Chaconne

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vicell

Mitglied
mein lieber mumpf, schau doch mal bitte auf das veröffentlichungsdatum dieses textes.
märz 2004.
denkst du wirklich, dass ich seit diesem datum an diesem text (oder auch an anderen) nicht mehr gearbeitet habe oder gar textarbeit verweigere, nur weil ich es versäumt habe, ihn hier in der lupe "upzudaten"?

sorry, aber das ist jetzt nicht dein ernst, oder.

und im übrigen, beleidigt an den fingernägeln knabbern ist auch nicht so mein ding, weil ich a) eh kurze nägel hab und b) kettenraucherin bin.
soll heißen, bei solchen nettgemeinten kommentaren zünd ich mir erst mal ne kippe an und meditier ein wenig. ;)

hab jetzt übrigens die aktuelle und gekürzte version reingestellt.

lies sie dir doch einfach noch mal durch, wenn du magst.

labilen gruß,
die vic

p.s.

@vicell

quote:ich lass mich nur einfach nicht mehr auf solche diskussionen ein, dafür bin ich viel zu labil ... künstler eben ... *seufz*


was genau meinst du mit 'solche'?

willst du mir sagen das du zu labil für kritik oder zu labil für arbeit am text bist?
@mumpf: das war übrinx ironisch gemeint. so was kommt auch mal vor, tschuldigung, wenn ich mich unklar ausgedrückt habe. das leben ist aber auch manchmal nicht einfach, was.

@doska: vielen dank. freut mich, wenn ich in dir etwas auslösen konnte.
 

Doska

Mitglied
Hallo Vicell!
Ja, das hast du. Diese Erzählung hat mir große Freude bereitet, und darum werde ich gleich noch eine Geschichte von dir lesen.
Hallo Mumpf!
Klar sollte hier konstruktive Kritik geleistet werden.Aber du schei...(entschuldige schon mal den Ausdruck) hier jemanden regelrecht zusammen. Vielleicht ist dir das gar nicht bewusst und darum liste ich dir mal alle diese Worte auf:
Mumpf: Der text wimmelt von ungereimtheiten und verschrobenen versuchen intellektuell daher zu kommen- haarsträubend!
Meine Meinung: He, wenn es nur so wimmelt, müsstest du das auch alles haarklein beweisen!
Mumpf: immerhin - sehr gute bewertungen. wofür verehrte bewerter?
Meine Meinung: Damit drückst du aus, dass wir völlig falsch bewertet haben und dass der Text im Grunde gar nichts taugt.
Mumpf: wird ein text besser wenn ihn moderatoren loben? (ohne richtig zu lesen?)
Meine Meinung: Damit drückst du aus, dass ausschließlich Moderatoren Vicells Erzählung bewertet haben- ich bin aber gar keiner- und du behauptest, dass wir nicht richtig lesen können.
Mumpf: um ihn zumindest sprachlich akzeptabel zu machen.
Meine Meinung: Das Wörtchen ZUMINDEST drückt abermals aus, dass die Geschichte auch ansonsten schlecht ist und wir völlig falsch bewertet haben.
Mumpf: wenns auf gesittete art und weise passiert.
Meine Meinung: Wo bist du mit dieser Geschichte gesittet und konstruktiv umgegangen?
Mumpf: beleidigt an ihren fingernägeln knabbert, weil es kritisiert wird,
Meine Meinung: Dieser Satz ist sogar beleidigend.

Klar, ist es gut auf Fehler aufmerksam zu machen, doch in solch einer Weise sollte man es nicht tun. Das hilft uns nur sehr wenig weiter und HELFEN wollen wir uns doch hier alle - oder?
 

flammarion

Foren-Redakteur
Teammitglied
Korrekturvorschläge:

da es dir ja nichts ausmacht, wenn ich dich öffentlich an . . .

