Den Schleier zerreißen...

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Dorothea

Mitglied
Herausforderung, Gebet, Wunschdenken, Provokation?

Liebe Vera-Lena,

die zahlreichen Kommentare zu Deinem Gedicht (sehr interessant zu lesen!) zeigen deutlich, wie anregend Dein Text ist. Ob er nun zu tieferem Nachdenken, zur Meditation, zum Mitbeten, zu Protest oder zu bohrenden Fragen führt, er führt jedenfalls zu intensiven Reaktionen, und was möchte ein Autor mehr?

Die Formulierung "wenn wir unser Menschsein" auf die Spitze treiben" führt zu wirklich spannenden Fragen, u.a.: Was für ein Menschenbild haben wir eigentlich? Unser Menschenbild legt unser Gottesbild fest und umgekehrt!

Dein Text spricht jedenfalls davon, dass Gott ein erreichbares, wahrnehmbares Gegenüber sein kann (sonst wären die Bitten um die Fähigkeit der Wahrnehmung sinnlos), das im Menschen das geliebte Geschöpf sieht. Gott ist also kein apersonales Nirwana, und darin liegt (für mich) der große Vorzug und der Trost der christlichen Gottesvorstellung.

Der Text lädt ein, den Schutt wegzuräumen, der zwischen uns und Gott aufgehäuft worden ist. Ich denke, dazu gehört auch unser Bild vom allmächtigen Gott. Je machtvoller wir ihn in Gedanken ausstatten, desto unlösbarer wird das Theodizeeproblem! Vielleicht hat er sich in die Ohnmacht begeben, sich die Hände gebunden, um uns nicht zu Marionetten zu degradieren, und ist fortan auf unsere Hände in der Welt angewiesen. Tragisch ist es, wenn wir uns abwenden, weil er uns eine Freiheit lässt, die weit genug reicht, selbst seine irdische Schöpfung zu zerstören.

Hoffentlich bin ich jetzt nicht zu weit gegangen "mit" Deinem Text. Mir jedenfalls hat er sehr gut gefallen.
herzliche Grüße aus Regensburg
 

Vera-Lena

Mitglied
Liebe Dorothea,

danke für Deine inspirierende Antwort!

Ja, Gott hat dem Menschen die ganze Freiheit eingeräumt,auf dass ihm kein Weg verstellt sei, dass er Gott entdecken kann und sei es auf den schrecklichsten Umwegen. Das übersteigt unsere menschliche Vorstellungskraft; andererseits ist es nur auf diese Weise möglich, an die Liebe Gottes zu seinem Geschöpf glauben zu können.

Nein, Du bist ganz sicher nicht zu weit gegangen mit diesem Text, und ich danke Dir für Dein Mitgehen.

Liebe Grüße von Vera-Lena
 



 
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