Anders

1,00 Stern(e) 1 Stimme

AllAN GAP

Mitglied
Anders

Ähren tauchen das Feld in goldenes Gewand
ihre einsame Masse verschlingt mich geradezu
tonlos versinke ich in dieser erstickenden Welt
sie lässt mich nicht los - während ich ertrinke

ihr Staub erblindet meine Ohren und Augen
sterbendes Pfeifen hat Orientierung verloren
das Korn neigt sich stumm über meinem Kopf
sieht auf mich herab - indes leiser Regen fällt

er klopft an - ungebetener Gast - schlägt hastig
lässt meine Lippen leuchten, wenn er spricht
tränkt üppig mich in kalter Nässe - und vergisst
im Saum frustrierter Erde - seine heilende Kraft
 
O

orlando

Gast
Hallo Allian,
du scheinst mir an der eigenen Weiterentwicklung sehr interessiert zu sein, deshalb werde ich mich deinem Gedicht gern und ausführlicher widmen.
Zunächst einmal zu den Dingen, die ich kritisch sehe:
Auch du bist leider der grassierenden Adjektivgrippe verfallen. Hier ließe sich einiges nachbessern. Für die erste Textgruppe - hier könnte man allerdings auch Strophe sagen - gebe ich dir ein paar Tipps

Anders

Ähren tauchen das Feld in goldenes Gewand
ihre einsame Masse verschlingt mich geradezu
tonlos versinke ich in dieser erstickenden Welt
sie lässt mich nicht los - während ich ertrinke
"Goldenes Gewand": Welches Synonym ließe sich dafür finden, welches Zauberwort? Ein Prachtgewand? Ein Sterntalergewand? Wenn du "golden" beibehalten möchtest, vielleicht eher "goldenes Kleid" (Rhythmus)
Einsame Masse: Das ist für mich schief, denn Masse ist nicht einsam. - Ich weiß schon, was du sagen möchtest und im folgenden Vers auch aussprichst. Es passt aber eben nicht zur einsamen Masse. Es geht in diesem Vers eigentlich um das Gefühl des Verschlungen-Werdens. Wodurch kann man verschlungen werden? Ein Loch (passt hier nicht), ein lauerndes Maul (passt auch nicht), auf diese sortierende Weise kannst du aber eine passende Metapher finden.
Der letzte Vers ist sehr gut.

ihr Staub erblindet meine Ohren und Augen
sterbendes Pfeifen hat Orientierung verloren
das Korn neigt sich stumm über meinem Kopf
sieht auf mich herab - indes leiser Regen fällt
Hier stelle ich lediglich das "sterbende Pfeifen" zur Disposition, mal abgesehen davon, dass dieser Vers grammatikalisch ein wenig misslungen ist. Ein Kornfeld rauscht, bläht sich, wirbelt auf, weht ... aber pfeift m. e. nicht. Im Wind kann ein Feld ein starkes Geräusch verursachen, etwas Sausendes vielleicht ... In der Lyrik wird es durchaus toleriert, ja, geschätzt, wenn etwas Eigenes erfunden wird.

er klopft an - ungebetener Gast - schlägt hastig
lässt meine Lippen leuchten, wenn er spricht
tränkt üppig mich in kalter Nässe - und vergisst
im Saum frustrierter Erde - seine heilende Kraft
Wo kommt "der ungebetene Gast" plötzlich her? Wieso lässt er LyrI leuchten und vergisst andererseits seine "heilende" Kraft? Auch hier könntest du durch Vermeidung bzw. Umformung der Adjektive größere Ruhe und Klarheit in den Text bringen.

Inhaltlich finde ich dein Gedicht tadellos. Es geht hier um ein Gefühl, dass an einem wogenden Feld auftreten kann, ebenso wie am aufgewühlten Meer. Dieses Gefühl des Verschlungenseins oder dem Wunsch danach. - Dieses Gefühl des Regens auf der Haut.

