Auf die Bretter
Stuntman gesucht gegen gute Bezahlung
Richtig was einstecken. Schläge, Prügel – Erfahrung mit Filmblut und falschen Zähnen vorausgesetzt. Keine Weicheier.
Anfragen bitte an Chiffre: 453434-aTx-17
Doch von Anfang an
„Ist was dabei?“
„Nein“ seufzt meine Frau und schlägt die nächste Seite der Rundschau auf. „Hier ist eine Stelle als Schlachtergehilfe, aber Schlachter finde ich gruselig. Den ganzen Tag tote Tiere zerhacken und so...“
Ich brumme meine Zustimmung und nehme einen Schluck Kaffee.
„Und wenn ich doch wieder als Boxer...oder von mir aus Türsteher...?“
„Nein, kommt nicht in Frage. Ich lasse nicht zu, dass du dich noch mal ins Krankenhaus schlagen lässt.“
Ich seufze. Die Diskussion hatten wir schon öfters.
„Hier, das könntest du machen“ sagt meine Frau, ein wenig aufgeregt, und drückt eine Anzeige in der Zeitung mit dem Zeigefinger auf die Tischplatte.
Ich beuge mich ein wenig vor, um besser lesen zu können.
„Das kannst du bestimmt.“ Meine Frau nickt aufgeregt. Ich finde es so lieb, dass sie sich bemüht, mir aus meiner augenblicklichen Erwerbslosigkeit zu helfen.
„Clown gesucht?“ frage ich zweifelnd. „Meinst du, das ist das Richtige für einen ehmaligen Boxer wie mich?“
„Ja, meld dich da mal. Ich bin auch lieber mit einem Clown verheiratet als mit einem Boxer. Du weißt, ich habe deinen brutalen Sport immer gehasst. Ich konnte nie verstehen, wie man auf jemanden einschlagen kann, der garantiert zurück schlägt.“
Gesagt, getan.
„Ihr erster Einsatz ist bei einem Kindergeburtstag.“ sagt mein Agent, und schiebt mir einen Zettel mit der Adresse zu. „Ihr Kostüm wird ihnen von meiner Sekretärin ausgehändigt – geben Sie ihr Bestes, ich will keine Klagen hören.“
Ich hole mein Kostüm ab. Die riesigen Schuhe sind beeindruckend. Passend dazu die rote Nase und die knallrote Perrücke. Ein Ringelshirt und eine Latzhose runden die Ausrüstung ab. Ich fühle mich gewappnet. Es kann losgehen.
Ich ziehe mich um und fahre zu der Adresse.
Eine junge Frau öffnet. „Die Kleinen warten schon. Viel Glück“ meint sie leise. Täusche ich mich, oder klingt ihre Stimme ein wenig beunruhigt?
„Danke“ sage ich, und rücke meine Perrücke ein wenig gerade. Ich bin ein Clown, es gibt kein zurück.
Dann mein Auftritt.
Ein Wohnzimmer, Regale, Fernseher, ein Tisch mit Geschenken und den Resten einer Schokotorte, darum Stühle mit gut einem Dutzend Vier- bis Fünfjähriger, die mir - wortlos - entgegenstarren.
Ring frei.
„Haha – wen haben wir denn hier“ rufe ich und stolziere zu dem kleinen Jungen am Ende des Tisches.„Ein Gi-Ga-Geburtagskind.“ töne ich mit verstellter Stimme.
Kaltes Schweigen empfängt mich.
Ich ziehe einen Papierblumenstrauß aus der Hose und mache eine äußerst lustige Verbeugung – immer noch Schweigen. Ein Dutzend Augenpaare blicken gelangweilt zu mir hoch.
Ich lasse mich nicht beirren und stolziere ein wenig auf und ab.
„Oha, was haben wir denn da – bist du ein Junge oder ein Mädchen?“ frage ich einen von den Kleinen mit Papphut und Luftschlange. Statt einer Antwort beginnt es zu weinen. „Na, du bist bestimmt ein Mädchen.“ sage ich, und lache ein wenig gekünstelt.
„Hau ab“ meint das Geburtstagskind.
„Wer hat einen Hau ab? – Ich habe höchstens ein Rad ab“ versuche ich die Situation zu retten und schiele gewaltig.