Chaconne
Veröffentlicht von vicell am 02. 03. 2004 12:32
Stumm beobachtete er den kleinen Vogelschwarm, der sich aus dem Geäst einer Pappel erhob und nach einem [red] kurzem [/red] (kurzen) Rundflug und einer scharfen blitzschnellen Wendung zurückkehrte und lärmreich die Zweige bevölkerte.
Johann bewunderte die Perfektion und Anmut dieses sorgfältig choreographierten Vogelfluges und spürte in sich ein süßes Gefühl der Ruhe.
Entspannt lehnte er sich zurück(Komma) [red] genoß [/red] (genoss) die sanften und warmen Regentropfen auf seinem Gesicht.

Er spürte die hastig nahenden Schritte, bevor die rufende Stimme an sein Ohr drang.
„Johann!“
Unwillig drehte er den Kopf und richtete sich auf.
„Mein Gott, wo hast du so lange gesteckt?“
Johann griff nach den Händen seiner Schwester, die nun neben ihm auf der feuchten Erde kauerte und schaute wieder auf den See.
Anna lehnte sich kurz an ihn und schwieg. Der Regen glättete ihre vom Laufen geröteten Wangen und spielte ihr ein leises Lied. Sie schloss die Augen.
„Und, hast du ihn gesehen?“(Komma) unterbrach Johann schließlich den Regen und zwang die Gedanken der Schwester wieder in den Alltag zurück.
„Er wartet auf dich.“(Komma) erwiderte Anna langsam.
„Damit du es weißt. Ich werde nicht spielen.“(Komma) sagte Johann und schaute dabei weiter auf den kleinen See, in dem sich die Schatten der nahenden Dämmerung spiegelten.
Anna sprang auf.
„Das kannst du nicht tun! Du musst doch spielen!“ Sie starrte ihn an.
„Ich tue, was ich will.“ Der Bruder blieb unbarmherzig.
„Johann, er wird dich dies nie vergessen lassen, wenn du dich weigerst, vorzuspielen!“
Johann hob nun den Kopf und betrachtete seine Schwester nachdenklich.
„Spiel du für mich. Du bist ohnehin die Bessere.“(Komma) [red] Bat [/red] (bat) er sie plötzlich.
„Was? Wie meinst du das? Ich kann nicht für dich spielen! Das würde er niemals dulden! Und das weißt du sehr genau! Du bist außerdem der einzige, den Vater auf seiner Geige spielen lässt! Und sie kommen doch, um dich zu hören ...“ Anna verstand ihren Bruder nicht mehr.
Johann seufzte leise und stand langsam auf.
„Lass uns gehen. Es ist schon spät.“ Er schaute sie nicht mehr an und lief mit schnellen Schritten zum Haus des Vaters zurück, ohne sich nach ihr umzudrehen.
Anna folgte ihm hastig und sah, während sie beide durch den Wald eilten, unentwegt auf den schmalen und geraden Rücken des Bruders. Wie sehr sie ihn liebte! Seit sie in der Lage war, sein Geigenspiel auf dem Flügel zu begleiten, hatte sich ihr Leben verändert.
Von früh an war der Vater ein strenger Zuchtmeister gewesen und hatte seine beiden musikalisch hochbegabten Kinder täglich den Preis des Musizierens spüren lassen.
