Blick in den Abgrund

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Label

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Hallo Eberhard Schikora

den Blick in diesen Abgrund hast du klar gezeichnet.

Abgründe, eigene, oder die von nebenan, erfordern sicheren Halt, sobald man sie wahrnimmt.
Sonst wird man schwindlig und sucht nach irgendwelchen Gründen. ;)

Ein Thema, das mich auch immer wieder mal beschäftigt.

sehr gut gefällt mir "Sklave seiner Neigungen" "lichte Momente sind grausam"

mit einem lieben Gruß
Label
 
Hallo label!

Ich war von Deinem Kommentar angenehm überrascht. Ich hatte schon befürchtet,man würde mir vielleicht wieder Mangel an Lyrik vorwerfen, da man mein Erzeugnis auch als Prosa-Gedicht bezeichnen könnte. Hier schwimme ich echt. Mich würde hier Deine grundsätzliche Meinung zu dieser Frage interessieren.
Ich glaube, es gibt einfach keine klare Abgrenzung.

Lieben Gruß
Eberhard
 

Thylda

Mitglied
Lieber Eberhard

Ein Zitat, das mir bei beobachtetem Alkoholgenuß oft einfällt ;) :

„...Weise sagen: Vieles Denken
muß der arme Kopf entgelten;
weil er Durst und Kopfweh haßte,
trank er gern und dachte selten...“

aus Dreizehnlinden von Weber

Vielen Dank für dieses Gedicht :)

Liebe Grüße
Thylda
 
Hallo Thylda!

Ich danke Dir sehr für die lustige Behandlung des tieftraurigen Themas.
Eben habe ich Dir auch für Dein Werk 'Lyrische Prosa' (Forum Lupanum) gedankt, das bei mir einige Unklarheiten beseitigt hat, zu denen ich auch label befragt hatte (siehe vorstehemde Antwort).
 

Thylda

Mitglied
Lieber Eberhard

Trauer und Witz sind die verschiedenen Seiten der gleichen Münze. Wenn zum Beispiel zwei Menschen beide im Frühjahr Tomatensamen in einen Blumentopf gesteckt, sich den ganzen Sommer hingebungsvoll gießend und jätend gekümmert haben, kann es sein, daß, wenn beide Töpfe herunterfallen und zerspringen, der eine weint und der andere lacht. Es ist die gleiche Realität. Der Eine nimmt sie an und weint. Der Andere distanziert sich und lacht darüber.

Lyri ist Sklave seiner Neigungen und läßt sich davon in den Abgrund ziehen. Er könnte genauso eine Saufnase sein, die Schultern zucken und sagen "ist halt so. Ich trinke öfter mal einen über den Durst, na und?" Damit will ich weder Alkoholismus schönreden noch dazu einladen. Der Abgrund dieses Lyris in Deinem Gedicht wird durch seine Schuldgefühle und Selbstkasteiung nur noch unüberwindlicher.

Ich wohne in einer Gegend, in der mit Alkoholgenuß in einer Weise umgegangen wird, mit der ich Nichts anfangen kann. Es ist hier fester Bestandteil der täglichen Kultur und wird entspannter gesehen, dafür sind manche Abgründe deutlich tiefer. Ich habe beobachtet, daß Schuldgefühle die Abwärtsspirale nur beschleunigen. Dein Gedicht ist als Beschreibung dessen eine Punktlandung.

Der Weg heraus muß wohl das Eingestehen der eigenen Schwäche beinhalten. Vielleicht ist das einfacher, wenn man es komisch sieht? Ich habe mich beim Beobachten vom Entsetzen zu mehr Akzeptanz dieses anderen Lebensstils durchgerungen und versuche es heiter zu sehen, während ich gleichzeitig hoffe, daß meine Kinder die Größe haben werden, im Zweifel "nein Danke" zu sagen.

Liebe Grüße
Thylda
 
Liebe Thylda!

Ich habe beobachtet, dass Schuldgefühle die Abwärtsspirale nur beschleunigen.
Ich danke Dir für diesen aufbauenden Satz. Ich bin kräftig dabei, diese Schuldgefühle in meine Werke zu verlagern. Klingt paradox, aber sie bescheren mir fruchtbares Schaffen. Siehe z.B. meine Werke 'Demontage' und 'Auch ein Dichterproblem". Wenn auch das reale Geschehen ganz erheblich vom fiktiven abweicht, sind Schuldgefühle oft recht gute Initialzünder für Ideen.
Vielen Dank auch noch für das Tomatensamen/Blumentopf-Gleichnis.

Liebe Grüße
Eberhard
 

Thylda

Mitglied
Lieber Eberhard

Ja, die Schuldgefuehle sind oft das, was einen treibt. Nur wohin treibt es uns?

Schuldgefuehle sind ein gutes Korrektiv, um sich selbst wahrzunehmen und zu verbessern. Anhalten, analysieren, handeln, statt nur reagieren. Denn das blosse Reagieren treibt uns erst in die wirklichen Probleme. In der unreflektierten Reaktion ist keine echte Entscheidung moeglich, gleichwohl wird sie aber als eigene Entscheidung angekreidet. Aus diesem Zirkel muss man heraus. Wenn man in den Fehlern einen Freund sieht, der einen lehrt, wie man von jetzt an besser handelt, hoert die Abwaertsspirale auf.

Liebe Gruesse
Thylda
 



 
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