Das Haus am Ende des Kapitalismus (überarbeitet) (gelöscht)

Retep

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Hallo Catweazle,

eine für mich beklemmende Geschichte, der gute Mensch von Sezuan, der sich seinen Mietern bis zu einem gewissen Punkt verpflichtet fühlt, ergreift zum Schluss dochnoch die ihm angebotene Gelegenheit.

Mag diese Geschichte für unsere Gegend hier vielleicht zu schwarz gemalt sein, habe ich sie schon in andren Ländern erlebt. Wenn man nichts mehr hat, muss man sich verkaufen.

Kleine Korrekurvorschläge:

Das Haus am Ende des Kapitalismus

Herr Beinhardt ging schnellen Schrittes die Straße entlang bis zu seinem Haus. Seitdem die Kreditkrise die Weltwirtschaft ruiniert hatte, gingen die meisten Menschen zu Fuß. Der Herbstwind fegte das nasse Laub über die leere Straße, doch Herr Beinhardt war dem Wetter entsprechend gekleidet, mit dicken, wasserfesten Schuhen und einem Rucksack. [blue](Der Rucksack hat eigentlich nichts mit dem Wetter zu tun)[/blue]Einmal pro Woche kam er zu Besuch bei[blue](zu)[/blue]seinen Mietern und es war jedes Mal ein strammer Marsch durch die ganze Stadt.
Er öffnete die alte, schwere Haustüre und trat in den kühlen Flur. Jede Woche fragte er sich, ob er das Haus noch weiter behalten sollte. Eigentlich brachte es nichts als Arbeit ein. Aber wer kaufte in solchen Zeiten schon ein altes Mietshaus? Wer konnte es sich leisten ([blue]Komma)[/blue] eines zu kaufen? Und wenn es jemand kaufte, was geschah dann mit seinen Mietern?
Er schüttelte die Regentropfen von der Jacke und ging durch den Flur. [blue](Flur kommt zum zweiten Mal)[/blue]
Seit es kaum noch Geld gab und viele, viele Menschen ihre Arbeit verloren hatten, sah es auch mit der Miete nicht mehr gut aus. Der Staat war bankrott und zahlte nur noch das Notwendigste an Kranke und Alte. Der Rest musste schauen, wo er blieb.
Er hatte mit seinen drei Mietparteien ein Abkommen geschlossen. Wer kein Geld hatte, um seine Miete zu bezahlen, bezahlte ihn mit Tauschwaren und kleineren Dienstleistungen. Er warf einen kurzen Blick aus dem Flurfenster auf den Bereich hinterm Haus.
Frau Wunderlich hatte die Wohnung im Erdgeschoss gemietet. In Ihrer Verantwortung lag der Garten. Dort, wo einst ein grüner Rasen mit herrlichen Rosenbeeten [blue]gelegen[/blue] hatte, herrschte nun die [blue]lehmig herbstliche Atmosphäre [/blue]eines Gemüsegartens. Herr Beinhardt holte sich jede Woche einen Teil der Erträge ab und bekam dazu noch eine Tasse Kräutertee gegen sein Leiden. Hätte er noch ein weiteres Mietshaus mit einem Garten besessen, bräuchte er sich um seine tägliche Verpflegung keine Sorgen zu machen. Aber so...
Langsam stieg er die Holzstufen der alten Treppe hinauf. Die Stiegen knarrten unter seinen Füßen. Das Haus hatte bereits seinem Vater gehört, doch er hatte es nicht übers Herz gebracht ([blue]Komma)[/blue]es zu verkaufen. Er hatte ja auch eine Verpflichtung dem Haus und seinen Mietern gegenüber.
Er machte im ersten Stock eine kurze Pause.
Auf dieser Etage wohnte Herr Schmitz, den er oft einfach nur Schmitz nannte. Er verdiente sich seine Miete mit ausgedehnten Hausmeistertätigkeiten. Außerdem übernahm er den Tauschhandel für ihn. Er selbst fühlte sich zu alt, um jeden Tag an den einschlägigen Plätzen zu stehen und Gemüse oder Schmuck gegen alte Gummistiefel, Benzin oder Zigaretten zu tauschen. Das Rauchen hatte Herr Beinhardt sich zum Glück schon vor der Krise abgewöhnt. So was zahlte sich aus!
Fräulein Schwan war sein Sorgenkind. Sie lebte in der Wohnung unterm Dach und hatte bisher immer noch die Miete mit [blue]echtem [/blue]Geld bezahlt. Natürlich nicht so viel wie früher, aber Geld war wertvoll[blue]er[/blue] heutzutage. Doch jetzt hatte sie ein Kind bekommen und ihre Arbeit verloren. Der Kindsvater war seit Monaten verschollen.
Obwohl sie es nicht zugeben wollte, hatte Herr Beinhardt gehört, dass der Vater des Babys auf dem Schwarzmarkt Probleme [blue]gehabt haben soll[/blue]. Er hatte bei den falschen Leuten getauscht. So etwas konnte passieren, wenn man sich nicht auskannte. Vielleicht war er aber auch einfach abgehauen.
Fräulein Schwan hatte bisher noch immer etwas auftreiben können, doch nun hatte sie die Miete schon seit Wochen nicht bezahlt.
Schwer stieg er die Stufen zu ihrer Wohnung hinauf. Diesmal fiel es ihm besonders schwer. Wenn sie nicht bezahlte... nun, er musste auch an die anderen Mieter denken. Langfristig musste er denken und einen Mieter, der nicht zahlte, konnte er sich nicht leisten. Schließlich hatte er auch eine Verantwortung.
Er holte noch einmal tief Luft, dann klingelte er.
Die Türe öffnete sich schnell, so als habe sie ihn erwartet. Herr Beinhardt erschrak [blue](Komma)[/blue]als er sie sah. Von dem einstmals so stolzen, ja ein wenig arroganten Fräulein Schwan war wenig übrig geblieben.