„Ohne Schmerz kein Erfolg ... “
Dieser Grundlinie hatte er mit seinem Stock schmerzhaften Nachdruck verliehen und unbarmherzig schlug der Stock den Takt und die Finger der Kinder wund.
„Im Takt bleiben! Im Takt bleiben!“(Komma) schrie die dunkle Stimme aufgebracht und kontrollierte penibel die Intonation.
Unauslöschlich hatte sich Anna der Tag eingeprägt, als ihr Bruder dem Vater zum Geburtstag die berühmte „Chaconne“ in D-Moll von J. S. Bach vortragen wollte, an der er seit Wochen heimlich geübt hatte, und [red] dessen [/red] (deren) Interpretation ihr vollkommen zu sein schien. Doch schon nach wenigen Takten hatte der Vater ihn unterbrochen und dem sprachlosen Jungen den Geigenbogen aus der Hand gerissen.
„Was spielst du da?“ Die Stimme des Vaters[blue] hatte leise und kaum hörbar geklungen[/blue] (war leise und kaum hörbar).
Johann stand stumm da, dem übermächtigen Vater ausgeliefert.
„Was spielst du da??“(Komma) schrie sein Vater [blue] den Jungen [/blue] (ihn) an. Die Luft schien zu erkalten und der väterliche Zorn ergoss sich über seinen Sohn, der seine Geige fest an sich drückte und wie ein Verurteilter vor der großen Gestalt des Vaters stand.
„Wie kannst du es wagen, dich an diesem Stück zu vergreifen, dieses, dieses wunderbare Meisterwerk! Du spielst es ohne Seele und ohne Präzision. Das ist nicht Bach!“ Die Stimme des Vaters dröhnte in ihren Ohren.
Annas Hände zitterten bis heute bei dieser Erinnerung, so, als hätte der Vater sie persönlich geohrfeigt. Sie hatte damals Angst, dem Blick des Bruders zu begegnen. Johann hatte darauf nichts erwidert, sondern behutsam die Geige eingepackt und mit lautlosen Schritten das Zimmer verlassen.
Von dem Tag an schwieg Johann nur noch und ertrug kommentarlos die Übestunden mit seinem Vater, der es sich zur Aufgabe gemacht hatte, seine beiden Kinder zu perfekt funktionierenden Musikern zu erziehen. Nach dem frühen Tod der Mutter war es ungewöhnlich, dass der erfolgreiche Geiger seine Kinder nicht auf ein Konservatorium schickte oder auf ein Internat, aber es vertrug sich nicht mit dem Ehrgeiz des Vaters, die musikalische Erziehung und Prägung seiner Kinder anderen zu überlassen. So blieben Johann und Anna zu Hause, es wurde Privatunterricht erteilt und beide Kinder genossen eine exzellente musikalische Ausbildung.
Mit [red] großen [/red] (großem) Erfolg, wie sich bald herausstellte. [red] Joahnn [/red] vervollkommnete sein Geigenspiel unter der Aufsicht des Vaters und Anna entwickelte sich zu einer begabten und frühreifen Pianistin.
Doch niemals erlaubte der Vater (dem) Sohn, die Chaconne zu spielen. „Erst wenn deine Finger und deine Ohren soweit sind. Erst dann!“ So die väterliche Doktrin.

