Der Pyromane

Der Pyromane

Zum ersten Mal entdeckte Peter seine feurige Leidenschaft, als er etwa acht Jahre alt war.
Wo hatte die Mama bloß die Streichhölzer versteckt? Der Nachbarsjunge organisierte welche, und dann zogen sie beide los, um das trockene Gras eines Feldraines anzuzünden. Der Wind half mit, und im Nu stand die gesamte Böschung in Flammen.

Wenig später sorgte ein echter Feuerteufel in der Stadt für Aufregung. Eine ganze Serie von Brandstiftungen hielt Peter in Atem. Meist war er schneller am Brandherd als die Feuerwehr. Vor allem das Abrennen des Lumpenhändlers faszinierte ihn – nicht nur wegen der züngelnden Flammen. Auch der beißende, infernalische Gestank beeindruckte ihn mächtig. Wenig später brannte die Silberfuchsfarm ab. Am nahe gelegenen Badeteich begegneten Peter zwei Füchse, denen es gelungen war, ihren angesengten Pelz im Teichwasser zu löschen (zu Peters Gunsten sei angenommen, dass er trotz seiner Sensationsgier Mitleid mit den armen Tieren hatte).

Peters Interesse an feurigem Geschehen war durchaus nicht auf Spektakuläres beschränkt. Auch die Wunderkerzen am Weihnachtsbaum hatten es ihm angetan. Sehr viel später versuchte er, seine Gattin für diesen hübschen Brauch zu begeistern. Eine einzige Wunderkerze machte ihm einen Strich durch die Rechnung: Sie erzeugte ein Loch in einem teuren Teppich. Seitdem waren die Funkensprüher tabu.

Auch Leselupen sind nicht ganz harmlos. Peter staunte sehr, als sich sein Vater damit (und mit Hilfe der lieben Sonne) eine Zigarette anzündete. Er, der sonst übervorsichtig war, sollte es noch bereuen, dass er dem Filius sein Kunststück gezeigt hatte. Eines Tages hätte Peter fast einen Zimmerbrand verursacht. Die Oma, die immer zur Stelle war, wenn sie gebraucht wurde, reagierte schnell und erstickte die Flammen. Die Lupe wurde nie wieder gesichtet.

Auch in fortgeschrittenen Alter (35 J.!) konnte Peter nicht widerstehen, sich als Brandstifter zu betätigen. Er und seine Frau Beate waren dabei, das gerade erworbene Grundstück urbar zu machen. Von den bereits erschlossenen Grundstücken rundherum war aller denkbare Unrat auf ihrem Territorium gelandet, u.a. ein ausgedienter Autoreifen. Peter rächte sich auf seine Weise. Beate missbilligte sein Tun, doch er genoss die heftige Reaktion der Nachbarschaft, die wutschnaubend die Fenster aufriss aber ebenso schnell wieder schloss. Die rußende Brandfackel loderte meterhoch. Nach einigen Minuten hielt es Peter allerdings für ratsam, das Feuer mit mit einigen Schaufeln Sand zu löschen. Ein Glück, dass zu dieser Zeit der Umweltschutz noch klein geschrieben wurde.

Einige Jahre später waren Peter und Beate zu Bekannten eingeladen, Auf einmal ertönten Sirenen. Sirenen aus Nah und Fern. Es musste sich um ein größeres Ereignis handeln. Und dann sah Peter auch schon Feuerschein und riesige Rauchschwaden am Horizont. Ein richtig großer Waldbrand! Und er konnte da nicht hin! Was hätten denn die Gastgeber von ihm gedacht! Er litt Qualen.

Nach seiner Pensionierung unterhielt Peter mit seinem ehemaligen Vorgesetzten einen lockeren Briefwechsel, in dem er diesem seine pyro-manischen Neigungen offenbarte. Der Chef von einst erklärte darauf: „An Ihnen ist ein Nero verloren gegangen“.
 
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Dominik Klama

Gast
Ha, weil's halt irgendwie passt und ich es, ehrlich wahr, gerade erst gestern Abend in einer persönlichen Nachrcht an ein Mit-LL-Mitglied geschrieben habe...

