Am 11.Diljana 990 d. R. kam es im Westhafen von Burnie zu einem schrecklichen Unglück. Das stolze Handelsschiff „Braut von Burnie“ wurde ein Opfer der Wellen. Hier sei dem geneigten Leser dieses tragische Geschehen wiedergegeben. Der Schreiber dieser traurigen Geschichte war selbst nicht zugegen, jedoch versucht er sich das schreckliche Schicksal dieser Menschen lebhaft vor Augen zu führen und die Geschichte mit seinem bescheidenen Talent so gut wie möglich zu erzählen. In der Nacht vom 10. auf den 11. Diljana lief das Schiff aus und kehrte nie wieder, doch die „Braut von Burnie“ sollte nicht das letzte sein, was in Stadt in diesen Tagen verlor.
Rauch und Ärger lagen in der kleinen Hütte am Westhafen in der Luft. Die Fackeln erleuchte den Raum nur erbärmlich und konnten der unerklärlichen Kälte nicht entgegentreten. Der Wind schlug gegen die Fenster. Zwei Männer standen sich an einer Theke wie Raubtiere entgegen.
„ Ich kann ihr Schiff nicht auslaufen lassen.“ , sagte der magere Mann hinter der Theke.
„ Warum nicht?“ , fragte der dicke Mann vor der Theke.
„ Schauen sie sich doch das Wetter draußen an. Es kann kein Schiff auslaufen. Unmöglich.“, gab er zur Antwort und zitterte dabei halb vor Kälte und halb vor Angst. Sein graues, dünnes Leinenhemd, was ehemals weiß gewesen war, bot ihm nur wenig Schutz. Der dicke Mann zog an seiner Zigarre und blies dem Hafenangestellten den Rauch trotzig ins Gesicht.
„ Aber ich habe wertvolle und verderbliche Güter. Diese müssen so schnell wie möglich in Half sein.“, warf der Kaufmann ein.
„ Es ist unmöglich!“ , antwortete der Magere und schüttelte entschlossen den Kopf.
„ Vielleicht nicht... .“, sagte der Dicke leise.
Er betrachtete den mageren Mann. Sah in seine müden, hungrigen Augen. Streifte sein mageres Gesicht und blickte auf seine schäbige Kleidung. Er nickte kurz und griff in die linke Tasche seiner weißen Wildlederjacke, holte einen kleinen Beutel heraus und reichte diesen dem Angestellten mit den Worten: „ Vergessen sie das Wetter einfach.“
Der Mann hinter der Theke stutzte zuerst, dann ergriffen seine hungrigen Augen das Säckchen und letztendlich seine Hände.
„ Auf ihre Verantwortung, mein Herr.“ , versuchte der Hafenangestellte Schuld von sich zu nehmen.
Der dicke Mann nickte zustimmend und zog an seiner Zigarre. Er klopfte den mageren Mann auf die Schulter und verließ die kleine Hütte, der Wind blies ihm etwas Asche ins Gesicht.
Der Hafenangestellte überlegte noch kurz, ob er wirklich auf die Bestechung eingehen sollte, tat dann aber den Stempel auf das Auslaufdokument und folgte dem Kaufmann in die Kälte. Die Kälte wollte zuerst den Dicken ergreifen, sah aber im Mageren ein leichteres Opfer und ließ ihm seine eisigen Hände spüren. Der Angestellte erzitterte. Der Kaufmann winkte der verantwortlichen Frau auf dem Schiff zu und rief gegen den Wind an:
„ Ihr könnt auslaufen, es ist alles in bester Ordnung. Bringt meine Waren schnell und sicher nach Half.“ Er wandte sich darauf zum Bestochen: „ Hier sind ihre vier Goldtaler Auslaufgebühr. Ich möchte ihren Gewinn nicht schmälern.“
Er reichte den Angestellten die Gebühr. Dieser nickte kurz, gab dem Kaufmann das Dokument und verabschiedete sich, um in die etwas wärmere Hütte zu fliehen. Das Schiff wankte und schwankte aus dem Hafen. Der Dicke stand jetzt alleine draußen, blickte dem Schiff nach und lächelte ins Dunkle.
