Das Aquarium (gelöscht)

B

bluefin

Gast
hallo @fides,

da es noch niemand gesagt hat: schön, dass zu zu uns gefunden hast!

und schön, dass du dir über ein aquarium gedanken machst.

allerdings enthält es ein paar ungereimtheiten:

- in einem "aquarium" ist es nie still: wasserpumpen, belüftung und das summen der lichtkondensatoren machen allerlei lärm

- das herz der fische schlägt nicht geräuschlos; dass wir es ausserhalb des aquariums nicht hören, ist unbenommen

- "gezeiten" ist ein bisschen missverständlich, weils in aquarien ja keinen tidenhub gibt

- die "hülle" hat stets die temperatur des kreislaufwassers. "kalt" kann sie also - wenn überhaupt - nur in bezug auf die zimmertemperatur sein. "abstrakt gewebt" ist sie keinesfalls: die beschuppung der fische folgt stets dem gleichen, logischen muster.

- die fische (auch die aquarienfische) wissen haargenau, was luft ist. ohne die ersticken sie, und wenn der sauerstoffgehalt im milieu zu sehr absinkt, kommen sie an die oberfläche und heben den kopf heraus. sie springen nach flugnahrung und überhaupt gerne heraus aus ihrem bassin, wenn sie eine öffnung finden

- einer der am stärksten entwickelten sinne der fische ist der geruchssinn. er ermöglicht es ihnen, schon mit ganz wenigen im wasser gelösten molekülen etwas anzufangen. sie riechen und schmecken alles - auch den unterschiedlichen "duft" aller algen und submerser blütenpflanzen.

- in der "tiefe" des wassers ist es nachts immer so stockfinster, dass nichts mehr wahrgenommen werden kann - nur "künstliche" lumineszenz. die sichtfänger ruhen alle, die nächtlichen räuber dagegen sind mit dem tast- und dem schon erwähnten geruchssinn unterwegs. und die träumen dann nur von einem: dass sie ein gutes fresschen finden.

natürlich könntest du jetzt einwenden, in deinem ganz persönlichen aquarium gelte das alles nicht. dann müsstest du aber von deinem ganz eigenen berichten und nicht so allgemein, wie geschehen.

tipp: lass dich nicht entmutigen - ein paar unpassende metaphern weniger und nicht ganz so viel pathos, dann wirds!

liebe grüße aus münchen

bluefin
 
@blue@@ @

Hallo, @blue@@ @ (die unverständliche Verwendung des @-Zeichens ist ausnahmsweise mal gewollt),

danke für Deine stark naturwissenschaftliche Kritik. Leider ist sie hier ziemlich fehl am Platz, da das Gedicht (Gepriesen sei das Wunder der uneigentlichen Rede!) nicht den Anspruch erhebt, die tatsächlichen Verhältnisse eines Aquariums wiederzugeben. Aus diesem Grund wurden auch unpoetische Details wie zu starker Algenbewuchs, Fischtuberkulose oder die Freuden des Mulmsaugens unterschlagen.

Ein Dichter sollte sein Werk zwar nie erklären, aber was meine absolute favourite-Metapher, den Herzschlag im Rhythmus der Gezeiten, angeht, sei an dieser Stelle verraten, dass damit ein Bezug zwischen der künstlichen Welt des Aquariums und der ewigen Natur hergestellt werden sollte (so als würde ein moderner Mensch indianischer Abstammung sagen: "Mein Herz schlägt im Takt der Trommeln meiner Vorväter." - voilá, uneigentliche Rede!).

Den Rest Deiner Kritik vergebe ich Dir. Verändern werde ich das Gedicht natürlich nicht, da ich Beiträge nur veröffentliche, wenn sie ihre optimale Form gefunden haben.
 
B

bluefin

Gast
hallo @fides, ich sagte doch vorwegnehmend:
natürlich könntest du jetzt einwenden, in deinem ganz persönlichen aquarium gelte das alles nicht. dann müsstest du aber von deinem ganz eigenen berichten und nicht so allgemein, wie geschehen.
wenn du (wässrige) metaphern verwendest, müssen sie sitzen, sonst wird der leser seekrank. deinen "fischen" aber allgemeinsverbindlich eigenschaften zuzusprechen oder abzuerkennen, die sie de facto nicht haben oder eben doch aufweisen, geht halt nicht.

und da die fischerln - bis auf wenige ausnahmen - stumm sind, sagt's dir bluefin.

um dein beispiel vom opa und den aborigines aufzugreifen: es ist ebenso allgemeinverbindlich wie ausgelutscht, jedenfalls aber nicht widersinnig. widersinnig wär, wenn opa und enkel lautlos trommelten. oder wenn ihr publikum grundsätzlich taub wär für diese geräusche.

