das Fleisch der Bäume
Hallo Hella,
ah, ich kenne diese schrecklich nackten Anblicke. Beschnittene Bäume - ich habe auch ein Bild vor mir, wie hiesige große Gehölze so tief zurückgeschnitten waren (was ja eine gärtnerisch sinnvolle Maßnahme sein mag wie auch bei den Bäumen die verschiedenen Schnitte zu unterschiedlichen Zielen), dass ich in diesen beinahe anklagend hochgestreckten dicken Ästen Beinstümpfe zu sehen glaubte, Kriegsverletzte.
Du sprichst von Armamputierten. Das allerdings verwirrt: entweder sind es Kraken - dann haben sie noch Arme. Oder sie sind armamputiert, dann können sie nicht mehr als Krakenbild wahrgenommen werden. Irgendwas irritiert mich da. Müsste es nicht auch Riesige Kraken / morsen armamputiert / SOS ?
Für mein persönliches Empfinden reichen die beiden starken Bilder - das "weiße Fleisch der Bäume" und "blinde Holzaugen" sowie der "gerodete Grund", der einen Eindruck von Leere vermittelt aus, um die Szene entstehen zu lassen. Ich würde auf die Kraken verzichten, die Strophe weglassen.
Ebenso die "Helfen"-Strophe.
Die Schreckensstrophen - dann die Hoffnungsstrophe zum Schluss, die dem Gedicht eine weitere, philosophische Ebene öffnet, wären für mich als Leser sehr konzentriert und in sich schlüssig.
Du hast das Gedicht aus der Sicht, der Perspektive des "Wanderers" geschrieben. Mmh. Das ist natürlich Stil- und Geschmackssache - für mich ist der Wanderer eine typische Figur aus früheren Zeiten und früheren Gedichten, meist eine heile Menschenfigur in einer heilen Natur darstellend. Insofern hast Du damit eine heile (Wanderer-)Welt und scheinbar zerstörte, anklagende Naturwelt gegenübergestellt.
Ich könnte mir das Gedicht aber sehr gut auch aus der Ich-Perspektive vorstellen. Nicht ein Wanderer - "ich" erschrecke über blinde Holzaugen ... - Dann ist auch die Metaebene - neuer Saft, neues Leben, neuer Sinn - direkt auf dies Ich bezogen.
Sonntagsgrüße vom Jongleur
Vergessen zu sagen: die letzte Strophe gefällt mir super!
Ich hätte auf meine knappe Art zwar nur vom "bald wächst neuer Sinn" ohne "ein" gesprochen, aber egal wie, ist schön gelöst, neuer Saft, neuer Sinn! Aus diesem Naturbild heraus, es "wächst" neuer Sinn, einfach stark!