Der Fuchs und die Gräfin

2,00 Stern(e) 1 Stimme
Der Fuchs und die Gräfin


Eine Geschichte über das Leben​



Es war einmal in England zu einer Zeit, in der es noch keine Autos gab, keine Flugzeuge und keine Eisenbahnen. Selbst Videorecorder und Videospiele oder die heute so selbstverständlichen DVD`s waren noch gänzlich unbekannt.


Zu dieser Zeit nun lebte eine Gräfin. Sie war schon lange krank und spürte ihr baldiges Ende nahen. Doch wollte sie nicht sterben. So ließ sie einen Medikus kommen und dieser untersuchte sie. Er stellte fest, dass ihre Krankheit nicht heilbar war. Sie bedrängte den armen Mann lange, doch so sehr er es auch versuchte, er konnte nichts für sie tun. Da ließ sie andere Mediziner kommen, doch wer sie auch konsultierte, alle gaben ihr die gleiche trostlose Diagnose und keiner vermochte ihr zu helfen. Gleichzeitig lebte auf dem großen Gelände ein Gast. Allerdings ein unwillkommener. Er scherte sich nicht um das Los der Gräfin. Nein, er räuberte lustig Hühner, Gänse, Enten und anderes Federvieh. Und warum sollte ihn die Gräfin auch kümmern, schließlich war er ein Fuchs und er tat das, was er tat nur, um seinen Hunger zu stillen. Die Gräfin war erbost ob dieses Eindringlings. Sie ließ ihn jagen, ließ Fallen stellen und dergleichen mehr. Der Fuchs aber entkam allen Versuchen dieser Art.

Doch wie das in Geschichten wie diesen so üblich ist, kam es, wie es kommen musste: Eines Morgens, an einem Donnerstag - oder war es Freitag? -, kam die Magd aufgeregt zur Gräfin und meldete bestürzt erneut einen Diebstahl des dreisten Hühnerdiebes. Zufällig war gerade ein Mediziner von üblem Ruf Gast im Hause der Gräfin. Man sagte ihm nach, er würde mit dem Teufel persönlich im Bunde stehen. Und so sah er auch aus. Die Gräfin hörte sich die Klagen der Magd an und wurde rot im Gesicht. Sie beschimpfte die arme Frau und verfluchte den Fuchs. Sie war außer sich vor Zorn und glaubte, der Fuchs würde sie noch einmal in den Ruin treiben. So, wie sie dem staunenden Gast erzählte, dass sie dadurch selbst noch irgendwann im Armenhaus landen würde. Am Rande sei hier noch vermerkt, dass die Gräfin alles andere als arm war. Sie besaß umfangreiche Ländereien, zig Leibeigene nebst deren Familien. Aber wie auch immer; sie glühte vor Zorn. Sie konnte es nicht ertragen, dass jemand einfach so daherkam und etwas aus ihrem Besitz nahm, obgleich sie doch mehr als genug besaß.

Der Medikus, der nicht dumm war, sah nun seine große Stunde gekommen. Er ersann eine Möglichkeit, wie er schnell an ein paar hundert Pfund, damals ein hübsches Sümmchen, kommen könnte. So schlug er der Gräfin einen Pakt mit den Mächten der Finsternis vor. Die Seele dieses einen Fuchses sollte der Gräfin eine körperliche Gesundung verschaffen. Sie zögerte zuerst. Aber nachdem der Mann von fünfhundert auf vierhundertfünfundzwanzig Pfund im Preise herunter gegangen war, war auch die Gräfin einverstanden.

Am nächsten Abend sollte das finstere Ritual vollzogen werden. Hierzu wurde ein Pentagramm, ein fünfzackiges, sternartiges Symbol, auf den Boden gemalt; und um den Austausch der Seelen zu vollziehen, sollte dann mit viel mystischem Tamtam das Herz des besagten Fuchses geopfert werden. Nun, die geneigte Leserin und der geneigte Leser wird jetzt sicher den wunden Punkt dieses Handels bemerkt haben: Es war der Fuchs. Denn der musste erst noch gefangen werden und es war äußerst unwahrscheinlich, dass er freiwillig sein Leben für das der alten Dame hergeben würde.



Der nächste Morgen. Die Sonne war noch nicht aufgegangen, die Blumen schliefen noch. Irgendwo krähte ein Hahn. Das Leben kehrte nun langsam auf den Planeten zurück. Die ersten Sonnenstrahlen erschienen rot am Horizont. Bienen begannen summend mit ihrer Tätigkeit und die Sonnenblumen öffneten ihre Blätter der golden am Firmament aufsteigenden Sonne entgegen. In einem Bau nicht tief unter der Erde bewegte sich ein Kringel aus rotbraunen Fell. Eine Pfote wurde sichtbar und dann noch eine. Es war der Fuchs. Dieser blinzelte, streckte und reckte sich. Mit einem freundlichen Gähnen begrüßte auch er nun den neuen Tag. Ein leichtes Magenknurren war zu vernehmen, er hatte wohl Hunger. Und in der Ferne hörte man leises Hundegebell. Das war eigentlich normal und einen Menschen hätte dieses nicht weiter gewundert. Ein Fuchs indes kann Töne hören, die ein Mensch nicht wahrnehmen kann und er kannte diese Art von Gebell nicht, das machte ihn unruhig. Und richtig, das Gebell blieb auch nicht in gleicher Entfernung, es schien unmerklich lauter zu werden und damit näher zu kommen.