Johann spielte nie wieder ein Stück von Bach.

Beide akzeptierten stumm die Allmacht des Vaters und gehorchten und übten unablässig. In den langen Jahren des Eingeschlossenseins hatte sich ihr Geist an die Strenge der Disziplin und an dem ständigen Streben nach spielerischer Perfektion gewöhnt. Sie fühlten sich fremd und unwohl inmitten von lauten und lärmenden Menschen oder gleichaltrigen Kindern, die mit Musik nichts zu tun hatten. Mit ihren Instrumenten schufen sie sich ihr eigenes Reich und dieses Reich erschien ihnen als allgegenwärtiges Universum, welches ihnen keine Wünsche offen ließ.

Nur ein einziges Mal bekam die eiserne Schale einen Riss: am Tage der Beerdigung der über alles geliebten Großmutter.
Seit diesem Tag hatte sich etwas in Johann verändert. Es reichte aus, das Futteral seines Geigenkastens zu betrachten oder den Regen zu hören und dabei daran zu denken, wie er die Erde durchtränkte, oder den Geruch bestimmter Blumen zu spüren, die den Sarg geschmückt hatten, um in ihm ein unbestimmtes Gefühl der Sehnsucht auszulösen.
An solchen Tagen sah ihn Anna stumm am Fenster gelehnt stehen, die Augen blicklos ins Ungewisse gerichtet. Nie wagte sie es, ihn in diesen Momenten anzusprechen oder ihn zu stören, sie war sich nicht einmal sicher, ob er sie überhaupt hören würde.
Vielleicht erahnte sie den bohrenden Schmerz, der ihr den vertrauten Bruder immer öfter als Fremden zeigte. Vielleicht spürte sie unbewusst die Verfassung und den zunehmenden Konflikt zwischen Vater und Sohn, aber was wusste sie schon?
Seit mehreren Jahren wühlte und nagte es in ihr. Es war eine Zeit, in der sie sich von der Musik und ihrem Bruder im Stich gelassen fühlte.
Johann wurde immer abweisender und unzugänglicher. Er musste sich der unerbittlichen Präsenz des Vaters und der strengen Technik des virtuosen Geigenspiels stellen. Dennoch spürte er jenseits der vielschichtigen Melodie in seinen Träumen eine hartnäckige Stille, die ihn ausschloss. Diese Stille machte ihn rasend. Je mehr er übte und spielte, umso mehr schien sich das Ziel von ihm zu entfernen. Je mehr er sich nach Ruhe und Erfüllung sehnte, um so lauter tobte es in ihm.

Anna betrachtete immer noch nachdenklich ihren Bruder, der unaufhaltsam mit langen Schritten vor ihr her(getrennt)lief, so, als sähe sie ihn zum ersten Mal. Fest prägte sie sich die Gestalt des Menschen ein, den sie am meisten auf der Welt liebte und bewunderte. Denn ihr Bruder war [red] eine [/red][red] eine [/red] (ein) geigerisches Ausnahmetalent.
Und der Vater muss es schon viel früher erkannt haben, überlegte Anna. Welches Gefühl muss wohl stärker in ihm gewesen sein? Die Liebe und Bewunderung auf solch einen Sohn oder etwa Neid oder gar Hass, dass ein zwölfjähriges Kind mühelos in der Lage war, die „Chaconne“ zu spielen, ein Paradestück, welches für jeden Geigenvirtuosen einen Kraftakt und technisches Können ohnegleichen darstellte?

Anna wusste, wie sehr sich der Bruder danach sehnte, Lob und Bestätigung seitens des Vaters zu erhalten, doch es schien unmöglich.

Schon längst hatte sich Anna mit ihrer Beobachterrolle abgefunden und bereitwillig den ersten Platz dem Bruder überlassen. Sie war sich der eigenen Leistungen kaum bewusst, so sehr hatte sie sich in den Hintergrund manövriert und der Vater nahm es als selbstverständlich hin, dass die jüngere Tochter am Flügel einen exzellenten Eindruck hinterließ.

Aber Johann! Anna spürte den Schmerz des Bruders so deutlich, dass sie ihre eigenen Sorgen vergaß. Sie schaute wehmütig auf die Gestalt des Bruders und dachte an den kommenden Abend, der ihr Angst bereitete. Irgendetwas würde passieren, das ahnte sie.
Denn Johann war nicht mehr zwölf Jahre alt. Und erst recht kein Junge mehr, der sich herumkommandieren ließ. Er wirkte älter als seine siebzehn Jahre. Und der heutige Abend würde kein gewöhnlicher Abend werden. Es hatten sich mehrere bedeutende Gäste angekündigt, um Johann spielen zu hören. Ein [red] befreundete [/red] (befreundeter) italienischer Geiger, ein Wiener Musikkritiker und eine befreundete Baronesse, Anna hatte ihren Namen schon wieder vergessen. Natürlich war ihr klar, was es für Johann bedeuten musste,(besser Semikolon) auf solch eine Gelegenheit hatte er jahrelang gewartet.
Anna verdrängte die Furcht vor dem, was passieren würde, wenn Johann das Haus verließ,(besser Punkt) im Moment wünschte sie sich einfach nur, dass dieser Abend schon vorbei wäre.

