Begegnungen I
Im Wortstamm fest eingebunden und mir gleich als erstes ins Auge springend - gegen - sich gegenüberstellen, die Zweiheit, das Getrennt-voneinander-Spüren. Zwei autonome Wesen tauschen Blicke, Worte, nehmen die Gesten des anderen wahr. Manchmal genügen Bruchteile von Sekunden, ein tiefer Blick in die Augen, ein Vertraut sein steigt auf - jetzt gibt es kein Gegenüber mehr, sondern nur innige Verbundenheit, ein Berührt sein, ein Sich-eins-Fühlen, das wärmt und ein Lächeln auf die Lippen zaubert - ein Verstehen ohne Worte. Worte würden nur trennen. Solche Momente sind kostbar, klingen lange nach, sind wärmende Erinnerung, nur langsam verblassend.
Die Begegnung hat Seiten in mir wach gerufen, die mir unbekannt waren, die entdeckt und gelebt werden wollen. Unsicherheit ist entstanden, der scheinbar feste Boden unter den Füßen schwindet. Das Fallen bekommt eigene Gesetzmäßigkeiten. Ein völlig neues Wachsein und ein Zurückweichen vor allem zu früh Festwerdenden entwickeln sich.
Das Lichtvolle, Wärmende zieht mich in deinen Bann, es kommt aus den Häusern und wird von den Blättern der Bäume gehalten. Ich bin daheim, fühle mich geborgen. Ich spüre ein liebevolles Auf- und Angenommen sein und zugleich eine aufkeimende Kraft für Kommendes.
Im Schatten der Platanen verweilend, beobachte ich einen Regenbogen, geboren im Wasserstrahl hoch über dem See, den Farbenreigen tanzend. Tauben werfen mir scheele Blicke zu und fliegen davon. Zwei ältere Paare sitzen auf der Bank - ihr Lachen übertönt das Rauschen des Wassers.
Ein Obdachloser liegt schlafend auf der Wiese, neben ihm eine leere Schnapsflasche.
Begegnungen II
Warum antwortet Laura nicht,
warum geht sie nicht an das Telefon?
Ich erhoffe mir Anregungen aus dem Gespräch,
bekomme sie nicht,
werde nicht gebraucht,
nicht als Zuhörende,
nicht als Fragende.
Vorgestern hat sie versucht,
ihr Verhalten zu erklären.
Ihre Worte haben mich nicht erreicht.
Soll ich lernen zu geben,
ohne von dem Gegenüber etwas zu erwarten?
Oder bin ich zu abhängig von dem,
was Laura mir sagt?