Bye, bye Michael Klaus

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O

Open Mike

Gast
deine Umwandlung des Satzes mit dem Gas, gefällt mir auch.
Sagt es aber nicht dasselbe?
Wie bereits angemerkt, in der Version
Zum Schluss ist das Leben aus ihm geströmt wie aus einem weit geöffneten Gashahn.
strömt aus dem Gashahn auch das Leben und nicht nur das Gas.
Jenes Atemgift im Zusammenhang mit Klaus' Tod als Leben zu bezeichnen, klingt bestenfalls zynisch.

Es war halt für Michael eine neue Idee.
So lässt sich's auch verstehen.
Er könnte jedoch ebensogut gesagt haben:
"Ich arbeite an einem neuen Projekt."
Zumal das Ich wenig später "Ideen" zu liefern verspricht.

Ich grübele darüber nach, was du damit meintest, der Stoff sei frisch aus dem Alltag!
Ich schrieb:
"Der Stoff wirkt wie frisch aus dem Alltag, unbearbeitet, aber das soll er wohl auch."

Im Tagebuch würde der Text an Wirkung verlieren.

bluefin schrieb:
dass irgendwo anders auf der welt schon mal jemand im glashäuschen saß, lieber @frank, wissen wir alle. ich find's in deinem text deshalb etwas besonderes, weil's in der krankmachenden zechenluft rüberkommt wie ein schutz, den's gebraucht hätte, um am leben bleiben zu können
Wo Münchner noch immer "krankmachende Zechenluft" wittern, herrscht heute die Atmosphäre eines ganz normalen Kulturtempels.

@elisabeth hat's vor kurzem auf den punkt gebracht: man muss nicht nur schreiben, sondern auch lesen können, sagte sie.
Ihr zwei müsst es ja wissen.

om
 
B

bluefin

Gast
was heute wo herrscht, lieber @mike, kann dahinstehen.

aufmerksame leser bringen den husten des verstorbenen mit sowas ähnlichem wie einer staublunge in verbindung, wenn schon von einem bergwerk die rede ist. es soll vorgekommen sein, dass autoren (ganz gleich, ob reale oder fiktive) ihr schicksal mit in ihre texte einfließen ließen.

ein glashäuschen gilt mir nur als verpackung. und eine verpackung ist etwas so profanes, dass man sich damit nicht besonders aufhalten und behaupten sollte, eine solche habe man schon einmal irgendwo anders bemerkt...*giggle*...worauf's ankommt, ist nicht die tüte, sondern der inhalt.

mag sein, dass du solches nicht aus dem text herauszulesen vermagst. und auch mit dem gashahn wenig anfangen kannst: es geht nicht um gas, sondern um's geräusch, das beim ausatmen entsteht. und um das bild, dass eine seele den körper dabei verläßt.

gewiss, solches vorstellungsvermögen braucht zeit und fantasie: mindestens soviel, wie der autor beim ausdenken und hinschreiben brauchte.

und die hat halt nicht jeder, wie @elisabeth schon sagte.

liebe grüße aus münchen

bluefin
 
O

Open Mike

Gast
bluefin schrieb:
ein glashäuschen gilt mir nur als verpackung. und eine verpackung ist etwas so profanes, dass man sich damit nicht besonders aufhalten und behaupten sollte, eine solche habe man schon einmal irgendwo anders bemerkt...*giggle*...worauf's ankommt, ist nicht die tüte, sondern der inhalt.
Ein Performer wurde sagen: Ist ziemlich altbacken diese Unterscheidung.
Nicht umsonst sprach ich von einem Rahmen.

mag sein, dass du solches nicht aus dem text herauszulesen vermagst. und auch mit dem gashahn wenig anfangen kannst: es geht nicht um gas, sondern um's geräusch, das beim ausatmen entsteht. und um das bild, dass eine seele den körper dabei verläßt.
Mein Einwand galt weder dem Hahn noch dem Geräusch, sondern allein dem Leben, das laut Text aus jenem Gashahn strömt. Was Sie (als talentierter Leser) auch nach dreimaliger Wiederholung nicht unbedingt erfassen müssen.

om
 
B

bluefin

Gast
mein lieber mike, dein versuch, @ralfs text mit
Jene Schauspieler in Käfigen lassen an Fusco & Gómez-Peña denken. Und an Performern, die jeden Vorübergehenden mit Texten malträtieren, herrscht wohl auch kein Mangel. Das Prinzip der Narration gilt als ein wesentlicher Zug des postdramatischen Theaters.
Wirklich neu ist der Rahmen dieser Idee – bei allem Respekt vor Klaus' sonstigem Œuvre – also nicht.
Mit anderen Worten: Das Neue daran stärker herausstellen.
schlecht zu machen, geht doppelt daneben: zum einen s. das bereits von mir angemerkte (vielleicht solltest du dich noch darüber aufregen, dass die vermittlung von botschaften via sprache geplant war und du schon mal irgendwo bei irgendwas zugehört hattest?), zum anderen ist mir kein szenario bekannt, wo unter tage aus dem glashäuschen heraus rezitiert worden wäre. und wenn schon: es ist das vorhaben eines im sterben liegenden protagonisten. du solltest ihm deine vorwürfe daher, wie das lyrich den bleistift, ins grab hinterher werfen...*giggle*...