Wenn du es schaffen solltest, die Metaphern geradezurücken und etwas Überschwang herauszunehmen, könnte etwas richtig Gutes daraus werden.
Sei auch versichert, dass meine frühen Texte den deinen in dieser Hinsicht in nix nachstanden. :D:) Wahrscheinlich neigen wir zu Beginn unserer steilen Lyrikerkarrieren fast alle dazu, so richtig auszuholen. ;)
Was ich jetzt schon ganz wunderbar finde: Du zeigst ein ausgesprochen gutes Rhythmusgefühl, was sehr wichtig, geradezu ausschlaggebend ist. Lyrik hat ja viel mit Musik zu tun. Um diese "angeborene" Begabung weiter auszubauen, könntest du dich ruhig einmal in gereimten Gedichten versuchen. Die haben nämlich den Vorteil, dass sie die Gedankenwelt sozusagen vollautomatisch strukturieren. -
Und du hast Fantasie - ebenfalls eine wichtige Voraussetzung der Dichtkunst.
Dabei möchte ich es vorerst belassen und wünsche dir viel Erfolg. Deine "natürlichen" Anlagen lassen mich auf Weiteres gespannt sein.
LG orlando
 

AllAN GAP

Mitglied
Anders

von ewiger Eintönigkeit ermüdeter Acker
Ähren tauchen das Feld in goldene Robe
einsame(lnd) Masse lockt mich geradezu
tonlos versinke ich in erstickender Welt
lässt mich nicht los - während ich ertrinke

ihr Staub erblindet meine Augen und Ohren
werbender Dialog nach kurzem Rausch - tot
sterbendes Prasseln - Orientierung verloren
Korn neigt sich vieläugig über meinem Kopf
sieht auf mich herab - indes leiser Regen fällt

ist er Hauch oder Chance für neues Leben?
er klopft an - ungebetener Gast - schlägt hastig
lässt meine Lippen leuchten, wenn er spricht
tränkt üppig mich in kalter Nässe - und vergisst
im Saum frustrierter Erde - seine heilende Kraft
 

AllAN GAP

Mitglied
Hallo Orlando,

danke für Deine Meinung.
Wie Du ließt habe ich versucht mich Dir zu nähern. Das jedoch ganz spontan. Ich fürchte, dass ich da noch nicht ganz durch bin. Der Text braucht bestimmt noch mehr Klarheit. Für mich ist es jedoch schwer, weil ich sehr gern an der Gesamtmetapher festhalten möchte.
Ich möchte diese Aussage der Verlockung darin. Dieses zuckersüße, beruhigende Angebot der Masse, welche sich von dem Versinkenden, in ihrem gleichmäßigen Rhythmus, gestört fühlt, solange er vor ihm steht. Die Sehnsucht, die aus dem Text spricht ist jedoch eine andere. Eine, die uns alle mehr oder weniger trifft, wenn wir Besonderes sichtbar machen wollen. Es ist schon fast banal, dieses tagtägliche Verlangen. Wenn du Lob erfährst befindest du dich in diesem Kreislauf der Anerkennung.
Doch was lässt uns wirklich Besonderheit erkennen und auf sie aufmerksam machen. Diese Besonderheit muss sich in den Kreis des Normalen wagen, um es wachzurütteln und zu begeistern. Manchmal wird es dabei aufgefressen. Deshalb auch einsame Masse, weil sie es dann gnadenlos verödet.
Ich freue mich auf eine Antwort und werde weiter mit Deinen Anregungen arbeiten.

