Wir kennen Demosthenes. Er war sehr bemüht, sehr bestrebt und beim Sprechen sehr leise und praktisch unverständlich. Er brachte fertig, was nur wenigen gelingt: stottern und gleichzeitig nuscheln.
Es ist unklar, wie Demosthenes heiraten hatte können, vor allem, ob seine Frau den Antrag überhaupt verstanden haben konnte. Wahrscheinlich handelte es sich um ein Missverständnis. Und weil sie beide schon ein bisschen überzeitig waren, gaben sie vor, alles wäre eh so gemeint, widersprachen in den entscheidenden Sekunden nicht und es kam zur Vermählung. In der Kirche, das war nachweislich, hatte er kein Ja herausgebracht. Aber der Pfarrer war gnädig und tat, als ob er etwas gehört hätte.
Demosthenes wusste um seine kleinen Schwächen beim Sprechen. Und er unternahm viel dagegen, und seine Frau unterstützte ihn.
Sie akzeptierte, dass er früh am Morgen schon und spät am Abend noch das Haus verließ. Er ging an den Strand und übte das Sprechen. Sie verstand, dass er das Küssen einstellte. Seine Mundpartie schmerzte von den vielen kleinen Verletzungen durch die Kieselsteine, die er bei den Übungen wie einen Bonbonsersatz verwendet. Sie vermisst das Küssen auch nicht sonderlich, hatte er doch recht früh nach Seetang zu stinken begonnen.
Er hielt Brandreden am Strand und beschimpfte die Gischt. Und wenn dabei Teile der Zähne heraus brachen, weil die Kieselsteine zu hart gegen den Schmelz schlugen, und mit der Zeit ausschauten wie Plättchen aus einem Bergkristall geschnitten, nahm er das in Kauf.
Demosthenes praktizierte diese Übungen über Jahre. Seine Zähne gingen mit der Zeit verlustig, auf seiner Zunge hatte sich eine grünliche Hornhaut gebildet und an der Wangenschleimhaut wucherte der Seetang. Doch sein Stottern, das Nuscheln und auch die leise Stimme blieben unverändert wie die Gischt, die all seine Bemühungen mit einem verächtlichen wiewohl auch gleichbleibenden Rauschen quittierte.
Demosthenes wurde zum Sozialfall, doch er hielt an seinen Übungen fest. Er dehnte sie sogar noch aus, nachdem ihn seine Frau verlassen hatte, denn er musste nun keine Rücksicht mehr nehmen. Nicht mehr nur morgens und abends, auch zu Mittag, am Vormittag, am Nachmittag ging er an den Strand. Längst war er zum Sozialfall geworden. Jeder in der Stadt kannte ihn und keiner wollte mit ihm tauschen. Man begann ihn zu meiden.
Die Vögel am Strand hatten sich indessen an seine Anwesenheit gewöhnt, sie wurden seine Freunde und immer zutraulicher. Es ging so weit, dass eines Tages eine Möwe ihm den Kieselstein, den er gerade in den Mund stecken wollte, aus der Hand pickte.
Da schaute er die Möwe zornig an, und schrie: nein!
Und weil es so gut funktionierte, gleich noch einmal: nein!
Zweimal hintereinander hatte er nicht gestottert.
Er versuchte es – noch lauter – mit einem schwierigeren Wort: unerhört!
Und dann: Du verdammter Vogel!
Ein Satz, drei Wörter, sieben Silben; und keine zusätzlich.
Demosthenes ging zurück in die Stadt. Er kaufte sich ein Gebiss, ging zu seiner Ex und bat sie, zu ihm zurückzukommen. Daraufhin trat er vors Rathaus, und hielt eine zwölfstündige Rede, welche die zuhörende Schar, die immer größer wurde, begeisterte.
Er wurde Bürgermeister.
Die Möwe bekam ein Denkmal.
Es ist unklar, wie Demosthenes heiraten hatte können, vor allem, ob seine Frau den Antrag überhaupt verstanden haben konnte. Wahrscheinlich handelte es sich um ein Missverständnis. Und weil sie beide schon ein bisschen überzeitig waren, gaben sie vor, alles wäre eh so gemeint, widersprachen in den entscheidenden Sekunden nicht und es kam zur Vermählung. In der Kirche, das war nachweislich, hatte er kein Ja herausgebracht. Aber der Pfarrer war gnädig und tat, als ob er etwas gehört hätte.
Demosthenes wusste um seine kleinen Schwächen beim Sprechen. Und er unternahm viel dagegen, und seine Frau unterstützte ihn.
Sie akzeptierte, dass er früh am Morgen schon und spät am Abend noch das Haus verließ. Er ging an den Strand und übte das Sprechen. Sie verstand, dass er das Küssen einstellte. Seine Mundpartie schmerzte von den vielen kleinen Verletzungen durch die Kieselsteine, die er bei den Übungen wie einen Bonbonsersatz verwendet. Sie vermisst das Küssen auch nicht sonderlich, hatte er doch recht früh nach Seetang zu stinken begonnen.
Er hielt Brandreden am Strand und beschimpfte die Gischt. Und wenn dabei Teile der Zähne heraus brachen, weil die Kieselsteine zu hart gegen den Schmelz schlugen, und mit der Zeit ausschauten wie Plättchen aus einem Bergkristall geschnitten, nahm er das in Kauf.
Demosthenes praktizierte diese Übungen über Jahre. Seine Zähne gingen mit der Zeit verlustig, auf seiner Zunge hatte sich eine grünliche Hornhaut gebildet und an der Wangenschleimhaut wucherte der Seetang. Doch sein Stottern, das Nuscheln und auch die leise Stimme blieben unverändert wie die Gischt, die all seine Bemühungen mit einem verächtlichen wiewohl auch gleichbleibenden Rauschen quittierte.
Demosthenes wurde zum Sozialfall, doch er hielt an seinen Übungen fest. Er dehnte sie sogar noch aus, nachdem ihn seine Frau verlassen hatte, denn er musste nun keine Rücksicht mehr nehmen. Nicht mehr nur morgens und abends, auch zu Mittag, am Vormittag, am Nachmittag ging er an den Strand. Längst war er zum Sozialfall geworden. Jeder in der Stadt kannte ihn und keiner wollte mit ihm tauschen. Man begann ihn zu meiden.
Die Vögel am Strand hatten sich indessen an seine Anwesenheit gewöhnt, sie wurden seine Freunde und immer zutraulicher. Es ging so weit, dass eines Tages eine Möwe ihm den Kieselstein, den er gerade in den Mund stecken wollte, aus der Hand pickte.
Da schaute er die Möwe zornig an, und schrie: nein!
Und weil es so gut funktionierte, gleich noch einmal: nein!
Zweimal hintereinander hatte er nicht gestottert.
Er versuchte es – noch lauter – mit einem schwierigeren Wort: unerhört!
Und dann: Du verdammter Vogel!
Ein Satz, drei Wörter, sieben Silben; und keine zusätzlich.
Demosthenes ging zurück in die Stadt. Er kaufte sich ein Gebiss, ging zu seiner Ex und bat sie, zu ihm zurückzukommen. Daraufhin trat er vors Rathaus, und hielt eine zwölfstündige Rede, welche die zuhörende Schar, die immer größer wurde, begeisterte.
Er wurde Bürgermeister.
Die Möwe bekam ein Denkmal.