Der Fuchs war gut an seinen Lebensraum angepasst. Er hatte eigentlich kaum Angst, und so lief er entgegengesetzt dem Hundegebell einen Abhang hinunter. Nach einer Weile wurde es ruhiger. Das Gebell war kaum noch zu hören. Der Fuchs verlangsamte seinen Gang und begann zu traben. Er kam auf eine große, grüne Wiese zu. Bienen schwirrten vereinzelt an ihn vorbei und der Holunder stand jetzt kurz vor seiner Blüte. Plötzlich und ohne jede Vorwarnung stürmten zwei riesige schwarze Monster auf ihn zu. Sabbernd und laut kläffend kamen sie ihm bedrohlich nahe. In letzter Sekunde warf sich der Fuchs herum, stob, zuerst eine Kehrtwende andeutend, dann mitten durch sie hindurch. Ja, jetzt hatte er Angst. Große Angst sogar und er wollte noch nicht sterben. Einen Hügel hinauf, herunter, dann den nächsten Hügel überwindend, so ging es eine ganze Weile. Die großen Hunde ließen sich Zeit. Der Abstand blieb immer gleich. Die beiden Jagdhunde schienen nicht im mindesten müde zu werden. Der Fuchs konnte das so nicht behaupten. Er spürte das Pochen in den Muskeln und die Schmerzen in der Lunge. Aber aufgeben wollte er nicht. Er rannte um eine Biegung auf den Hof eines Bauern. Die Hühner flatterten völlig verängstigt auseinander, doch dafür hatte er jetzt keine Augen. Ein großer Kettenhund, Ben sein Name, lag angeleint vor seiner Hütte. Er roch den Fuchs und sprang instinktiv hoch. Im Lauftempo kam unser Fuchs sehr nahe an Bens Hütte vorbei und so schnappte dieser zu. Damit hatte er nicht gerechnet. Ben war sonst ein eher ruhiger Vertreter seiner Art, er hatte ihm nur selten und dann auch nur meist wenig Ärger beim Verschaffen seiner Mahlzeiten gemacht. Doch diesmal hatte er Pech. Er versuchte, noch einen verzweifelten Haken zu schlagen. So verfehlte ihn das Maul des alten Tieres; aber eine Tatze jedoch riss ein Loch in sein schönes, seidiges, rotes Fell, aus dem alsbald eine Menge heißes Blut quoll.

Der Fuchs spürte den Schmerz kaum noch. Er rannte völlig erschöpft weiter. Über Äcker und Felder ging es bis zum Ufer des kleinen Flusses Flottom Peak. Dort gab es eine hohe Uferböschung, die einem Graben gleich an den Seiten des Flusses verlief. Mit einem guten Sprung konnte ein Fuchs durchaus den Fluss überwinden und vielleicht dadurch auch die Hunde hinter sich lassen. Erwähnenswert ist hierbei vielleicht noch, dass auch Füchse genau wie Katzen das fließende Nass scheuen und nicht etwa wie Hunde oder Otter recht gerne baden.

Er setzte an zum großen Sprung, die Hunde waren nur wenige Meter entfernt. Er sprang - doch was geschah? Oh je, der Sprung war viel zu kurz. Der Fuchs knallte böse gegen die Uferböschung. Er krallte sich an dornigen Zweigen fest und zog sich mit einem schon fast menschlichem Überlebenswillen nach oben. Der Sprung hatte viel Zeit gekostet. Zuviel Zeit. Der erste der beiden Hunde war schon über die Böschung gesprungen. Der zweite verfehlte aber auch wie ihr Opfer die Böschung und landete dann platschend im Wasser. Als der Fuchs sich nun mühsam nach oben robbte, war der erste Jagdhund über ihm. Der Hund verbiss sich in seinem Fell. Und was soll ich noch beschreiben – es sah übel aus für ihn. Er blutete aus vielen Wunden, ein Auge war schwer lädiert und er atmete schwer. Der andere kam hinzu und so wäre das Ende des Fuchses bald besiegelt gewesen, die Hunde aber waren sich gegenseitig nicht sonderlich grün und stritten nun um die Beute.