wenn du bezüge zwischen einem natürlichen und einem künstlichen medium herstellen möchtest, wie du versicherst, dann geht halt nur gleiches mit gleichem - oder du zeigst die unterschiede.

zu behaupten, die fische seien "abstrakt" beschuppt, ist jedenfalls unsinn. da fällt mit nur der spiegelkarpfen ein, der hat tatsächlich mal hier, mal da eine schuppe. bei allen anderen fischen ist's (falls sie überhaupt schuppen haben) das immer gleiche, sich nach hinten und nach oben und unten hin verjüngende netz: konkreter geht's gar nicht; absolute symmetrie eines universums.

der olle humboldt hat mal sinngemäß gemeint, man müsse die welt erst kennegelernt haben, bevor man sie beschreibt. so falsch finde ich den spruch gar nicht.

das schönste an jeder kritik ist, sag ich immer, dass man sie nicht beherzigen braucht, wenn einem das publikum egal sein kann. aber das, glaube ich, ist bei dir nicht der fall.

liebe grüße aus münchen

bluefin
 
Hallo, @ @@blue@ @@,

Humboldt (ich denke mal, das stammt vom lieben Alexander) war Naturwissenschaftler und kein Poet (nebenbei bemerkt fand ich "Die Vermessung der Welt" recht vermessen, aber das gehört in ein anderes Forum). Müssten alle Metaphern naturwissenschaftlich fundiert sein, gäbe es ja kaum noch eine ("schwarze Milch der Frühe" steht ja auch nicht gerade bei Lidl im Kühlregal). Der political correctness halber versichere ich an dieser Stelle nochmals jedem Fisch, der dies liest, dass mein Gedicht seiner Art keinerlei Eigenschaft zu- oder abspricht.

Außerdem verstehe ich Deine Aversion gegen die abstrakte Beschuppung nicht. "Abstrakt" ist kein Synonym für "ungeordnet" oder "asymmetrisch" (ein Duden ist gebraucht sicherlich recht günstig zu erwerben).

Nebenbei bemerkt irrst Du Dich in einem Punkt ganz gewaltig: Das Publikum ist mir ziemlich gleichgültig *g*
 
B

bluefin

Gast
Nebenbei bemerkt irrst Du Dich in einem Punkt ganz gewaltig: Das Publikum ist mir ziemlich gleichgültig *g*
warum postest du dann und antwortest mir sogar, @fides?

die beschuppung der fische, die lautstärke ihrer herzschläge und ihre nächtliche unsichtbarkeit sind so "naturwissenschaftlich" wie der getrommelte herzschlag deines urgroßvaters: humboldt war, wie alle großen gelehrten seiner zeit, nicht nur wissenschaftler, sondern auch reformator und philosoph.

vielleicht kommen wir der sache näher, wenn wir mit bildern und beispielen arbeiten: http://www.familie-ahlers.de/witze/dunkel_wars.html - eine der bedeutendsten anhäufungen von widersinnigem.

got it at least?

wenn ich dir noch einen tipp gegben darf: nicht alles so furchtbar ernst nehmen; unser leben ist dafür viel zu kurz. es stehen auch so schon überall genug langweilige sauertöpfe herum...

liebe grüße aus münchen

bluefin
 

MuusTri

Mitglied
@@@bluefin: Du musst aber auch immer das letzte Wort haben, oder?

@fides&ratio,

ich finde die Bilder super, sie machen das Aquarium zu einem mysteriösen Ort des Anmuts und geben das Gefühl der Sehnsucht in dein Gedicht. Dieses Gefühl gipfelt dann in der letzten Zeile.

Hier gehe ich beim Lesen jedoch lieber dazu über, das Aquarium als metapher einer wortlosen Betrachtung der Welt zu sehen,
denn was Fische so träumen, will ich eigentlich nicht unbedingt so gerne wissen...
wenn du weißt, was ich meine...

Schönen Gruß,

Tristan
 
Hallo, @blue@,

ich poste im Interesse der Allgemeinheit. Die Welt braucht gute Literatur, da darf ich doch nicht alles für mich behalten!

Außerdem kann ich Dich beruhigen, ich nehme hier nichts allzu ernst (Wahrlich, ich sage Euch: Quark!) *g*

Es spricht für sich, dass Du Links zu viertklassigen Absurditätensammlungen aus dem Ärmel schüttelst ("Zeige mir Deine Linkliste und ich sage Dir, wer Du bist.")