Sie seufzte unhörbar auf, als Johann entschlossen die große Tür öffnete.
Die Geschwister traten in den dunklen Flur, der nur durch einen kleinen schwachen Lichtstrahl erhellt wurde und eilten in das große Musikzimmer, wo der Vater und seine Gäste bereits auf sie warteten.
Ein muffiger Geruch entströmte den strengen hohen Möbeln und den Wandteppichen, die an der Galerie zusammen mit den Ahnenbildern hingen.
Das Licht der untergehenden Sonne brach sich nun in den halb geschlossenen Fenstern, als die beiden das Musikzimmer betraten und der aus großen geometrischen Vierecken zusammengesetzte Fußboden im Musikzimmer knarrte bei jedem ihrer leisen Schritte.
Partituren, Noten und Bücher standen dicht(getrennt)gedrängt und ungeordnet in hohen Regalen und auf einigen Marmorsockeln waren Silberpokale und Medaillen zur Schau gestellt. Die Geschwister musterten die Gäste, die sich nun ihrerseits erhoben hatten und neugierig die Kinder betrachteten. Der Vater kehrte ihnen noch den Rücken zu, denn er war gerade dabei, seinem [red] hochgeschätztem [/red] (hochgeschätzten) Gast seine Musikinstrumentensammelung zu zeigen und zu erläutern. In seinem Besitz befanden sich einige äußerst kostbare und vollständig erhaltene alte italienische Geigen, darunter eine Cappa und eine Viola von den Gebrüdern Carcassi. Zudem besaß er ein wunderschönes altes Violoncello von Guarneri, welches sein Gast gerade bewundernd in den Händen hielt und vorsichtig nach allen Seiten hin drehte.
Johann grüßte kurz und verschwand dann in sein Zimmer, während Anna leise stehen(getrennt)blieb und die Gäste beobachtete, die sich gedämpft unterhielten. Sie fühlte sich etwas verlegen und scheu setzte sie sich auf einen Schemel im Hintergrund des großen Zimmers. Als Johann wieder ins Zimmer eintrat, fasste er kurz ihre Hand und drückte sie. In der anderen Hand hielt er seine Geige, die (im) Kerzenlicht matt glänzte.
Anna holte tief Luft und plötzliche Vorfreude auf das kommende Konzert durchströmte sie. Alle Blicke richteten sich [blue] nun [/blue] (überflüssig) auf den Jungen, der sich kerzengrade in der Mitte des Zimmers hinstellte. Das Licht fiel nun mit voller Stärke auf ihn.
Es wurde still im Raum, nur die Baroness neigte ihren sorgfältig frisierten Kopf mit einer solch merkwürdigen Gebärde leicht zur Seite, die Anna sofort an die Bewegung eines Vogels erinnerte. Kurz begegneten sich ihre Blicke und Anna erwiderte das freundliche Lächeln der elegant gekleideten älteren Dame.
Dann drang die leise Stimme ihres Bruders an ihr Ohr.
„Ich spiele die Chaconne.“
Ihre Hände verkrampften sich im Schoß und sie wagte es nicht, aufzublicken. Niemand sagte ein Wort. Nur Anna vernahm das scharfe Luftholen des Vaters, der sich steif hinsetzte. Johann hatte [blue] nun [/blue] (überflüssig) voller Konzentration die Augen geschlossen und seine Wange auf die harte Ebenholzmuschel seiner Geige gelegt.

