S
Stoffel
Gast
Der Tod im Seidenfrack
An jenem Abend war mir gar nicht herzig zu Mute. Ich hatte eigentlich keinen Grund zur Klage, gehörte ich doch zu denen, die gesellschaftlich auf der obersten Stufe standen. Mein Geschäft florierte, ich hatte alles erreicht, was man erreichen konnte. Dennoch war ich plötzlich erfüllt von großer Leere. Mir fehlte die Herausforderung, die mich einst so glühend und lebendig machte. Seufzend roch ich an dem kleinen Duftkissen aus Seide, dass mir Frau von Steif am Morgen geschenkt hatte.
"Ach Karl," sagte sie, als sie ihren Zobel überwarf, "Du bist heut' so blass, komm doch mal wieder zum Dinner und lache ein wenig mit uns." Missmutig griff ich mir eines dieser wunderbaren Petit Fours und schloss den Salon, als ich ein Geräusch vom Hintereingang vernahm. Das war nichts aussergewöhnliches, kamen doch einige meiner prominenten Stammkunden zum Hintereingang herein, um nicht gesehen zu werden.
Ein in Schwarz gekleideter, mir unbekannter Herr, stand vor mir. Kurz musterte ich den Schweigenden und schüttelte den Kopf. "Mein Gott, bei welchem Couturier lassen sie arbeiten?", fragte ich entsetzt und fühlte den ruppigen, abgeschlissenen Stoff seines Mantels. "Drehen sie sich doch bitte mal um!". Der Fremde schien verblüfft, tat aber was ich verlangte. Er inspirierte mich. Ich fühlte in mir das große Verlangen an ihm mein Meisterwerk zu schaffen. Leben schien wieder durch meine, vom guten Essen porösen Adern, zu fließen. "Schnell, stellen sie ihren Gehstock hin und ziehen sie ihren Mantel aus!" Dann rannte ich nach hinten in die Schneiderwerkstatt, holte Maßband und Stift. Ich war wieder der junge Schneidergeselle, mit Elan und Enthusiasmus, voller verrückter Ideen. Bei seinem Anblick stockte mir ein wenig der Atem. Der Ärmste war ja nur Haut und Knochen, wobei von der Haut selbst wenig zu sehen war. Ich tanzte förmlich um ihn herum, nahm Maß und kritzelte meine Notizen schnell wie der Wind. In meinem Kopf sah ich mein Meisterwerk bereits vor mir.
Dann reichte ich ihm seinen Mantel. Der Fremde wollte etwas einwenden, doch winkte ich ab. "Kommen sie morgen wieder mein Herr, um dieselbe Zeit!" Dann ging er und ich machte mich an die Arbeit. Die ganze Nacht bis zum Morgen hin. Meine Schneiderin, Frau Sippelt fand mich auf dem Canape' und schlug entsetzt die Hände vor das Gesicht. "Was machen sie denn bloß? Denken sie denn gar nicht an ihr Herz?" Oh doch, und wie. Mein Herz hüpfte förmlich, als ich mir mein Werk ansah. Und ich freute mich auf den Abend.
Lautlos betrat er den Salon durch den Hintereingang. Erfreut begrüßte ich ihn und nahm ihm seinen Mantel ab. "Sie werden erstaunt sein, warten sie." Dann holte ich das gute Stück und er zog es an. Ich zerrte ihn erwartungsvoll vor den Spiegel und sah ihn an. "Also, was sagen sie? Ist das nicht ein vollkommenes Kunstwerk?" Der Fremde drehte sich und nickte zustimmend. "Sie haben mir das Leben wiedergeschenkt",sagte ich voller Dankbarkeit. Dann nahm er seinen Gehstock und winkte mich zu sich. "Kommen sie, wir gehen." Ich nahm meinen Mantel und folgte ihm.
Hier oben habe ich viel zu tun. Ava und Marlene sind begeistert von meiner neuen Kollektion. Nur mit Petrus habe ich meine Probleme. Aber irgendwann werde ich ihn so weit haben, ein wenig mehr Farbe zu tragen.
