Das hatten wir schon, lapismont,
es ist natürlich schon eine berechtigte Frage, wie man den Inhalt eines Buches kennen lernen kann, das man sich nicht kaufen will, um nicht an der Bereicherung des Autors mitzuwirken. Aber wir hatten beide anfänglich schon geklärt, dass wir uns da teilweise oder überwiegend sekundär informiert haben. Ich hab das jedenfalls getan. Deshalb betrachte ich Deine Frage:
Wie willst Du diesen Hang postulieren, wenn Du den Autor gar nicht liest?
mehr rhetorisch. Sie ist bereits beantwortet und muss nicht noch einmal diskutiert werden.
Kaum jemand liest heute noch die alten Philosophen im Original. Schon gar nicht in der Originalsprache. Wir dürfen da aber durchaus auf die Qualität der heute verfügbaren Sekundärliteratur vertrauen. Das ist auch bei Sarrazin der Fall, der allerdings nichts weniger ist als ein Philosoph. Es gab viele Rezensionen in vielen Zeitungen und viele öffentliche Diskussionen z.B. in Talkshows im Fernsehen.
Der Aspekt sollte damit seine Merkwürdigkeit verloren haben.
Ich verstehe, dass Dir gewisse Dinge nicht gefallen wollen, aber auch mir will manches nicht so recht gefallen. Dazu gehört z.B. der verniedlichende Begriff kritische Stimme einerseits und die überzogene Behauptung, man (oder ich) würde Sarrazin zum neuen Hitler erklären, andererseits. Nichts gegen angewandte Rhetorik, muss man aber in der Form nicht machen.
Für mich ist Sarrazin keine kritische Stimme, auch kein Aufklärer und auch kein neuer Hitler, sondern ein engstirniger, rechthaberischer Egomane, der Ängste und Vorurteile der Bevölkerung bedient, statt aktiv an deren Beseitigung mitzuwirken. Für diese viel anspruchsvollere Aufgabe fehlt ihm das Format. Es ist eben einfacher, Tabellen zusammenzustellen und Leute zu zitieren (und sich erforderlichenfalls auch wieder von ihnen zu distanzieren), die über Judengene faseln und über angeborene, stammesgeschichtliche Minderwertigkeit bestimmter Rassen.
Nein, nein, lapismont, ich fürchte, Du wirst mich nicht davon überzeugen können, dass ich zu wenig über sein Buch oder über ihn selbst weiß, um ihn kritisieren zu dürfen. Ich habe ihn schon in seiner Zeit als Finanzsenator in Berlin intensiv wahrgenommen und das reicht jetzt auch.
Nächtliche Grüße nach Berlin