gute texte wie der hier vorliegende leben von der andeutung, nicht von plattgewalzter herausstellerei; einmal nicht plumpe aneinanderreihnung sinnfrier versatzstücke, sondern glieder einer kette. schön, nicht?

zum gashahn sag ich besser nix mehr. es wär eh vergeblich.

amüsierte grüße aus münchen

bluefin
 

Ralf Langer

Mitglied
Bye bye Michael Klaus

Seine Stimme am Telefon war wie früher. Gewaltig tief, aufrührend und beruhigend zugleich.
Eine Stimme, wie ich sie gerne als Kind gehört hätte, zu einer Zeit, als Blitz und Donner mich noch die Bettdecke über den Kopf ziehen ließen. Eine Stimme, wie jeder Vater sie haben sollte. Aber es gab sie nur einmal.
Und ich sage also:
„ Mensch Michael, schön dich zu hören.“
Und ich kriege ein schlechtes Gewissen, weil jetzt schon wieder der Kranke beim Gesunden angerufen hat. Weil ich schon wieder verschoben hatte, ihn zu besuchen.
„ Ich arbeite an einer neuen Idee“, sagt er und hustet.
„Wird in der Zeche Zollverein stattfinden.“
Er hustet wieder.
„Schauspieler, die in Glaskäfigen sitzen, erzählen den Vorübergehenden von mir geschriebene Texte, über die große Liebe! Wird Teil der Kulturhauptstadt 2010.“
Ich versprach ihm vorbei zu kommen. Ideen zu liefern. Am liebsten was Eigenes, hatte er noch gesagt.
„ Große Liebe“, lachte ich ins Telefon.“ Kein Problem“ und legte auf.
Zwei Tage später war er tot. Zum Schluss ist das Leben aus ihm geströmt wie aus einem weit geöffneten Gashahn.
Ich habe ihm noch Zettel und Stift ins Grab geworfen.
Große Liebe, dachte ich , das ist doch das Leben.
 

Ralf Langer

Mitglied
Bye bye Michael Klaus

Seine Stimme am Telefon war wie früher. Gewaltig tief, aufrührend und beruhigend zugleich.
Eine Stimme, wie ich sie gerne als Kind gehört hätte, zu einer Zeit, als Blitz und Donner mich noch die Bettdecke über den Kopf ziehen ließen. Eine Stimme, wie jeder Vater sie haben sollte. Aber es gab sie nur einmal.
Also sagte ich:
„ Mensch Michael, schön dich zu hören.“
Und ich bekam ein schlechtes Gewissen, weil jetzt schon wieder der Kranke beim Gesunden angerufen hatte. Weil ich schon wieder verschoben hatte, ihn zu besuchen.
„ Ich habe ein eues Projekt“, sagte er und hustete.
„Wird in der Zeche Zollverein stattfinden.“
Er hustete wieder.
„Schauspieler, die in Glaskäfigen sitzen, erzählen den Vorübergehenden von mir geschriebene Texte, über die große Liebe! Wird Teil der Kulturhauptstadt 2010.“
Ich versprach ihm vorbei zu kommen. Ideen zu liefern.
"Am liebsten was Eigenes",
hatte er noch gesagt.
„ Große Liebe“, lachte ich ins Telefon.“ Kein Problem“, und legte auf.
Zwei Tage später war er tot. Zum Schluss ist das Leben aus ihm geströmt wie aus einem weit geöffneten Gashahn.
Ich habe ihm noch Zettel und Stift ins Grab geworfen.
Große Liebe, dachte ich , das ist doch das Leben.
 

Ralf Langer

Mitglied
Bye bye Michael Klaus

Seine Stimme am Telefon war wie früher. Gewaltig tief, aufrührend und beruhigend zugleich.
Eine Stimme, wie ich sie gerne als Kind gehört hätte, zu einer Zeit, als Blitz und Donner mich noch die Bettdecke über den Kopf ziehen ließen. Eine Stimme, wie jeder Vater sie haben sollte. Aber es gab sie nur einmal.
Also sagte ich:
„ Mensch Michael, schön dich zu hören.“
Und ich bekam ein schlechtes Gewissen, weil jetzt schon wieder der Kranke beim Gesunden angerufen hatte. Weil ich schon wieder verschoben hatte, ihn zu besuchen.
„ Ich habe ein neues Projekt“, sagte er und hustete.
„Wird in der Zeche Zollverein stattfinden.“
Er hustete wieder.
„Schauspieler, die in Glaskäfigen sitzen, erzählen den Vorübergehenden von mir geschriebene Texte, über die große Liebe! Wird Teil der Kulturhauptstadt 2010.“
Ich versprach ihm vorbei zu kommen. Ideen zu liefern.
"Am liebsten was Eigenes",
hatte er noch gesagt.
„ Große Liebe“, lachte ich ins Telefon.“ Kein Problem“, und legte auf.
Zwei Tage später war er tot. Zum Schluss ist das Leben aus ihm geströmt wie aus einem weit geöffneten Gashahn.
Ich habe ihm noch Zettel und Stift ins Grab geworfen.
Große Liebe, dachte ich , das ist doch das Leben.
 



 
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