„ Geld regiert Burnie.“ , sagte er zu sich selbst. Er machte sich zufrieden auf den Heimweg und stieg dazu in eine Kutsche, die eine Straße weiter auf ihn wartete. Es war Mitternacht.
Es war Mitternacht. Wind und Meer teilten sich das neu erworbene Spielzeug. Die Stärke des Windes und die Höhe der Wellen versuchten sich gegenseitig zu überbieten. Trotz des Wellengangs stand der Kapitän fest in der Mitte des Schiffes, bereit diesem Wetter zu trotzen.
„ Mannschaft, haltet das Schiff auf Kurs.“ , rief sie ihren Leuten entgegen. Doch sie schaffte es nicht, gegen den Sturm anzuschreien. Ein verzweifelter, junger Matrose kam auf sie zu und schrie ihr entgegen.
„ Frau Kapitän. Es hat keinen Sinn. Wir müssen zurück in den Hafen, sonst werden wir alle elendlicht ersaufen. Seht nur, da geht wieder ein Mann von Bord. Wir müssen zurück.“
Die Frau suchte noch festeren Stand, ein überhebliches Lächeln glitt über ihr Gesicht und sie schrie, denn Schreien war jetzt die einzige mögliche Kommunikationsform, den jungen Mann kurz vor ihr zu:
„ Niemals, Grünschnabel. Ich habe noch nie ein Schiff verloren und werde auch dieses nicht verlieren. Ich kehre nicht feige um.“ , und indem sie die Hände und den Blick zum Himmel hob. „ Nein, ich kehre nicht um. Ly, du kannst mich nicht bezwingen... .“
Bei diesen Worten brach sie wie vom Blitz getroffen zuckend zusammen, der junge Matrose hingegen blieb stehen. Völlig geschockt über den Fall seines Kapitäns versuchte er ihr aufzuhelfen, bevor er durch einen heftigen Stoß nach hinten fiel und mit dem Kopf am Boden aufprallte. Völlig benommen rollte er seinen Körper beiseite.
Der Kapitän hatte sich mittlerweile wieder aufgerappelt und wollte sich erneut festen Stand suchen als der herabfallende Hauptmast sie und den jungen Mann unter sich begrub. Der junge Mann hatte seinen Körper in die falsche Richtung bewegt, in die Fallrichtung des Mastes, doch war ihm dieser Fehler jetzt nicht mehr bewusst.
Der Kapitän hingegen hatte überlebt. Sicherlich, irgendetwas war gebrochen, das spürte sie ganz deutlich. Was es war, konnte sie nicht sagen. Aber was tat es auch zur Sache. Sie war jetzt so hilflos. So hilflos. Sie konnte sich nicht bewegen. Wer würde ihr schon helfen? Die Mannschaft war jetzt damit beschäftigt, sich selbst zu retten. Jeder für sich selbst. Es war eigentlich keine Mannschaft mehr. Ja, die Panik ließ schnell jede Rangordnung vergessen und schaffte nur noch Individuen. Wenn es ums Überleben ging, gab es keine Offiziere und keinen Kapitän. Und langsam wurde ihr einst klar.
Sie musste sterben. War sie jetzt ein Held? Gab es überhaupt Helden? Wer wusste das schon? Ja, der Tod. Der Tod wartete jetzt auf sie. Und fast glaubte sie ihn zu sehen. Ihn, den ewigen Gleichmacher, wie er vorne am Bug stand in seiner schwarzen Kutte, als einziger die Ruhe bewahrend, den Sturm trotzend, die Seelen der Toten um sich sammelnd. Bald bist auch du an der Reihe. Aber erst hole ich noch einige deiner Leute und dann bist erst du dran. Ich kenne keine Rangordnung.