„Hau ab, ich hab dich nicht eingeladen“ ruft das Geburtsgkind laut und verschränkt demonstrativ die Arme..
„Aber, aber, mein Junge...lach doch mal!“ Mit ein paar Schritten bin ich bei dem Jungen und begehe den Fehler, ihn zu kitzeln.
Der Junge reagiert panisch, schlägt mir mit Wucht meine Pappnase schief ins Gesicht und tritt mir fast zeitgleich unter das Kinn. Ich bin perplex, strauchel, verliere das Gleichgewicht und falle auf meinen Allerwertesten..
„Maaaaamiiiii“ schreit das Kind in bester Kinderschreimanier. KO in der ersten Runde.
Die Mutter führt mich in die Küche und zeigt Verständnis. „In dem Alter sind sie nicht so leicht“ seufzt sie leise. „Natürlich kann ich ihnen kein Honorar zahlen.“
Ich reibe mir mein schmerzendes Kinn und will gerade anfangen zu handeln, als aus dem Wohnzimmer das helle Lachen von Kindernstimmen erklingt. Die Kleinen prusten und gackern sich gerade schlapp.
Die junge Frau und ich blicken uns verwundert an und gehen zurück zur angelehnten Wohnzimmertüre.
Dort läuft der Fernseher. Gerade jagt die Zeichentrick-Katze mit einer Kettensäge hinter der Maus her. Doch die Maus wirft eine Bananenschale auf den Boden und die Katze fällt in die eigene Kettensäge. Blut spritzt. Ein Auge rollt dem Betrachter entgegen. Die Kinder kreischen vor Vergnügen...mir kommt ein Geistesblitz.
Es ist meine Idee. Darum werde ich das Mäusekostüm tragen. Die Handlung ist einfach. Ich stehle den Käse – und die Katze läuft mir hinterher – dabei wird sie systematisch fertig gemacht. Zum Schluss geht die Katze auf die Bretter.
Die Anzeige ist raus – mal sehen, wer sich meldet. Das wird ein Hit – das muss einfach ein Hit werden. Unter dem Künstlernamen „Bob und Merry“ werden wir berühmt. Und das Beste ist, Bob schlägt nie – niemals - zurück.
Stuntman gesucht gegen gute Bezahlung
Richtig was einstecken. Schläge, Prügel – Erfahrung mit Filmblut und falschen Zähnen vorausgesetzt. Keine Weicheier.
Anfragen bitte an Chiffre: 453434-aTx-17
Doch von Anfang an
„Ist was dabei?“
„Nein“ seufzt meine Frau und schlägt die nächste Seite der Rundschau auf. „Hier ist eine Stelle als Schlachtergehilfe, aber Schlachter finde ich gruselig. Den ganzen Tag tote Tiere zerhacken und so...“
Ich brumme meine Zustimmung und nehme einen Schluck Kaffee.
„Und wenn ich doch wieder als Boxer...oder von mir aus Türsteher...?“
„Nein, kommt nicht in Frage. Ich lasse nicht zu, dass du dich noch mal ins Krankenhaus schlagen lässt.“
Ich seufze. Die Diskussion hatten wir schon öfters.
„Hier, das könntest du machen“ sagt meine Frau, ein wenig aufgeregt, und drückt eine Anzeige in der Zeitung mit dem Zeigefinger auf die Tischplatte.
Ich beuge mich ein wenig vor, um besser lesen zu können.
„Das kannst du bestimmt.“ Meine Frau nickt aufgeregt. Ich finde es so lieb, dass sie sich bemüht, mir aus meiner augenblicklichen Erwerbslosigkeit zu helfen.
„Clown gesucht?“ frage ich zweifelnd. „Meinst du, das ist das Richtige für einen ehmaligen Boxer wie mich?“
„Ja, meld dich da mal. Ich bin auch lieber mit einem Clown verheiratet als mit einem Boxer. Du weißt, ich habe deinen brutalen Sport immer gehasst. Ich konnte nie verstehen, wie man auf jemanden einschlagen kann, der garantiert zurück schlägt.“
Gesagt, getan.