Lieben Gruß vom GAP
 
O

orlando

Gast
Mmh.
Kann es sein, dass du nicht genau weißt, was Adjektive sind?
Falls nicht, dann
http://www.lernen-mit-spass.ch/lernhilfe/schuelerforum/read.php?1,162508
In die gleiche Schmuck-Kategorie gehören auch Attribute und Adverbien.
All diese Dinger solltest du eher sparsam einsetzen, damit das Wenige zum Leuchten kommt. - Stell dir eine Lady vor, die mit Modeschmuck komplett zugehängt ist ... fändest du das schön?
In der jetzigen Version gibt es leider noch viel mehr aus dem Bereich der Bäh-Wörter. ;):p
LG, orlando
 

AllAN GAP

Mitglied
Hallo Orlando,

Ich muss schmunzeln. Ich werde jetzt eine Version schreiben, in der ich völlig auf Adjektive verzichte. Ich habe es in Gedanken schon angelesen und es wirkt sehr interessant. Danach werde ich vorsichtig wieder füllen, bis ich dorthin gelange, wo ich mit meiner Aussage schon war. Beide Ergebnisse stelle ich dann ein. Ich bin jetzt schon gespannt, wie Dein Votum ausfällt.
Dieser Gedanke macht mir jetzt richtig Freude.

Lieben Gruß AllAN

PS: wer braucht schon Adjektive, wenn "er nicht weiß, was 'der' ist" und eine schmucke Frau ist etwas anderes, als eine Frau in Schmuck. Sehr schönes Bild ;-) Danke
 

AllAN GAP

Mitglied
Anders

Eintönigkeit ermüdet den Acker
Ähren tauchen Feld in eine Robe
Masse sammelt - sie lockt mich
ich ersticke in ihrem Universum
lässt mich nicht los - ich ertrinke

ihr Staub erblindet Augen und Ohren
Rausch leben - Dialog beenden - tot
Orientierung verloren - Prasseln stirbt
Korn neigt sich über meinem Kopf
sieht es herab - indes Regen fällt

Hauch oder Chance für Leben?
er klopft an - der Gast - trommelt
Lippen leuchten, wenn er spricht
tränkt mich in Nässe - und vergisst
im Saum der Erde - seine Kraft
 

AllAN GAP

Mitglied
Anders

stehe allein - Wind pflügt das Land
Wolken ziehen Himmel - schwarz
Sturm verwirrt - Haare richtungslos
Augen glänzen - suchen Schutz
Getreide reicht - bis an mein Knie

Eintönigkeit ließ den Acker ermüden
Ährenrobe taucht sein Feld in Gold
Masse verlockt - Obhut sammelt ein
ersticke in gleichmäßigem Universum
lässt nicht los - bin Futter - ertrinke

ihr Staub erblindet Augen und Ohren
Orientierung verloren - Prasseln stirbt
Rausch leben - Dialog beenden - tot
Korn neigt sich über streitenden Kopf
sieht herab - indes beginnt Regenfall

Hauch oder Chance für neues Leben?
klopft an - ungebetener Gast trommelt
Lippenglanz leuchtet, wenn er spricht
tränkt mit Nässe - schnell vergisst er
im Saum der Erde - seine heilende Kraft

entscheide selbst, ob du liegen bleibst
entscheide selbst, ob du dich erhebst
entscheide selbst, wer du sein willst
...
es ist (d)ein Leben, in dem Du dich zeigst
 
O

orlando

Gast
Dieser Gedanke macht mir jetzt richtig Freude.
Das kann ich gut verstehen, GAP, Einzelbetreuung ist ein seltenes "Geschenk" in den Foren. :)
Du kannst dir natürlich am Ende dieser ersprießlichen Unterhaltung überlegen, ob du nicht einfach alle Wörter weglassen solltest ...
Wie schrieb schon Mascha Kaléko:
Mein schönstes Gedicht?
Ich schrieb es nicht.
Einen frohen Denkprozess wünscht dir
orlando
 

AllAN GAP

Mitglied
Anders

stehst allein - Wind pflügt das Land
Wolken ziehen Himmel - schwarz
Sturm verwirrt - Haare richtungslos
Augen glänzen - suchen Schutz
Getreide reicht - bis an das Knie