Bis vor kurzem war sie eine der letzten in der Straße gewesen, die eine Arbeit gehabt hatte. Jeden Tag war sie frisch geschminkt und im Business-Outfit zur Bank getrippelt. Die Banken hatten immer noch Arbeit und zahlten ihre Gehälter mit Geld. Herrn Beinhardt wunderte es nicht. Die Banker schienen aus jeder Situation ihren Profit zu ziehen. Doch nun stand Fräulein Schwan vor ihm und starrte ihn aus rotgeweinten Augen an. Die braunen, fettigen Haare hatte sie sich mit einem Haushaltsgummi zusammengebunden. Statt Rock und Bluse stand sie in einem alten Frotteebademantel in der Tür.
„Ich habe sie erwartet“, schniefte sie und deutete eine einladende Handbewegung an. Herr Beinhardt betrat die Wohnung und erschauderte. Das Wohnzimmer war so kahl wie eine Winterlandschaft. Weder Möbel noch Teppiche waren noch vorhanden.
„Ich bin ins Schlafzimmer umgezogen, das ist kleiner und leichter zu heizen. Die Möbel habe ich getauscht. Ich besitze nichts mehr.“
Sie stand auf nackten Füßen neben ihm. [blue]Herrn Beinhardt wurde alleine schon vom vom Anblick kalt. [/blue]„Fräulein Schwan“, begann er seine Rede, die er sich zu Recht gelegt hatte.
„Frau Braun!“, erwiderte sie.
„Wie bitte?“
„Frau Braun. Ich habe den Namen meines Mannes angenommen.“
„Ach, sie haben geheiratet, bevor er...“
Ihre Augen füllten sich mit Tränen.
„Nein“, schniefte sie. „Nein, wir wollten heiraten.“
„Ach, so. Also Fräulein Schwan, nein, Frau Braun.“ Er stockte.
„Aber wenn sie noch nicht geheiratet haben, wie können sie dann seinen Namen angenommen haben?“
„Wen interessiert das den heute noch? Es gibt keinen Staat mehr, keine Papiere, die noch etwas wert sind. So habe ich wenigstens noch seinen Namen.“
Er seufzte. Das alles machte es ihm nicht leichter.
„Frau Braun“, fing er seine Rede erneut an.
„Sie haben seit 6 Wochen keine Miete mehr bezahlt. Sie wissen, ich habe eine Verantwortung, auch den anderen Mietern gegenüber. Sie wissen, ich könnte jederzeit einen Mieter finden, der mehr bezahlt als sie im Moment.“
Sie senkte den Kopf.
„Ja, ich weiß. Aber heute habe ich etwas für sie.“ Ihre Stimme zitterte, als sie die Hände erhob und den Bademantel von ihren Schultern schob.
Herr Beinhardt seufzte und versuchte ungeschickt ihr den Stoff wieder über die Arme zu ziehen.
„Nein, lassen sie mich!“, schrie sie. „Ich habe sonst nichts mehr zu tauschen. Und es ist mein Recht und mein Wille [blue](Komma)[/blue]mich ihnen anzubieten!“
Mit diesen Worten riss sie sich von ihm los und trat einen Schritt zurück. Mit einer Handbewegung löste sie den Gürtel und schob die Seiten des Bademantels zurück.
Ihm wurde schwindlig und etwas schlecht. Er hatte so etwas befürchtet [blue](Komma)[/blue]aber gehofft, nicht in diese Situation [blue]kommen zu müssen[/blue]. Er hatte schon von anderen Häusern gehört, wo diese Praxis eingeführt worden war. Es mochte Leute geben, für die so etwas in Ordnung war.
Aber was sollte er machen? Fräulein Schwan hatte nichts mehr zu [red]T[/red]auschen,([blue]kein Komma?)[/blue] außer ihrem Körper. Es war ihre letzte Chance in einer Wohnung zu bleiben. Wenn sie diese vergab, saß sie mit ihrem Kind auf der Straße.
„Fräulein Schwan! Nein, Frau Braun, wie auch immer.“ Herr Beinhardt erhob seine Stimme. „Bekleiden sie sich.“
„Aber ich habe das Recht mich zu tauschen!“ Ihre Stimme klang nun hysterisch.
„Aber ich bin nicht gezwungen darauf einzugehen.“