Und mit einem Mal begann sie zu weinen. Sie konnte sich nicht daran erinnern, wann sie das letzte Mal geweint hatte. Nein, wirklich nicht. Und sie wusste nicht einmal warum. Dabei war alles so sinnlos. Denn wer sieht im Meer schon deine Tränen? Dies mochte einer ihrer letzten Gedanken gewesen sein. Das Meer hatte endgültig Erbarmen und zog das Schiff in sein nasses Grab. Die blutige Ernte hatte begonnen.
Marius Pieruschka
Rauch und Ärger lagen in der kleinen Hütte am Westhafen in der Luft. Die Fackeln erleuchte den Raum nur erbärmlich und konnten der unerklärlichen Kälte nicht entgegentreten. Der Wind schlug gegen die Fenster. Zwei Männer standen sich an einer Theke wie Raubtiere entgegen.
„ Ich kann ihr Schiff nicht auslaufen lassen.“ , sagte der magere Mann hinter der Theke.
„ Warum nicht?“ , fragte der dicke Mann vor der Theke.
„ Schauen sie sich doch das Wetter draußen an. Es kann kein Schiff auslaufen. Unmöglich.“, gab er zur Antwort und zitterte dabei halb vor Kälte und halb vor Angst. Sein graues, dünnes Leinenhemd, was ehemals weiß gewesen war, bot ihm nur wenig Schutz. Der dicke Mann zog an seiner Zigarre und blies dem Hafenangestellten den Rauch trotzig ins Gesicht.
„ Aber ich habe wertvolle und verderbliche Güter. Diese müssen so schnell wie möglich in Half sein.“, warf der Kaufmann ein.
„ Es ist unmöglich!“ , antwortete der Magere und schüttelte entschlossen den Kopf.
„ Vielleicht nicht... .“, sagte der Dicke leise.
Er betrachtete den mageren Mann. Sah in seine müden, hungrigen Augen. Streifte sein mageres Gesicht und blickte auf seine schäbige Kleidung. Er nickte kurz und griff in die linke Tasche seiner weißen Wildlederjacke, holte einen kleinen Beutel heraus und reichte diesen dem Angestellten mit den Worten: „ Vergessen sie das Wetter einfach.“
Der Mann hinter der Theke stutzte zuerst, dann ergriffen seine hungrigen Augen das Säckchen und letztendlich seine Hände.
„ Auf ihre Verantwortung, mein Herr.“ , versuchte der Hafenangestellte Schuld von sich zu nehmen.
Der dicke Mann nickte zustimmend und zog an seiner Zigarre. Er klopfte den mageren Mann auf die Schulter und verließ die kleine Hütte, der Wind blies ihm etwas Asche ins Gesicht.
Der Hafenangestellte überlegte noch kurz, ob er wirklich auf die Bestechung eingehen sollte, tat dann aber den Stempel auf das Auslaufdokument und folgte dem Kaufmann in die Kälte. Die Kälte wollte zuerst den Dicken ergreifen, sah aber im Mageren ein leichteres Opfer und ließ ihm seine eisigen Hände spüren. Der Angestellte erzitterte. Der Kaufmann winkte der verantwortlichen Frau auf dem Schiff zu und rief gegen den Wind an:
„ Ihr könnt auslaufen, es ist alles in bester Ordnung. Bringt meine Waren schnell und sicher nach Half.“ Er wandte sich darauf zum Bestochen: „ Hier sind ihre vier Goldtaler Auslaufgebühr. Ich möchte ihren Gewinn nicht schmälern.“
Er reichte den Angestellten die Gebühr. Dieser nickte kurz, gab dem Kaufmann das Dokument und verabschiedete sich, um in die etwas wärmere Hütte zu fliehen. Das Schiff wankte und schwankte aus dem Hafen. Der Dicke stand jetzt alleine draußen, blickte dem Schiff nach und lächelte ins Dunkle.
„ Geld regiert Burnie.“ , sagte er zu sich selbst. Er machte sich zufrieden auf den Heimweg und stieg dazu in eine Kutsche, die eine Straße weiter auf ihn wartete. Es war Mitternacht.