An jenem Abend war mir gar nicht herzig zu Mute. Ich hatte eigentlich keinen Grund zur Klage, gehörte ich doch zu denen, die gesellschaftlich auf der obersten Stufe standen. Mein Geschäft florierte, ich hatte alles erreicht, was man erreichen konnte. Dennoch war ich plötzlich erfüllt von großer Leere. Mir fehlte die Herausforderung, die mich einst so glühend und lebendig machte. Seufzend roch ich an dem kleinen Duftkissen aus Seide, dass mir Frau von Steif am Morgen geschenkt hatte.
"Ach Karl," sagte sie, als sie ihren Zobel überwarf, "Du bist heut' so blass, komm doch mal wieder zum Dinner und lache ein wenig mit uns." Missmutig griff ich mir eines dieser wunderbaren Petit Fours und schloss den Salon, als ich ein Geräusch vom Hintereingang vernahm. Das war nichts aussergewöhnliches, kamen doch einige meiner prominenten Stammkunden zum Hintereingang herein, um nicht gesehen zu werden.
Ein in Schwarz gekleideter, mir unbekannter Herr, stand vor mir. Kurz musterte ich den Schweigenden und schüttelte den Kopf. "Mein Gott, bei welchem Couturier lassen sie arbeiten?", fragte ich entsetzt und fühlte den ruppigen, abgeschlissenen Stoff seines Mantels. "Drehen sie sich doch bitte mal um!". Der Fremde schien verblüfft, tat aber was ich verlangte. Er inspirierte mich. Ich fühlte in mir das große Verlangen an ihm mein Meisterwerk zu schaffen. Leben schien wieder durch meine, vom guten Essen porösen Adern, zu fließen. "Schnell, stellen sie ihren Gehstock hin und ziehen sie ihren Mantel aus!" Dann rannte ich nach hinten in die Schneiderwerkstatt, holte Maßband und Stift. Ich war wieder der junge Schneidergeselle, mit Elan und Enthusiasmus, voller verrückter Ideen. Bei seinem Anblick stockte mir ein wenig der Atem. Der Ärmste war ja nur Haut und Knochen, wobei von der Haut selbst wenig zu sehen war. Ich tanzte förmlich um ihn herum, nahm Maß und kritzelte meine Notizen schnell wie der Wind. In meinem Kopf sah ich mein Meisterwerk bereits vor mir.
Dann reichte ich ihm seinen Mantel. Der Fremde wollte etwas einwenden, doch winkte ich ab. "Kommen sie morgen wieder mein Herr, um dieselbe Zeit!" Dann ging er und ich machte mich an die Arbeit. Die ganze Nacht bis zum Morgen hin. Meine Schneiderin, Frau Sippelt fand mich auf dem Canape' und schlug entsetzt die Hände vor das Gesicht. "Was machen sie denn bloß? Denken sie denn gar nicht an ihr Herz?" Oh doch, und wie. Mein Herz hüpfte förmlich, als ich mir mein Werk ansah. Und ich freute mich auf den Abend.
Lautlos betrat er den Salon durch den Hintereingang. Erfreut begrüßte ich ihn und nahm ihm seinen Mantel ab. "Sie werden erstaunt sein, warten sie." Dann holte ich das gute Stück und er zog es an. Ich zerrte ihn erwartungsvoll vor den Spiegel und sah ihn an. "Also, was sagen sie? Ist das nicht ein vollkommenes Kunstwerk?" Der Fremde drehte sich und nickte zustimmend. "Sie haben mir das Leben wiedergeschenkt",sagte ich voller Dankbarkeit. Dann nahm er seinen Gehstock und winkte mich zu sich. "Kommen sie, wir gehen." Ich nahm meinen Mantel und folgte ihm.
Hier oben habe ich viel zu tun. Ava und Marlene sind begeistert von meiner neuen Kollektion. Nur mit Petrus habe ich meine Probleme. Aber irgendwann werde ich ihn so weit haben, ein wenig mehr Farbe zu tragen.