Als Fräulein Schwan mit einem Schluchzer auf die Knie sank, blickte er zur Türe.
Eigentlich sollte es jetzt klingeln, dachte sich Herr Beinhardt.
Er hatte Schmitz beauftragt, nach Herrn Braun Ausschau zu halten. Eigentlich hatte er ihn sogar angewiesen[blue](Komma)[/blue] ihn herzubringen, koste es was es wolle.
Er wollte ja langfristig denken. Ein Mann in der Familie würde für die Miete sorgen. Und er müsse Fräulein Schwan nicht auf die Straße setzen. Vor allem jedoch,([blue]kein Komma ?) [/blue]hatte er gehofft, aus dieser Situation herausgeholt zu werden.
Was sollte er tun? Er konnte doch eine junge Mutter nicht auf die Straße setzen. Aber die Miete erlassen, konnte er auch nicht. Er hatte selbst kaum genug zum Leben.
Wenn Schmitz nur käme und [red]in[/red] retten würde.
Er starrte auf die Tür und horchte verzweifelt nach Schritten im Hausflur.
Doch dort herrschte nur gespannte Stille.
Langsam legten sich ihre Hände von hinten an seinen Hals... und knöpften ihm sanft das Hemd auf.

Habe die Geschichte gerne gelesen, flüssig erzählt,bildhaft beschrieben, den Titel finde ich sehr passend.


Schau mal, ob du mit meinen Vorschlägen etwas anfangen kannst.

Gruß

Retep
 

Catweazle

Mitglied
Danke Retep

Hallo Retep,

erstmal vielen Dank fürs Lesen.
Aber ein viel größeres Danke für die Korrekturvorschläge!!!
Mein Gott, ich sollte wirklich mal an meiner Kommasetzung arbeiten!
Da hast Du Dir viel Mühe gemacht.

Zum Text:

1)Der Rucksack : Ok, er hat nichts mit dem Wetter zu tun. Aber da trägt er seine Miete nach Hause.... ok der Zusammenhang zum Wetter stimmt da nicht.

2) Ich habe nicht geschrieben, dass er das Angebot annimmt. Zum Glück breche ich da ab. :)

Es freut mich ehrlich, dass Dir der Text gefällt.

LG
Catzeazle
 



 
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