Es war Mitternacht. Wind und Meer teilten sich das neu erworbene Spielzeug. Die Stärke des Windes und die Höhe der Wellen versuchten sich gegenseitig zu überbieten. Trotz des Wellengangs stand der Kapitän fest in der Mitte des Schiffes, bereit diesem Wetter zu trotzen.
„ Mannschaft, haltet das Schiff auf Kurs.“ , rief sie ihren Leuten entgegen. Doch sie schaffte es nicht, gegen den Sturm anzuschreien. Ein verzweifelter, junger Matrose kam auf sie zu und schrie ihr entgegen.
„ Frau Kapitän. Es hat keinen Sinn. Wir müssen zurück in den Hafen, sonst werden wir alle elendlicht ersaufen. Seht nur, da geht wieder ein Mann von Bord. Wir müssen zurück.“
Die Frau suchte noch festeren Stand, ein überhebliches Lächeln glitt über ihr Gesicht und sie schrie, denn Schreien war jetzt die einzige mögliche Kommunikationsform, den jungen Mann kurz vor ihr zu:
„ Niemals, Grünschnabel. Ich habe noch nie ein Schiff verloren und werde auch dieses nicht verlieren. Ich kehre nicht feige um.“ , und indem sie die Hände und den Blick zum Himmel hob. „ Nein, ich kehre nicht um. Ly, du kannst mich nicht bezwingen... .“
Bei diesen Worten brach sie wie vom Blitz getroffen zuckend zusammen, der junge Matrose hingegen blieb stehen. Völlig geschockt über den Fall seines Kapitäns versuchte er ihr aufzuhelfen, bevor er durch einen heftigen Stoß nach hinten fiel und mit dem Kopf am Boden aufprallte. Völlig benommen rollte er seinen Körper beiseite.
Der Kapitän hatte sich mittlerweile wieder aufgerappelt und wollte sich erneut festen Stand suchen als der herabfallende Hauptmast sie und den jungen Mann unter sich begrub. Der junge Mann hatte seinen Körper in die falsche Richtung bewegt, in die Fallrichtung des Mastes, doch war ihm dieser Fehler jetzt nicht mehr bewusst.
Der Kapitän hingegen hatte überlebt. Sicherlich, irgendetwas war gebrochen, das spürte sie ganz deutlich. Was es war, konnte sie nicht sagen. Aber was tat es auch zur Sache. Sie war jetzt so hilflos. So hilflos. Sie konnte sich nicht bewegen. Wer würde ihr schon helfen? Die Mannschaft war jetzt damit beschäftigt, sich selbst zu retten. Jeder für sich selbst. Es war eigentlich keine Mannschaft mehr. Ja, die Panik ließ schnell jede Rangordnung vergessen und schaffte nur noch Individuen. Wenn es ums Überleben ging, gab es keine Offiziere und keinen Kapitän. Und langsam wurde ihr einst klar.
Sie musste sterben. War sie jetzt ein Held? Gab es überhaupt Helden? Wer wusste das schon? Ja, der Tod. Der Tod wartete jetzt auf sie. Und fast glaubte sie ihn zu sehen. Ihn, den ewigen Gleichmacher, wie er vorne am Bug stand in seiner schwarzen Kutte, als einziger die Ruhe bewahrend, den Sturm trotzend, die Seelen der Toten um sich sammelnd. Bald bist auch du an der Reihe. Aber erst hole ich noch einige deiner Leute und dann bist erst du dran. Ich kenne keine Rangordnung.
Und mit einem Mal begann sie zu weinen. Sie konnte sich nicht daran erinnern, wann sie das letzte Mal geweint hatte. Nein, wirklich nicht. Und sie wusste nicht einmal warum. Dabei war alles so sinnlos. Denn wer sieht im Meer schon deine Tränen? Dies mochte einer ihrer letzten Gedanken gewesen sein. Das Meer hatte endgültig Erbarmen und zog das Schiff in sein nasses Grab. Die blutige Ernte hatte begonnen.
Marius Pieruschka