Adrian rieft aus vollem Hals:
„Hier gibt’s Töpfe für das Schmalz!
Leute, kommt, kauft bei mir ein,
wird bestimmt kein Schaden sein!
Tassen gibt es, große, kleine,
dicke Krüge und auch feine,
bauchige und schmale Vasen,
kleine Rehe, Hunde, Hasen,
Obstschalen, Gartenzwerge,
bunte Teller, ganze Berge,
Blumentöpfe, viele Reih`n.
Darin pflanzt ihr Blumen ein.
„Hier gibt’s Töpfe für das Schmalz!
Leute, kommt, kauft bei mir ein,
wird bestimmt kein Schaden sein!
Tassen gibt es, große, kleine,
dicke Krüge und auch feine,
bauchige und schmale Vasen,
kleine Rehe, Hunde, Hasen,
Obstschalen, Gartenzwerge,
bunte Teller, ganze Berge,
Blumentöpfe, viele Reih`n.
Darin pflanzt ihr Blumen ein.
Der Ritter und seine Frau, die Köche und alle Diener eilten herbei. Und tatsächlich, sie kauften alles, sogar die große Blumenvase. Manchmal hörte Adrian, wie im Hintergrund der Knorz ganz leise kicherte.
M.Rieger
Zuletzt bearbeitet: