Autobiographisches schreiben

DirkH

Mitglied
Hallo zusammen!

Ich habe zwei Fragen:
1) Gibt es eigentlich Literatur über das schreiben von Autobiographien? Habe bisher leidern nichts gefunden.

2) Habt ihr selber Erfahrungen mit diesem Genre? Ich schreibe seit ein paar Jahren autobiographische Shorstorys, die bisher bei Lesern (per E-Mail) sehr gut ankamen. Doch habe ich das Problem (besonders bei sehr emotionalen Storys), dass ich mich schlecht von meinem Werk lösen kann um es zu beurteilen, Fehler zu finden.
Ich frage mich auch, wie weit man sich oft von seinem Erlebten entfernen muss um eine spannende Geschichte zu schreiben. Was ändert man, was behält man bei ...

Vielleicht habt ihr ja auch Erfahrunge und Tipps.

Gruss,
Dirk
 
R

Rote Socke

Gast
Hallo Dirk,

vielleicht können Dir meine eigenen Erfahrungen zu diesem Thema etwas helfen.
Ich habe ein Manuskript (Sachbuch) über meine Zeit als Entwicklungshelfer in Afrika geschrieben. Darin sind auch sehr persönliche Dinge (fast biografisch) mit eingeflossen. Dazu noch Hintergrundwissen über Entwicklungspolitik.
Als ich geendet hatte, war aus dem Manuskript ein zum Teil sehr informativer Beitrag über die Entwicklungshilfe entstanden, aber auch ein sehr emotionsvoller Teil über mein Privatleben.
Durch Weitergabe des Manuskriptes an viele Freunde und Bekannte musste ich dann oft zum Rotstift greifen. Aber selbst danach blieb das Werk sehr umstritten. Die Kritik reichte von "Einmalig" bis zu "Zu persönlich".
Ich reichte es bei einem Verlag ein, der vom Stoff her meinte, dass es auch wegen der intimen Kenntnisse lesenswert sei. Sie könnten es aber nicht annehmen, weil über Afrika zur Zeit nur Bildbände und Reiseberichte verkauft würden.
So weiß ich halt noch nicht, ob ich den Stoff nochmals überarbeiten soll und es einem anderen Verlag anbieten oder ob ich das ganze in einen Roman verpacken soll.

Ja, wenn Du biografisches über Dich selbst schreibst, ist es echt schwer den gewissen Abstand zu bekommen, damit das Ganze auch vom "Fremden" Leser verstanden wird.

Ob es Literatur zu dem Thema gibt weiß ich leider nicht. Wenn Du was raus findest, lass es mich bitte wissen.
Beste Grüße
RS
 

ex-mact

Mitglied
Moin,

wir werden im Frühjahr einen teil-biographischen Roman veröffentlichen, der genau das von Rote-Socke beschrieben "Problem" (zu emotional) noch vom Lektorat ausgetrieben bekommt. Wichtig ist meines Erachtens das regelmäßige Aus-Der-Hand-Geben und auch das mit großem zeitlichen Abstand erneute Lesen des eigenen Textes. Kürzen und Neu-Formulieren dürften bei biographischen Werken wichtig sein.

Eventuell kannst Du ja kürzere Texte auch mal in die Leselupe stellen - manchmal bekommt man sogar hier hilfreiche Anregungen :)

Generell ist es aus verständlichen Gründen schwer, autobiographische oder überhaupt biographische Romane bei einem Verlag unterzubringen. Bei Biographien über bekannte Persönlichkeiten hilft manchmal der Zeitgeist, das Buch zu verkaufen - aber wen interessiert das Leben eines Herrn Meier? - Hier spreche ich einfach als Buchverkäufer, nicht als Leser :)

Der Verlag sollte bereits ein Programm in dieser Richtung anbieten und möglichst bereits ein Clientel bedienen, sonst wirst Du als einzigen positiven Effekt der Veröffentlichung ein gedrucktes Buch für den Bekannten- und Verwandtenkreis in der Hand halten...
 
L

loona

Gast
Hallo Dirk...

ich kenne keine Literatur über das Schreiben von Autobiographischen Texten - habe allerdings auch noch nie Ausschau danach gehalten. (Aber wäre es nicht ein Widerspruch, die Autobiographie als Niederschrift der eigenen Persönlichkeit nach Regeln betreiben zu wollen? Nur mal in den Raum gestellt...)

Ich arbeite gerade an einem Buch, daß sich ausschließlich mit biographischen Erlebnissen befaßt. Teilweise als Interviewende (was es sehr schwer macht, aus der naturgegebenen Distanz einen dem Menschen "entsprechenden" Text zu erschaffen).
Der Widerstreit zwischen emotionaler Bindung zum Inhalt und auch dem gewählten Stil mit möglichen technischen / publikumswirksamen Sichtweisen ist gerade bei der Autobiographie sehr, sehr ausgeprägt, so daß es lax gesagt auf Deine innere Reife ankommt, wie gut Du mit möglicherweise auftauchender Kritik umgehst (ist es das nicht immer? ;-) ) - Ich habe (um auf die persönlichen Erfahrungen zurückzukommen) im Gegensatz zu den fiktiven Texten, bei den autobiographischen Stücken niemanden an den Text heran gelassen (bisher, ich weiß, daß das beim Buch anders werden wird / muß). Obwohl ich sehr gute Erfahrungen mit dem Überarbeiten meiner Fiktionen gemacht habe, konnte ich die Reife wohl noch nicht aufbringen *zwinker*. Letztendlich weiß ich, daß es vertrauensvolle Zusammenarbeit sein muß, egal, ob Fiktion oder Bio... Und wetten: wenn nicht Biographie drüber steht, nehmen das Buch mehr Leute in die Hand? ;o) Trotzdem sind Biographien Unbekannter auch verkaufbar, wenn das Leben nur außergewöhnlich genug war oder auch nur außergewöhnlich genug erzählt wird...

Ich erinnere mich an eine Lesung: Jutta Hoffmann trägt Walter Bauer vor (ein Merseburger, Jahrgang Anfang des 20. Jhdts., der nach dem 2. Weltkrieg nach Kanada ausgewandert ist und dort rückblickend zum Einen Kindheitserinnerungen aufschrieb, aber auch hochinteressante Reflektionen über Heimat und Fremde) - aber kennst Du Walter Bauer?

Es grüßt

loona, die Dir Mut wünscht!
 



 
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