Der Schuss
Sie würde nicht gewinnen. Nicht jetzt, nicht hier und nicht so. Doch sie hatte keine andere Wahl.
[ 3]Begonnen hatte es mit einem Blick aus grauen Augen. Einem flüchtigen Blick. Trotzdem wusste Joanna noch Tage später um das Samtene dieses Graus und dass – obwohl sie dies nicht hätte beschwören mögen – es die Augen eines Mannes gewesen waren. Das hätte nicht sein dürfen. Selbst die Vermutung männlicher Gegenwart war inakzeptabel. Sie störte das Gleichgewicht. Empfindlich.
[ 3]Joanna wog die Waffe in der Hand. Sie war schwer genug, um Macht zu vermitteln, und leicht genug, nicht zur Last zu werden. Sie lag gut in der Hand und fühlte sich logisch an.
[ 3]Eigentlich war es klar, dass eine so empfindliche Störung nicht von selbst verebben würde. Aber anfangs schien es so und Joanna hatte noch gehofft. Doch der Blick wiederholte sich. Er kam tatsächlich aus grauen Augen und er war definitiv männlich. Und die Bombe begann zu ticken. Joanna hatte sie hören können in stillen Stunden. Sie hatte sich gefragt, was geschehen würde, wenn die Zeit abgelaufen war.
[ 3]Joanna prüfte das Magazin. Sie hob die Waffe in den Anschlag und zielte. Ihre Lippne formten ein „Pffo!“ und die Waffe zuckte nach oben. Der imaginäre Schuss hatte getroffen.
[ 3]Wenn die Bombe explodierte, würde das Gleichgewicht sofort zerfallen. Es hatte so lange gedauert, die Balance herzustellen. Die Kategorien Mann und Frau waren als unberechenbare Störgrößen ausgegliedert worden. Vor Jahren schon. Doch alles änderte sich und vielleicht änderten sich auch Kategorien. Die Balance jedenfalls hatte sich geändert.
[ 3]Laut perlte der Straßenlärm an Joanna ab. Sie ging durch ihn hindurch, zielsicher, unberirrbar. Das Metall der Waffe kühlte und verankerte Joannas Ich in ihrem Entschluss.
[ 3]Wie ein Anker hielt die fremde Frau die Balance im Ungleichgewicht fest. Irgendwann würde diese fragile Konstruktion fallen. Wann? Das Alte war längst verdorben. Seit jenem ersten Blick. Der schon das Neue gesehen hatte. Ein neues Gleichgewicht. Sein neues Gleichgewicht. Mit Joanna. Oder ohne sie. Es war seine Entscheidung. Er wusste es nur noch nicht. Oder vielleicht wusste er es auch und verdrängte es nur. Denn er hatte keine Vorstellung von dem danach.
[ 3]Auch Joanna hatte keine Vorstellung von dem danach. Nur dass es anders sein würde, wusste sie. Dass ihr Traum in der Explosion verbrennen würde. Dass sein Blick darin verbrennen würde. Doch im Gegensatz zu ihm verdrängte sie nicht, dass die Bombe tickte. Sie akzeptierte die Möglichkeit zu sterben. Er nicht. Er leugnete, dass der Tod schon begonnen hatte. Vielleicht weil er nicht wusste, dass man manchmal eben sterben musste, um weiterleben zu können. Doch er würde es erfahren. Jetzt. Vielleicht würde dies der einzige Gewinn sein. Wahrscheinlich würde dies der einzige Gewinn sein. Aber das – Joanna hob die Waffe und zielte auf den Rücken der fremden Frau – war es wert.
[ 3]Das war es wert.
Danke an anke für die Hilfe.
Sie würde nicht gewinnen. Nicht jetzt, nicht hier und nicht so. Doch sie hatte keine andere Wahl.
[ 3]Begonnen hatte es mit einem Blick aus grauen Augen. Einem flüchtigen Blick. Trotzdem wusste Joanna noch Tage später um das Samtene dieses Graus und dass – obwohl sie dies nicht hätte beschwören mögen – es die Augen eines Mannes gewesen waren. Das hätte nicht sein dürfen. Selbst die Vermutung männlicher Gegenwart war inakzeptabel. Sie störte das Gleichgewicht. Empfindlich.
[ 3]Joanna wog die Waffe in der Hand. Sie war schwer genug, um Macht zu vermitteln, und leicht genug, nicht zur Last zu werden. Sie lag gut in der Hand und fühlte sich logisch an.
[ 3]Eigentlich war es klar, dass eine so empfindliche Störung nicht von selbst verebben würde. Aber anfangs schien es so und Joanna hatte noch gehofft. Doch der Blick wiederholte sich. Er kam tatsächlich aus grauen Augen und er war definitiv männlich. Und die Bombe begann zu ticken. Joanna hatte sie hören können in stillen Stunden. Sie hatte sich gefragt, was geschehen würde, wenn die Zeit abgelaufen war.
[ 3]Joanna prüfte das Magazin. Sie hob die Waffe in den Anschlag und zielte. Ihre Lippne formten ein „Pffo!“ und die Waffe zuckte nach oben. Der imaginäre Schuss hatte getroffen.
[ 3]Wenn die Bombe explodierte, würde das Gleichgewicht sofort zerfallen. Es hatte so lange gedauert, die Balance herzustellen. Die Kategorien Mann und Frau waren als unberechenbare Störgrößen ausgegliedert worden. Vor Jahren schon. Doch alles änderte sich und vielleicht änderten sich auch Kategorien. Die Balance jedenfalls hatte sich geändert.
[ 3]Laut perlte der Straßenlärm an Joanna ab. Sie ging durch ihn hindurch, zielsicher, unberirrbar. Das Metall der Waffe kühlte und verankerte Joannas Ich in ihrem Entschluss.
[ 3]Wie ein Anker hielt die fremde Frau die Balance im Ungleichgewicht fest. Irgendwann würde diese fragile Konstruktion fallen. Wann? Das Alte war längst verdorben. Seit jenem ersten Blick. Der schon das Neue gesehen hatte. Ein neues Gleichgewicht. Sein neues Gleichgewicht. Mit Joanna. Oder ohne sie. Es war seine Entscheidung. Er wusste es nur noch nicht. Oder vielleicht wusste er es auch und verdrängte es nur. Denn er hatte keine Vorstellung von dem danach.
[ 3]Auch Joanna hatte keine Vorstellung von dem danach. Nur dass es anders sein würde, wusste sie. Dass ihr Traum in der Explosion verbrennen würde. Dass sein Blick darin verbrennen würde. Doch im Gegensatz zu ihm verdrängte sie nicht, dass die Bombe tickte. Sie akzeptierte die Möglichkeit zu sterben. Er nicht. Er leugnete, dass der Tod schon begonnen hatte. Vielleicht weil er nicht wusste, dass man manchmal eben sterben musste, um weiterleben zu können. Doch er würde es erfahren. Jetzt. Vielleicht würde dies der einzige Gewinn sein. Wahrscheinlich würde dies der einzige Gewinn sein. Aber das – Joanna hob die Waffe und zielte auf den Rücken der fremden Frau – war es wert.
[ 3]Das war es wert.
Danke an anke für die Hilfe.