Alter Mann in Rio (Das verlassene Land)

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Carlo Ihde

Mitglied
Du hast völlig Recht, Inu, als seriöses Gedicht ist es zu wenig, da reißt es mich auch nicht sehr vom Hocker. Zumal ich es selber geschrieben habe, und sogar seine Aussagen so gut kenne, dass sie mich nicht mehr vom Hocker reißen. Sicherlich gibt es sprachliche Lösungen, die nicht so hinken. Es ist vielleicht mehr Prosa. Weil ich über meinen Text wenig relevantes sagen kann, überlasse ich dies lieber den zahlreichen Wertungen.




Was Die Behandlung angeht, lieber HerbertH, geb ich dir auch Recht, ist nahe der Grenze der Uneindeutigkeit.

Der Lebensirrtum, den ich dem Land nicht verzeihe, wird mich ein Leben lang repressiv behandelt haben.

Also ist das Land der Urheber eines Irrtums, und die Einwohner des Landes werden durch diesen Irrtum bearbeitet, nämlich repressiv behandelt. Irrtum ist hier also eine Bezeichnung, die vom Standpunkt des "Exils" aus plausibel erscheint, und aber den Menschen, die das Land noch nicht verlassen haben, vielleicht nicht. Der Standpunkt Exil verrät also den Vollzug der Ausreise. Das Verbgefüge "behandelt haben" verrät aber eher den prognostischen Charakter. Und aus diesem Zeitenwechsel resultiert vielleicht auch deine Irritation.

Irrtum ist hier also eine Akkumulation aus Klischees, Lebenslügen, Konsensfallen, piefigen Idealen, Spießbürgerlichkeit, Stagnation, Popkulturverdruss o.ä.

LG
 

ENachtigall

Mitglied
Hallo Carlo,

habe Deinen "Alten Mann in Rio" nun ausgiebig und oft "studiert", weil Gefallen an ihm gefunden. Nur eine Winzigkeit im Tempus störte mich beharrlich in der letzten Strophe, wozu ich endlich in der Lage bin, Dir eine minimale Änderung vorzuschlagen. Ich hatte mich nämlich in der dortigen Zeitperspektive bislang ziemlich verfranst.

Diesen Lebensirrtum, der mich
ein Leben lang repressiv behandelt
haben wird, diesen Irrtum werde
ich dem Land nicht verzeihen, und,
[strike]als ich[/strike] schlussendlich doch alt [strike]war[/strike] [red]geworden,[/red]
hab ich es verlassen,
um genussvoll alt zu sein in Rio nachdem
ich genusslos alt geworden [strike]war[/strike] [red]bin[/red]
im verlassenen Land
.

Mit Respekt vor dem bravourösen Werk.

Beste Grüße von Elke
 

Carlo Ihde

Mitglied
ist nicht verkehrt, liebe Elke. Aber spürst du nun das "Päuschen" vor dem Anheben:

und,([blue]Päuschen[/blue]), schlussendlich alt geworden...

Außerdem hab ich in der Formulierung "als ich schlussendlich doch alt war" die Möglichkeit, noch einmal "ich" zu sagen, und das kann man als alter Mann gar nicht oft genug, wenn man sich von allem getrennt hat, das dieses Ich beschneiden wollte, und ja lange Zeit auch konnte.
Danke für deinen Vorschlag.
 



 
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