Der Killer ist dein Freund
Im Aufzug befanden sich vier Milchbärte, so um die sechzehn Jahre, ungefähr. Einer saß auf dem Boden, ließ sein Handy ein Musikstück spielen.
Ich wollte mit nach oben, sprang eilig rein, siebter Stock, Bücherei, und bedauerte es sofort. Wieso steh ich ausgerechnet heute mit vier pubertären
Idioten auf zwei Quadratmetern eingesperrt? Einer netter als der andere. Drapierte Härchen und kindisches Gemache, Zustimmung suchende Blicke.
„Meine Hose rutscht immer runter“, feixte der vor mir. Er kontrollierte im Spiegel seine Rückseite. Wieder eine Menge Gelache und der nächste
obligatorische Blick zu mir.
Klaustrophobisch betrachtet sind Spiegelwände in Aufzügen eine beruhigend raumgreifende Sache. Aber ich konnte nicht anders, ich dachte, hinter
der Wand ist etwas im Gange ... mit meinem Blick, ein gieriges Auge, es liest hinter der Spiegelfront des Tages weiter aus dieser Mörder-Geschichte,
die ich letzte Nacht gelesen hatte. Ein wachsames Auge, eines, das allzeit wissen will: WAS HIER ABGEHT!
Noch ein Musikstück, etwas lauter gestellt.
„Und? Gefällt es dir?“
Sie duzen mich, dachte ich, sie wollen mich unterhalten, irgendeine Reaktion haben. Ich schmunzelte und tat ein wenig angetan, sagte nichts,
halbwegs erleichtert. Trotzdem weiter Bilder vor dem inneren Auge aus dem Jugendbuch, das ich weit nach Mitternacht fertig gelesen hatte:
Die Erlebnisse eines achtjährigen Mädchen. April 1994. Ruanda.
Im Aufzug roch es männlich. Die Burschen nahmen bereits Aftershave. Keine Machete weit und breit. Sie werden mich nicht tagelang mit einem
Stock vergewaltigen. Ich muss mich nicht in einem Massengrab unter Leichen verstecken. Wochenlang in Sümpfen ausharren, weil alle paar
hundert Meter eine besoffene Horde an einer Straßensperre lauert. Ich werde nicht sehen, wie meine Mutter erschlagen wird. Nicht erfahren,
ob der Leichnam meines Vaters am Straßenrand von Hunden gefressen wurde.
Wir waren da. Die Aufzugtür ging auf. Die Jungs an mir vorbei. Sie hatten mich im Lesesaal überholt, lachten und boxten miteinander. Einer legte
den Arm um den anderen Kumpel.
Im Aufzug befanden sich vier Milchbärte, so um die sechzehn Jahre, ungefähr. Einer saß auf dem Boden, ließ sein Handy ein Musikstück spielen.
Ich wollte mit nach oben, sprang eilig rein, siebter Stock, Bücherei, und bedauerte es sofort. Wieso steh ich ausgerechnet heute mit vier pubertären
Idioten auf zwei Quadratmetern eingesperrt? Einer netter als der andere. Drapierte Härchen und kindisches Gemache, Zustimmung suchende Blicke.
„Meine Hose rutscht immer runter“, feixte der vor mir. Er kontrollierte im Spiegel seine Rückseite. Wieder eine Menge Gelache und der nächste
obligatorische Blick zu mir.
Klaustrophobisch betrachtet sind Spiegelwände in Aufzügen eine beruhigend raumgreifende Sache. Aber ich konnte nicht anders, ich dachte, hinter
der Wand ist etwas im Gange ... mit meinem Blick, ein gieriges Auge, es liest hinter der Spiegelfront des Tages weiter aus dieser Mörder-Geschichte,
die ich letzte Nacht gelesen hatte. Ein wachsames Auge, eines, das allzeit wissen will: WAS HIER ABGEHT!
Noch ein Musikstück, etwas lauter gestellt.
„Und? Gefällt es dir?“
Sie duzen mich, dachte ich, sie wollen mich unterhalten, irgendeine Reaktion haben. Ich schmunzelte und tat ein wenig angetan, sagte nichts,
halbwegs erleichtert. Trotzdem weiter Bilder vor dem inneren Auge aus dem Jugendbuch, das ich weit nach Mitternacht fertig gelesen hatte:
Die Erlebnisse eines achtjährigen Mädchen. April 1994. Ruanda.
Im Aufzug roch es männlich. Die Burschen nahmen bereits Aftershave. Keine Machete weit und breit. Sie werden mich nicht tagelang mit einem
Stock vergewaltigen. Ich muss mich nicht in einem Massengrab unter Leichen verstecken. Wochenlang in Sümpfen ausharren, weil alle paar
hundert Meter eine besoffene Horde an einer Straßensperre lauert. Ich werde nicht sehen, wie meine Mutter erschlagen wird. Nicht erfahren,
ob der Leichnam meines Vaters am Straßenrand von Hunden gefressen wurde.
Wir waren da. Die Aufzugtür ging auf. Die Jungs an mir vorbei. Sie hatten mich im Lesesaal überholt, lachten und boxten miteinander. Einer legte
den Arm um den anderen Kumpel.