Aber halt! Zum Verständnis des Folgenden ist leider unumgänglich, dass ihr jetzt erst mal "Ein Lächeln" von Soulstorm lest, was ihr gleich hier mit diesem Link machen könnt.

http://www.leselupe.de/lw/titel-Ein-Laecheln-108503.htm


Bei Soulstorm steht arg gelängter, penetrant mitmenschlich miefender [...], den man sich so lange antut, weil man meint, es komme dann genau dieser Twist, den [...] hatte. Sie geht aufs Klo, schaut in den Spiegel und der Leser sieht, dass sie eine vom Vampir gebissene Untote ist. Ich dachte die ganze Zeit, ich lese eine Übung in dem, was die hier immer so gut finden: Spannung schaffen und lange halten. Das ganz zu Beginn schon versprochene große Geheimnislüften am Ende. Was ist diesem Mädchen ganz Unglaubliches passiert? (Ihre Augen sind rot geworden, ihre Haut ist kalt und weiß, ihr stehen zwei Fangzähne aus dem Mund, sie hat blutige Male am Hals.) Aber nöö, die Dame gibt mir nicht mal das: Es hat gebrannt in der Bäckerei und sie hat halt ein verunstaltetes Gesicht, was sie ja zwischendurch schon immer mal bekannt gegeben hatte. No twist at all.

[...] Dieses "gegen Diskriminierung" was sie da hat, das ließe sich vielleicht wirklich ganz gut per Horror machen. Stephen King. Durch den Brand ist das Mädchen zu einem Stück Ekelfleisch geworden. Jetzt beschreibt Stephen King erst mal eine Spirale, wie sie immer bestialischer von allen gequält wird, gerade auch von denen, die sich für gute Christen halten. Und dann küsst sie der Satan und sie kehrt um und zahlt es ihnen allen heim und lässt sie auf brutalst mögliche Weise nacheinander über die Klinge springen. Bei King muss die dann am Ende zwar gepfählt werden, sie darf nicht ihren Mit-Vampir finden und eine Brut neuer Vampire zeugen, aber davor geht's ne Weile so richtig sadistisch zur Sache, während all die Scheinheiligen und heimlichen Quäler ausradiert werden. Da steckt ein Revolte-Potenzial drin.

Nicht so bei Soulstorm. Da heißt die Lösung: Es gibt immer Leute, die dir sagen, dass im Grunde gar nichts passiert ist. Ha! Diesem [...] von Peter, der mir eine ewig lange Busfahrt hindurch laufend erzählt, es sei ja alles in Ordnung, ich müsste nur Optimist sein, während rundum alle von mir wegschauen, die mich früher angeschaut haben, dem würde ich meine Vampirzähne als erstem in seine Halsschlagader rammen.

[...]
Wobei: Vielleicht war das ja nur das erste Kapitel von ihrem Roman. Sie schreibt ja einen. Und die roten Haare, deren Anblick sie beruhigt, könnten ja schon mal drauf hinweisen, dass sie sich später als Hexe rausstellen wird. Und der Brand in der Bäckerei, von dem könnte sich rausstellen, dass sie den gelegt hat, weil da diese ganzen Bäckersleute drin umkamen. Und dass sie eine Feuerteufelin ist.
 
Hallo Dominik!
War das wirklich Deine Antwort auf mein Werk? Da muss was verrutscht sein. Natürlich bin ich aber an Deiner Meinung interessiert.
LG Eberhard
 
D

Dominik Klama

Gast
Hallo Eberhard,

ganz zufällig kam ich auf deinen Pyromanen, weil ich mal in den Kasten auf der Startseite schaute, wo das gerade neueste Prosawerk drinstand. (Ist jetzt bestimmt schon ein anderes.) Mit Überschrift: Pyromane. Und gerade erst Stunden vorher hatte ich diesen Text über ein anderes LL-Werk gemailt (an privat), wo ich den (anderen) Text weitergesponnen und unterstellt hatte, die Protogonistin werde sich vielleicht bald als "Feuerteufelin" herausstellen. Das war dann auch der Grund, warum ich deins gelesen habe.

Beide Werke haben natürlich wenig miteinander zu tun. Und es steht jetzt unter deinem Thread eine (negative) Kritik über das Werk eines anderen Autors in einem anderen Thread drunter, wo ich an der "richtigen" Stelle gar nichts dazu gesagt habe. Wenn ich so was mal mache, gelegentlich, selten, dann gehe ich davon aus, dass meine Antwort nicht lange stehen bleiben wird, sondern bald vom Forenredakteur ausgeblendet wird - wegen Themaverfehlung. Bin eigentlich verwundert, dass das hier noch nicht passiert ist.


Und wo ich dann glaube, das tun die sowieso wieder weg, möchte ich nicht so sehr viel Original-Text dazuschreiben, das wäre dann ja umsonst. In diesem Fall war der Text aber schon geschrieben und wurde nur hier hinkopiert, von meinen privaten "Unterlagen" her.

Finde das aber an sich eine nicht uninteressate Angelegenheit, diese Intertextualität: unterschiedliche Werke von LL-Autoren, die an sich kaum was verbindet, zusammenzubringen und miteinander sprechen zu lassen. Wenn das nicht gelöscht wird, mache ich es vielleicht öfter.
 



 
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