Dann begann er zu spielen.
Die klagenden Akkorde der d-Moll Partita erfüllten mit klaren und durchsichtigen Strichen den Raum. Ganz am Anfang schien es ihr, als würde in seinen anfänglichen Bewegungen ein Hauch von kindlichem Trotz und Eigensinn durchschimmern, der(getrennt)selbe Eigensinn, den sie so gut an ihm kannte und den sein Vater trotz aller zuchtmeisterlichen Strenge nie aus ihm herausbekam. Doch je mehr Töne von Bach erklangen und in ihrer kühlen und ergreifenden Klarheit ein dichtes Klanggewebe schufen, umso mehr schien sich Johann äußerlich zu entfernen und sein Gesicht bekam eine unnatürliche Strenge und etwas völlig Unnahbares, welches Anna innerlich erschauern ließ. Jedoch konnte sie den Blick nicht vom Bruder wenden, der mit steifem Rückgrat und das Kinn mit einer Geste der Verachtung nach oben gerichtet hielt dastand und spielte und spielte.
Als die letzten Töne der „Chaconne“ verklangen, hatte Johann immer noch seine Wange auf seine Geige gelegt, so als wolle er ihren schwachen Puls ertasten.
Anna warf einen schnellen Blick auf die anderen, die sich nicht rührten. Kurz hatte sie den Eindruck, als ob die asketische Schönheit des soeben erklungenen Spiels die zuhörenden Menschen ihres Willens beraubt hätte.
Zumindest erschien ihr die Zeit zwischen dem letzten Ton dieser tadellosen Darbietung und dem begeisterten Applaus endlos. Anna bewunderte ihren Bruder und gleichzeitig verließ sie nicht ein unbestimmtes Gefühl der Unruhe, als sie den Bruder betrachtete, der mit großer Ruhe und Selbstsicherheit den lang(getrennt)ersehnten Moment der Revanche und der Bewunderung genoss.

Anna sah zu der großen Gestalt des Vaters hoch, der plötzlich vor ihr stand und sie zum Flügel schob.

„Spiel!“(Komma) befahl er mit rauer Stimme und drückte sie auf die Klavierbank. Anna starrte auf die weiß und schwarz schimmernden Tasten und ein tiefes Mitleid mit dem Vater und Johann erfasste sie, als sie leicht den Kopf wendete und in die erwartungsvollen Gesichter der übrigen schaute. Johann hatte sich hingesetzt und lächelte ihr zu.
Ihre Unruhe schwand und eine große Leichtigkeit breitete sich in ihr aus, als sie mit flinken Fingern in die Tasten griff. Während sie spielte, spürte sie den Blick des Bruders so intensiv wie noch nie auf sich ruhen und sie wurde größer und größer. Sie lachte und jubelte innerlich, denn sie wusste, dass sie diesen Abend so gut wie noch nie spielte und dieses [red] neues [/red] (neue) Bewusstsein gab ihr ungeahnte Kraft und Sicherheit.
Fast wie im Traum improvisierte sie mit einer ihr neuen diabolischen Freude Variationen einer ungarischen Volksweise als Zugabe.

Weder vernahm sie den donnernden Applaus, der nun folgte, noch hörte sie die anerkennenden Rufe des kleinen erlesenen Publikums, sie schaute ausschließlich auf den Bruder, der aufstand und auf sie zuging.

Beide schauten einander mit stillem Triumph an, einander so nah wie noch nie. Sie hatten gesiegt. Und als sie beide zusammen zu spielen begannen, Anna am Flügel und Johann auf der Geige, da verschwand für immer der Schatten des Vaters, und beide waren von dem Gefühl durchdrungen, jemand anders zu sein, ein Mensch, der in ihnen war und sie gleichzeitig in sich barg.


und noch mal zum Heulen schön!
lg
 

vicell

Mitglied
Liebe Doska, ich weiß nicht, ob das wirklich was bringt.
Mit sachlich - fundierter Kritik an meinen Texten kann ich leben, wenn zwar manchmal auch nur zähneknirschend, aber meistens klappt dat ganz gut *grins*

Allerdings hab ich so meine Problemchen mit obigen genannten Kommentaren und eindeutig unqualifizierten Meinungsäußerungen, bei denen mich der Verdacht beschleicht, dass weder der Text noch die anschließenden Kommentare richtig gelesen wurden.
Genau aus solchen Gründen lass ich mich nicht auf weitere "Diskussionen" ein, dafür ist mir schlichtweg die Zeit und meine Nerven zu schade ...