Währenddessen begann das Ritual, das der Mediziner vorbereitet hatte. Das Pentagramm war fertig, es fehlte nur noch das Herz des toten Fuchses. Dem Arzt wäre zwar ein noch schlagendes lieber gewesen, aber nachdem die Jäger der Gräfin ihn begreiflich gemacht hatten, dass es schier unmöglich war, solch einen Räuber lebend zu fassen, hatte der Doktor sich besonnen, das Ritual ein wenig abgeändert und stolz der Gräfin am Abend vorher verkündet:

„Wenne das Körper der Tier weniger als eine Stunde nache dem Tode sei, dann sei auch diesen Seele noch nicht das Körper ganz entstiegen.“ Er mache eine Pause, verengte seine Augen zu schmalen Schlitzen, atmete hörbar ein und zischte dann weiter in beschwörenden Ton: „Das Rittual könne danne – unter großen persönlichen Mühen, wie ich an dieser Stell aanfügen möchte - wie besprochen von mir adurche geführt werden können. Solle es so sein, teuerste Gräfin?“

Die Gräfin war einverstanden.

Als die beiden Hunde sich nun um den Fuchs balgten, schleppte sich dieser indes davon. Er sammelte nochmal alle Kräfte, stemmte sich auf seine vier blutenden Pfoten und schwankte dem Waldessaum entgegen. Die Hunden bemerkten mittlerweile, dass ihr Jagdobjekt nicht mehr an der Stelle lag, wo es eigentlich noch hätte liegen sollen. Sie unterbrachen ihren Zwist und rannten dem Fuchs hinterher. Es folgte eine kurze Hatz. Der Fuchs, mit einem kleinen Vorsprung ausgestattet, und jetzt kurz hinter ihm die beiden großen Hunde.

Er hätte es vielleicht noch schaffen können. Er hätte vielleicht noch den Waldesrand erreichen und dort vielleicht noch im dichten Unterholz entweichen können. Aber siehe da! Der Fuchs blieb stehen und man hätte meinen können, er lächelte, denn nun begriff er den immerwährenden Kreislauf des Lebens; des Gedeihens und des Sterbens. Die Hunde kamen langsam auf ihn zu und töteten ihn dann ohne Eile. Eine Woche später war der Medikus abgereist und die Gräfin verstorben. Zeitgleich erwachte irgendwo auf dieser Welt ein Fuchsjunges zu neuem Leben.

Aus einer gewissen Perspektive betrachtet sah dieses Junge fast wie eine kleine Gräfin aus.
 
G

Gelöschtes Mitglied 4259

Gast
Hallo Thomas,

die Geschichte beginnt recht verheißungsvoll, Du beschreibst eine zwar romantische, aber einleuchtende und spannende Grundsituation.

Dann schleichen sich leider Längen ein, z.B. die Schilderung der Verfolgungsjagd - sehr üppig geraten.

Dagegen kommt das Ende, die vom Leser erhoffte Pointe, sehr kurz und knapp. Für mich auch nicht ganz nachvollziehbar: ein quasi menschliches Verhalten der Einsicht in dialektische Prozesse bei einem Fuchs? - Ist er ein verzauberter Philosoph?

Sprachliche Nachbesserungen wären erforderlich, z.B.:

- ...Bienen schwirrten an ihn vorbei: muß ihm heißen..
- ...mitten durch sie hindurch: ist nicht leicht vorstellbar...
- ...ihn begreiflich gemacht hatten: richtig ist ihm
- Er mache eine Pause: soll sicher machte heißen...

Die Grundkonzeption finde ich nicht schlecht, es kommen keine der hirnrissigen Wunder vor, die sonst die Rubrik "Fantasie" bevölkern.

Grüße

P.
 

Von Mikel

Mitglied
Hallo Thomas,
mir geht es so wie Penelopeia: Am Anfang flüssig geschrieben und gut zu Lesen. Die Mitte, die Jagd zieht sich hin und dann der Schluß, überraschend.
Das Einbeziehen des Lesers oder Zuhörers finde ich einerseits passend für Märchen, aber anderseits sollte man einer Stilrichtung treu bleiben:
einen ganzen Absatz widmest Du dem Fuchs und der Hatz, die ganze Zeit schreibst Du DER FUCHS, ER .... und dann plötzlich mittendrin UNSER FUCHS und danach gleich wieder DER FUCHS u.s.w.
Desweiteren finde ich, wohl bedingt durch die Langamtmigkeit, zu viel Fuchs in dem Märchen, besonderst im mittleren Teil. Besser finde ich statt dessen mehr Abwechslung in der Bezeichnung des Tieres, denn Dein Märchen hat als Hauptcharakter den Fuchs.
Grüße
Von Mikel
 
Hallo P,

ich werde den Text entsprechend ( ihm -ihr) überarbeiten, gute Tipps, Danke. Du fragst, ob der Fuchs ein verkannter Philosoph ist? Ja, meiner Meinung nach ist er das! Die Geschichte läuft so ein bisschen unter Rubrik Fabel und daher finde ich das auch nicht so ganz unpassend.

Grüße Thomas Sichelschmied





Hallo Mikel,

uch dir vielen Dank, war mir schon aufgefallen, dass da sehr häufig der Begriff Fuchs steht. Auch mal in der 'Wir'-Form zu sprechen, finde ich in Ordnung, es soll den Leser (Leserin) ein wenig mehr in die Geschichte miteinbeziehen.

Grüße Th. Sichelschmied
 



 
Oben Unten