Dieser Text ist vivisektionell
und genial erdacht.
Die Autorin nimmt beim Zugehen auf den stillschweigend als existierend vorausgesetzten Gegenstand der Behandlung kein Blatt vor den Mund. Sie schließt sich in den angeführten Bildern gnadenlos nicht nur den aktuellen Erkenntnissen der Hirnforschung, sondern auch den fachlich ausgereiften Methoden moderner Neurochirurgie an.
Der Text samt eines Teils der Selbstkommentierungen handelt vom Problem der Autophagie (Selbstessung) und Verstoffwechselung (s.u.: "liegt mir quer im Magen") der Neuronenklumpen aus den Schädelkapseln von Kühen.
Die Wortewahl der Überschreibung scheint nicht ganz treffend, indem -pathologisch zu erfahren- juvenile Neuronenklumpen tatsächlich bei Separation aus ihrem natürlichen Aufenthaltsort innerhalb Minuten strukturlos zerfließen, und dann eher "geschlürft" werden müssten als "gefressen" werden zu können.
Adulte Hirne weisen hingegen auch nach der Entnahme eine weitgehend stabile aber geschmacklose Struktur auf, die erst küchentechnisch mithilfe eines Mixers und der Addition von Rührei, weichem Mais, Reis und einigen Gewürzen und Kräutern zu einem leckeren Mahl zuzubereiten ist, woraufhin diese Zubereitung nach dem Durchlauf durch eine elektrisch aufgeheizte, eiserne Ersatz-Schädelkapsel genussreich kulinarisierbar wird. Auch hier ist das Wort "fressen" also eher deplatziert.
zum Text:
[Ich würde gern
mein Hirn auffressen
weiß aber nicht
wie ich es anstellen soll]
Hier wird in knappen Worten auf eine wichtige Selbstschutzfunktion des behandelten Organs reminisziert.
[Tag für Tag
zermartere ich es mir
und das tut sehr weh]
Dieses Bild behauptet geschickt implizit die Tatsache des Vorhandenseins des besprochenen Organs, denn dem erwähnten Schmerz muss eine organhafte Ursache zugrunde liegen.
[Es ist mir unmöglich
meinen Schädel selbst zu öffnen
denn ich kann kein Blut sehn.
Mir wird dann schlecht
und am Ende
läge ich ohnmächtig auf dem Boden
und verblutete]
Hier muss sich die Autorin die Frage interessierter Leser gefallen lassen, ob es nicht andere Möglichkeiten solcher Labores gibt, die verhindern, dass eine Betreffende bei der Schädel-Selbstöffnung zu Boden fällt und sich damit nicht-notwendige Verletzungen zuzieht. (Eine Quästion, die gerade im Zusammenhang mit der zukünftigen Gesundheitsreform von erheblicher Bedeutung sein könnte.)
Die hier mit-einfließende Behauptung, dass es möglich sei, nach einer Schädelöffnung und Enthirnung "ohnmächtig" zu sein, erscheint indes fragwürdig und beruht wohl auf Projektion.
Es gibt -im Gegenteil- bekannte Beispiele, in denen Betroffene sich ihres Hirnes per Auto-Trepanation zuerst selbst entledigten, und sodann hilfesuchend mit dem gut verpackten Residuum in Ambulanzen erschienen mit der Bitte, die Sache per Medizinalkunst wieder rückgängig werden zu lassen.
[Ich kann auch
keinen Freund darum bitten
denn ists Hirn einmal draussen
wüsste ich nicht
wieso ich der Aufforderung
den ganzen Scheiß wegzumachen
Folge leisten sollte]
Hier würde man sich eine Ergänzung wünschen:
"wüsste ich nicht MEHR, wieso..."
Ein sprachlicher Fehlgriff ist hier das Wort "Freund". Eine Ersetzung durch "Feind" oder "Erzfeind" würde das genannte Problem darum "bitten" zu müssen überhaupt nicht erst aufkommen lassen.
[Aber wenn es mir gelänge
könnte ich es meinem Nachbarn
zum Fraß vorwerfen]
Der Leser nimmt hier interessiert zur Kenntnis, dass hirnliche Auto-Vivi-Sektionen zum kulturellen Code mancher hiesiger Gemeinschaften zu gehören scheinen, sodass "Nachbarn", ebenso wie Vorbarn, Seitenbarn u.ä. nicht nur Carnivoren sind, sondern bei Bedarf (wie hier) auch als potentielle Cerebro-Phagen in Betracht kommen.
[Vielleicht esse ich einfach
mehr Fleisch
BSE-verseuchtes
dann regelt sich mein Problem
von selbst]
Hier würde man detektivisch und penibel nachfragen wollen, ob dies überhaupt und in Anbetracht der vorherigen Textteile noch notwendig ist. "BSE" (= "bovine spongioforme encephalitis") ist nur ganz lapidar eine Bezeichnung für den bekannten Wahn der Kuh von Autorin -nenseite hier vielleicht autobiographisch abbreviatiert ("bovine stoffeloforme encephalo-ningunitis")?