Also, entweder man mag Texte, entdeckt eine Affinität in ihnen, es entstehen Bilder beim Lesen, man fühlt sich angesprochen oder emotional berührt - wie auch immer, so etwas ist höchst unterschiedlich und kann natürlich nie erzwungen werden. Dafür ist der persönliche Geschmack viel zu individuell - gott sei dank.

Dass dir, mumpf, meine Art zu schreiben nicht zusagt und du sofort pauschale Urteile in einer dermaßen platten Art und Weise fällst, bei denen mir schon richtig schlecht wird, kann ich nun leider mal nicht ändern.

Lassen wir es hier also gut sein und widmen wir uns wichtigeren Dingen als dem schnöden "Literaturverriss" ... wie wärs mit ner Runde Cappuccino? (das war jetzt nicht ironisch gemeint)


euch allen noch was schönes,
die vic
 

vicell

Mitglied
wow.
da haben wir wohl gleichzeitig gepostet, vielen dank fürs erneute drübergehen, flammi!
ich geh mal schnell nachguggen.

;)
 

Doska

Mitglied
Hallo Flammarion,
solch eine Art wie du hier Kritik ausübst, das läßt sich wohl jeder gefallen. Ich, als Leser dieser wunderschönen Erzählung, bedanke mich jedenfalls sehr herzlich dafür und wünsche mir, dass alle so handeln mögen, wie du. Ich glaube dann wäre die "Leselupe" wirklich eine Seite, die Texte genauer unter die
" Lupe " nimmt und keine "Kotz- und Motzseite" so wie das manchmal den Anschein hat, denn so etwas vergraust auf Dauer Leute die selber nicht schreiben, hier mal nur reinschauen, sich gut unterhalten lassen wollen. He, möglichst viele Leser wollen wir doch haben oder nicht?
 

Mumpf Lunse

Mitglied
hallo vicell,
ich hab tatsächlich übersehen das der text bereits seit zwei jahren eingestellt ist.

somit viel lärm um nichts. ich bitte um entschuldigung. da hab ich mich offensichtlich etwas verrannt.

der text, so wie er jetzt hier steht ist mit genuss zu lesen.

einiges möchte ich trotzdem noch anmerken. als denkanstoss ...

beide Kinder genossen eine exzellente musikalische Ausbildung.
das genossen scheint mir ungeschickt (strenge, schläge...). ich würde es durch 'erhielten' ersetzen.

... welches für jeden Geigenvirtuosen einen Kraftakt und technisches Können ohnegleichen darstellte ...

das ist nicht ganz sauber formuliert.

das jedem geiger ein besonderes technisches können abverlangt und einen kraftakt ohnegleichen... usw.

geiger/geigenvirtuose - im virtuosen ist das besondere technische können eingeschlossen - sonst wär er ja kein virtuose


... während Anna leise stehen blieb und die Gäste beobachtete ...

mir schiene hier 'stumm' passender als leise. leise ist hörbar - sie steht ja nicht (leise) hörbar.


die '(getrennt)' von falmmarions korrektur würde ich noch löschen. ;)

einen entspannten tag
mumpf
 

Doska

Mitglied
Also Mumpf,
dass du das fertig bringst, dich zu entschuldigen, finde ich echt toll- Entschuldigen fällt mir nämlich immer besonders schwer - aber nun muss wohl noch Vicell etwas dazu sagen,hehe! Ich werde jedenfalls bei Gelegenheit mir auch mal deine Texte anschauen, denn ich bin neugierig geworden.
Liebe Grüße
Doska
 

vicell

Mitglied
So ihr Lieben,

euch allen noch mal ein großes Dankeschön fürs Lesen & Kommentieren!

@mumpf: ich hab deine Anmerkungen gleich mal frecherweise übernommen, wenn du gestattest. freu mich wirklich sehr, dass die jetzige (und zugegebenerweise technisch viel saubere Version) deine Zustimmung erhalten hat.
und egal, wie man nun aufeinander einhackt, also ich denke, zumindest meine geschichte hat davon technisch und stilistisch gar nicht mal so schlecht profitiert *lächel*

und das ist ja wohl auch die hauptsache, was?

ich würd vorschlagen, wir gehen jetzt erstmal zusammen was trinken.

