Hallo Markus
Eine eindrucksvolle Szene, gruselig romantisch.
Eine wundervoller, getragener Erzählstil.
Nur, bitte, lass mich eines Anmerken:
Da stand die Angebetete kerzengerade zwischen den Zypressen an der Friedhofsmauer und grinste:
... und grinste.
Abgesehen von der physikalischen Tatsache, das „grinsen“ ein Gesichtsausdruck und damit ein Spiel von Haut und Muskeln ist, welches die bleiche Lady nicht mehr besitzt.
Dieses „... und grinste“ passt überhaupt nicht in den Erzählstil. Für meinen Geschmack:
Es stört nachhaltig. Wie ein Schlagloch auf der Autobahn.
Oder in deinem Stil, etwas poetischer Ausgedrückt:
„Wie ein winziger Fleck schwarzer Tusche auf einer makellosen, cremefarbenen Seidenbluse.“
Schon beim ersten Lesen hallte dieses „und grinste“ den ganzen Rest des Textes in mir nach.
Ach ja, fällt erst nach mehrmaligen Lesen auf, sozusagen eine „Bügelfalte an der falschen Stelle“, nicht unbedingt störend, eher etwas irritierend:
„Ach, wäre sie doch eine Lebende, dann könnte ich sie mir wenigstens holen.“ Mit diesen Worten zog Gevatter Tod die Kapuze über den Schädel ...
Irgendwann war „sie“ doch wohl mal eine „Lebende“ und ist(!) demzufolge irgendwann mal von „ Gevatter Tod“ schon geholt worden.
Plastische Schilderung, liebreizende Anblicke aus der Sicht eines Skelettes.
Während er von ihr erforscht wurde, erblühte in ihren Augenhöhlen etwas wie schwarze Rosen.
Gänsehaut-Produzierend.
Grüßende Verneigung
Frank