Eintönigkeit ließ den Acker ermüden
Ährenrobe taucht sein Feld in Gold
Masse verlockt - in Obhut versammelt
ersticke in gleichmäßigem Universum
lässt nicht los - bin ihr Futter - ertrinke

ihr Staub erblindet Augen und Ohren
Orientierung verloren - Prasseln stirbt
Rausch leben - Dialog beenden - tot
Korn neigt sich über streitenden Kopf
sieht herab - indes beginnt Regenfall

er klopft - ungebetener Gast trommelt
Lippenglanz leuchtet, wenn er spricht
Hauch oder Chance für neues Leben?
tränkt mit Nässe - schnell vergisst er
im Saum der Erde - seine heilende Kraft

entscheide selbst, ob du liegen bleibst
entscheide selbst, ob du dich erhebst
entscheide selbst, wer du sein willst
...
es ist (d)ein Leben, in dem Du dich zeigst
 

AllAN GAP

Mitglied
Hallo Orlando,

es ist eine merkwürdige Reise, die ich da begonnen habe. Es gelingt mir nicht an den Ort zurückzukehren, von dem ich mich löste. Der erste Text fühlt sich so weit entfernt, fast melancholisch gegenüber dem jetzigen an.
In dem Neueren steckt eine etwas hektische Zerrissenheit. Ich könnte sagen, dass war gewollt. So ist es aber nicht. Ich habe es viel eher geschehen lassen und steh jetzt selbst als Gast daneben. Ein eigenartiges Gefühl. Ich glaube diese Zerrissenheit tut der Aussage gut.
Zu Deinem "Geschenk", ich danke Dir für die Zeit, die Du dieser Unterhaltung gibst. Ich weiß nicht, ob ich alles so umsetze, wie Du das erwartest. Auf jeden Fall arbeite ich anders mit dem Text. Es ist eine andere Form von Kritik, die mir von Dir begegnet. Auch das ist unbedingt einen Dank wert.
Das Ding mit der Freude ist begründet durch Deinen aktiven Anstoß, Neuland zu betreten, Auszuprobieren und einen Filter dazwischen zu legen. Wenn eine positive Entwicklung in dem Text erkennbar ist, so resultiert das nicht unwesentlich aus Deinem Mut, es so anzusprechen.

Lieben Gruß AllAN
 

AllAN GAP

Mitglied
Hallo Revilo,

ich denke gerne darüber nach. Mal sehen, ob es je fertig wird. Dieser Text ist wie eine Reise ....
eigentlich jeder Text.
Danke, das gerade Du daran teilnimmst:)
Ich habe noch mal in deinen Werken gestöbert.
Sie saugen mich als Leser förmlich weg, beeindrucken in der schlichten Gewalt ihrer Aussage.
In mir sind häufig zu viele Worte und Gedanken. Sie stoßen sich gegenseitig an und dann entsteht eben nicht selten ein "gehts noch". Vielleicht fehlt mir aber auch manchmal die Geduld, diese Gedanken reifen zu lassen.
Und doch hat jeder seine Sprache. Sie verständlich zu machen, scheint mir die Kunst zu sein.

Lieben Gruß vom GAP
 

revilo

Mitglied
Hallo, ich meine es nicht böse und schreibe meine Anmerkungen sehr spontan ... Deine Schreibe hat gute Ansätze... Aber Du blähst zu sehr auf und benutzt zu viele bombastische Metaphern....aber bleib unbedingt dran und lass Dich bitte von so einem Meckerkopp wie mir nicht entmutigen... Wenn mir Deine Sachen egal wären, würde ich mich nicht damit beschäftigen..
 

AllAN GAP

Mitglied
Hallo Revilo,
ich verstehe Dich gut und bin Dir sehr dankbar. diese Spontanität mündet in überzeugender Authenzität. sie lässt mich schlucken und gleichzeitig aufhorchen. Es ist nicht immer leicht Kritik und eigener Vorstellung gerecht zu werden. Doch ist es immer wieder den Versuch wert...
Danke Dir sehr!
Lg AllAN
 



 
Oben Unten