;)
 
B

Burana

Gast
Ja, dann geht mal alle einen trinken. Ich bin letztes Mal kurz drauf mit meinem Komm aus Deinem Thread geflogen... Dabei war der wesentlich netter als mancher andere hier. Na gut.
Liebe Grüße, Burana
 

vicell

Mitglied
Hm!

@burana: du hast recht. ich bin echt sauer. so ne aktionen find ich offengestanden ein wenig dreist und gedankenlos - habe noch nie verstehen können, warum kommentare, aus welchen nicht enrstzunehmenden gründen auch imma, der willkür zum opfer fallen müssen. komme mir offengestanden eher wie ein erziehungsobjekt als eine autorin hier vor. und abgesehen davon hast du schlichtweg deine meinung zum text geäußert - wieso wird so was gelöscht?

generell gehört nun mal plaudern und rumblödeln zum entspannten austausch - sowas lass ich mir von keinem nehmen. dies ist und bleibt ein SCHREIBforum und keine pseudoelitäre Literaturwerkstatt. Also, liebe forenredakteure, setzt eure toleranzlatte mal ein wenig höher und schraubt den "konstruktivekritikerwartungspegel" etwas tiefer. um unser aller willen.

[BITTE OBIGES NICH ELIMINIEREN; DIES IST KONSTRUKTIVE GEDANKEN BZW.TEXTARBEIT! DANKE.]

jut ... was dat trinken angeht, du bist herzlich willkommen in der illustren runde. habe allerdings feststellen müssen, dass gunterlein mehr bierfan is - egal, ich sauf weiter meinen rioja.
halbtrocken natürlich.
was nimmst du?

;)
 

Mumpf Lunse

Mitglied
ich glaub nicht, dass da was ausgeblendet wurde.

dann wärs gekennzeichnet.
ich glaub da ist irgendwie ein fehler passiert...technisch.
lg
gunter
 
B

Burana

Gast
So kann man es auch nennen. Jedenfalls war ich nett und bin trotzdem rausgeflogen.
Zweigelt, rot. Burgenland.
Seufzende Grüße, Burana
 

flammarion

Foren-Redakteur
Teammitglied
da

hast du dich sicher nur verklickt, burana. ausgeblendete koms werden markiert mit upps! ausgeblendet wegen . . .und so was wird nur bei sehr harten verstößen gemacht.
lg
 
B

Burana

Gast
Ich hab mich nicht verklickt - oder siehst Du hier irgendwo meine Komms???
 

Doska

Mitglied
Also,
das ist ja echt stark. Ich bin regelrecht entsetzt, denn ich habe Buranas Komm. auch gelesen. Der war auch MIR ganz aus der Seele gesprochen!
He, ihr Admins, warum wird schwungvolles aufeinander eindreschen gebilligt,jedoch schwungvolles loben nicht?
Schreiben wir hier unter einer besonderen Lupediktatur? Ich bin für Demokratie und finde das dieses Thema mal im Forum besprochen werden sollte.
 
B

Burana

Gast
Hallo Doska,
in der PE wird das immer wieder in der einen oder anderen Form besprochen. Wahrscheinlich ist dieses Forum dazu da, sich auszutoben und dann wieder abzuziehen und irgendwann neu drüber zu diskutieren. Jemand hat mal geschrieben, dass die LL keine Demokratie ist... scheint mir auch manchmal so.

@ vicell
Ich finde diesen Text nach wie vor sehr gelungen, und ich traue mich, das nochmal so zu sagen, wie ich es bereits formuliert hatte: diese Geschichte ist so virtuos geschrieben wie Johannes die Chaconne gespielt hat. Chapeau!
Liebe Grüße, Burana
P.S.: Bevor ich wieder mit meinem Komm rausfliege hätte ich gerne gewusst, warum.
 
Status
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