P.S.: Mir kam da eben ein Gedanke: Du hast doch nicht etwa selbst ein Aquarium, oder?
 
H

Heidrun D.

Gast
Da möchte ich mich Tristan

Wort für Wort

anschließen.

Liebe Grüße & ein herzliches Willkommen.

Heidrun D.
 

Walther

Mitglied
Hallo fides-et-ratio!

Herzlich willkommen.

In der Tat kein schlechtes Werk, aber leider in S1Z3 ein Takt zuviel, daher nicht optimal.

Zwei Anmerkungen:

(1) Blauwale sind zu ignorieren, wenigstens dieser hier.
(2) Wer keine Kritik will, ist in der LeLu in der Tat fehl am Platz.

Stay tuned.

Gruß W.
 

revilo

Mitglied
Hallo fides,
ich fasse mich kurz: mir gefällt Dein Unterwasser- Opus.
Hoffentlich hören wir bald mehr von Dir!LG revilo
 
B

bluefin

Gast
P.S.: Mir kam da eben ein Gedanke: Du hast doch nicht etwa selbst ein Aquarium, oder?
nein, @fides, aber ich hab eins gebaut, in dem man übernachten kann:
Der Tegernsee ist mir von allen Seen der liebste. Ich kenne ihn, seit ich denken kann.

Ich habe ein Schwarzweißfoto, wo man mich, im Strandhöschen sitzend, ein Eis schlecken sieht, im Hintergrund der See, der Riederstein und der Wallberg. Neben mir steht hoch aufgerichtet ein schlanker Mann im Nadelstreifenanzug; sein Gesicht unter der Hutkrempe ist nicht zu erkennen, weil er zurück auf das sonnenglitzernde Wasser blickt. Ich bin wohl noch keine drei Jahre alt, auf dem Bild, und der Mann, sagte mir meine Tante einmal, wär mein Vater gewesen.

Der See war mir immer überschaubar. Ich kann ihn in allen Richtungen durchschwimmen und finde immer zurück, selbst nachts, bei Regen und Wind. Ich kenne alle seine Ufer und weiß auch unter Wasser immer, wo ich gerade bin – zwischen Gmund und St. Quirin das Schilf und der feine Sand; vor Tegernsee der Unrat zweier Jahrhunderte, von der Promenade die Halden hinuntergestürzt; vor Rottach der schwarzbraune Schlick, den der Fluß von den beweideten Almen mitbringt; vor Wiessee der jähe Abbruch in die Tiefe, die Kiesfrachten der zulaufenden Wildbäche verschlingend; dann Kaltenbrunn, seicht, sanft, die Seegraswiesen wehend im Drift.

Heute spiegeln sich die Farben des Feuerwerks nicht im blanken Eis, sondern brechen sich in den Wellen, die der von den Bergen herunterfallende Nachtwind vor sich herschiebt. Ich hab versucht, sie zu erreichen und ihr zu sagen, wie einsam man sein kann, an Land, mitten unter Tausenden. Sie war da, für einen ganz kurzen Augenblick, dann verweht in den Stimmen der Anderen.

Ich möchte zwischen den Fischen ins Neujahr hinein schlafen. Blausilberne Renken, orangefarbene Saiblinge, grüne Forellen, rubinroter Hecht und goldene Schleien - sie wissen nicht, wer ich bin, obwohl ich sie alle zur Welt gebracht habe; ich bin ihnen gleichgültig, obwohl sie mir alles verdanken; sie fürchten mich nicht, obwohl der Tag kommen wird, an dem ich sie töten muss. Ich weiß mehr als sie, und doch nützt es mir nichts.

Sie sind die Vollkommenen.

(aus "blind date")
liebe grüße aus münchen

bluefin
 
Lieber bluefin,

nutze doch bitte einen eigenen Eintrag zur Darstellung Deiner Texte, statt sie unter fremden Einträgen zu zitieren.

Du bist bestimmt ein sehr netter Kerl, man merkt bloß wenig davon.

Mit den herzlichsten Grüßen und Wünschen für Deine im Anfang befindliche schriftstellerische Entwicklung
fides-et-ratio
 
B

bluefin

Gast
lieber @fides,

bluefin will gar kein schriftsteller sein oder werden. vor allem will er sich nicht mehr entwickeln: er ist und bleibt walfisch.

wenn du nicht möchtest, dass er dir antwortet, dann frag ihn nicht nach aquarien. wenn du's doch tust, musst du seine gesänge ertragen. so geht's nun mal zu unter wasser - humboldt wusste das.

nochmal den freundlichen tipp: reg dich nicht auf über nichts. das ist pille-palle.

liebe grüße aus münchen

bluefin
 



 
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