„Ihr erster Einsatz ist bei einem Kindergeburtstag.“ sagt mein Agent, und schiebt mir einen Zettel mit der Adresse zu. „Ihr Kostüm wird ihnen von meiner Sekretärin ausgehändigt – geben Sie ihr Bestes, ich will keine Klagen hören.“
Ich hole mein Kostüm ab. Die riesigen Schuhe sind beeindruckend. Passend dazu die rote Nase und die knallrote Perrücke. Ein Ringelshirt und eine Latzhose runden die Ausrüstung ab. Ich fühle mich gewappnet. Es kann losgehen.
Ich ziehe mich um und fahre zu der Adresse.
Eine junge Frau öffnet. „Die Kleinen warten schon. Viel Glück“ meint sie leise. Täusche ich mich, oder klingt ihre Stimme ein wenig beunruhigt?
„Danke“ sage ich, und rücke meine Perrücke ein wenig gerade. Ich bin ein Clown, es gibt kein zurück.
Dann mein Auftritt.
Ein Wohnzimmer, Regale, Fernseher, ein Tisch mit Geschenken und den Resten einer Schokotorte, darum Stühle mit gut einem Dutzend Vier- bis Fünfjähriger, die mir - wortlos - entgegenstarren.
Ring frei.
„Haha – wen haben wir denn hier“ rufe ich und stolziere zu dem kleinen Jungen am Ende des Tisches.„Ein Gi-Ga-Geburtagskind.“ töne ich mit verstellter Stimme.
Kaltes Schweigen empfängt mich.
Ich ziehe einen Papierblumenstrauß aus der Hose und mache eine äußerst lustige Verbeugung – immer noch Schweigen. Ein Dutzend Augenpaare blicken gelangweilt zu mir hoch.
Ich lasse mich nicht beirren und stolziere ein wenig auf und ab.
„Oha, was haben wir denn da – bist du ein Junge oder ein Mädchen?“ frage ich einen von den Kleinen mit Papphut und Luftschlange. Statt einer Antwort beginnt es zu weinen. „Na, du bist bestimmt ein Mädchen.“ sage ich, und lache ein wenig gekünstelt.
„Hau ab“ meint das Geburtstagskind.
„Wer hat einen Hau ab? – Ich habe höchstens ein Rad ab“ versuche ich die Situation zu retten und schiele gewaltig.
„Hau ab, ich hab dich nicht eingeladen“ ruft das Geburtsgkind laut und verschränkt demonstrativ die Arme..
„Aber, aber, mein Junge...lach doch mal!“ Mit ein paar Schritten bin ich bei dem Jungen und begehe den Fehler, ihn zu kitzeln.
Der Junge reagiert panisch, schlägt mir mit Wucht meine Pappnase schief ins Gesicht und tritt mir fast zeitgleich unter das Kinn. Ich bin perplex, strauchel, verliere das Gleichgewicht und falle auf meinen Allerwertesten..
„Maaaaamiiiii“ schreit das Kind in bester Kinderschreimanier. KO in der ersten Runde.
Die Mutter führt mich in die Küche und zeigt Verständnis. „In dem Alter sind sie nicht so leicht“ seufzt sie leise. „Natürlich kann ich ihnen kein Honorar zahlen.“
Ich reibe mir mein schmerzendes Kinn und will gerade anfangen zu handeln, als aus dem Wohnzimmer das helle Lachen von Kindernstimmen erklingt. Die Kleinen prusten und gackern sich gerade schlapp.
Die junge Frau und ich blicken uns verwundert an und gehen zurück zur angelehnten Wohnzimmertüre.
Dort läuft der Fernseher. Gerade jagt die Zeichentrick-Katze mit einer Kettensäge hinter der Maus her. Doch die Maus wirft eine Bananenschale auf den Boden und die Katze fällt in die eigene Kettensäge. Blut spritzt. Ein Auge rollt dem Betrachter entgegen. Die Kinder kreischen vor Vergnügen...mir kommt ein Geistesblitz.
Es ist meine Idee. Darum werde ich das Mäusekostüm tragen. Die Handlung ist einfach. Ich stehle den Käse – und die Katze läuft mir hinterher – dabei wird sie systematisch fertig gemacht. Zum Schluss geht die Katze auf die Bretter.
Die Anzeige ist raus – mal sehen, wer sich meldet. Das wird ein Hit – das muss einfach ein Hit werden. Unter dem Künstlernamen „Bob und Merry“ werden wir berühmt. Und das Beste ist, Bob schlägt nie – niemals - zurück.