Karl Feldkamp
Mitglied
Bin leider kein begabter Maler. Kann es daher bei ihr nur mit diesen Schriftzeichen versuchen.
Sie hat nicht die geringste Ahnung, dass sie mir hier im Café Modell sitzt. Von ihr weiß ich vor allem, dass sie ungefähr fünfzig Jahre alt, Professorin und Einzelkind ist und neben anderen ein Buch mit dem Titel „Kinder brauchen Wurzeln und Flügel“ schrieb.
Könnte ich ein Portrait von ihr malen, würde ich Ölfarben nehmen und nicht ihren Name unter das Bild setzen sondern dieser Buchtitel.
Von runden Brillengläsern wenig geschützt, sieht sie mich mit unverhohlen neugierigen Augen an, wohlwollend und zugleich abschätzig amüsiert, wie überlegene Frauen eben auf Männer herabblicken, ohne auf sie herabblicken zu wollen. So gelingt es ihr auch, irgendwie zu mir aufzusehen.
Von diesen Blicken fühle ich mich immer noch ertappt? Ahne noch nicht einmal wobei. Vermutlich dabei, sie ertappen zu wollen? Doch weiß ich, welches Geheimnis ich in ihren Blicken suche? Manchmal ist es nur gut, nichts Genaueres zu wissen.
Ein Strahlenkranz nur wenig gebändigter blonder Haare gibt ihrem Gesicht und ihrem Lächeln jenen sanften Glanz, den ich bisher vor allem in offenen Kindergesichtern sah. Wahrscheinlich hat sie Probleme mit dem Altwerden, allerdings, ohne wirklich Angst vor dem Alter zu spüren. Widersprüchlich ist sie und zugleich eindeutig. Eben eindeutig widersprüchlich. Was mich an diesem Gesicht reizt, lässt mich zugleich auf der Hut sein. Es verleiht meiner Fantasie Flügel und ungeheuere Sehnsucht nach Sicherheit.
„Das Land der Sehnsucht liegt zwischen Freiheit und Geborgenheit.“ sage ich leise. Sie nickt und zuckt kurz mit den Schultern.
Ihre Augen werden feucht. Tränen machen sich nicht auf den Weg.
Für Momente tanzen ihre Finger auf der Tischplatte. Und zum Takt der Finger bewegen sich ihre Augen ruckartig auf und ab und hin und her.
Mit dem Handrücken schiebt sie sich ein blonde Strähne aus dem Gesicht und sieht mich an. Nein, in mich hinein. Kein starrender Blick. Eher ein lockend annehmender.
Sie lächelt und bevor sie es sagt, ziehen sich ihre Lippen leicht nach oben zurück.
„Ich liebe es zu fliegen, zu schweben, zu schwingen…!“ Und ihre Hände werden zu Flügeln, während ihre Augen zu strahlen beginnen, als schwebe sie bereits suchend über einer kleinen Welt weit unter ihr.
Dann schimmern ihre Augen wieder feucht hinter der Brille. Sie lässt die linke Hand auf den Tisch fallen, legt die rechte liebevoll behutsam darauf und streichelt die linke.
„Bin nächste Woche wieder unterwegs. Vortragsreisen. Wien, Innsbruck, Zürich. Lerne hoffentlich ein paar spannende Leute kennen. Gelingt mir eigentlich immer… “
Ihr Gesicht wirkt reisefertig. Erinnert an einen weit gereisten gepackten Koffer, der bereits in der Gepäckannahme wartet.
Mit den bloßen Händen wischt sie ein paar Krümel von der Marmorplatte des Café-Tisches, nimmt hastig einen Schluck aus dem Wasserglas.
„Ja“, sage ich. „Muss auch gehen. Habe gleich noch einen Termin. Würde dich gern bald wiedersehen.“
Sie nickt. Und in ihren Augen leuchtet bereits Wiedersehensfreude.
Schon halb stehend, deute ich an, mich noch einmal setzen zu wollen. Lege aber nur vorsichtig meine Rechte auf ihre linke Flughand, lasse sofort wieder los. Sie steht auf, ich helfe ihr in den Mantel.
Draußen vor dem Café werden wir uns, wie gewohnt, aus der Umarmung lösen und wissen, dass es diesmal noch länger bis zu unserem nächsten Treffen dauern wird.
Sie hat nicht die geringste Ahnung, dass sie mir hier im Café Modell sitzt. Von ihr weiß ich vor allem, dass sie ungefähr fünfzig Jahre alt, Professorin und Einzelkind ist und neben anderen ein Buch mit dem Titel „Kinder brauchen Wurzeln und Flügel“ schrieb.
Könnte ich ein Portrait von ihr malen, würde ich Ölfarben nehmen und nicht ihren Name unter das Bild setzen sondern dieser Buchtitel.
Von runden Brillengläsern wenig geschützt, sieht sie mich mit unverhohlen neugierigen Augen an, wohlwollend und zugleich abschätzig amüsiert, wie überlegene Frauen eben auf Männer herabblicken, ohne auf sie herabblicken zu wollen. So gelingt es ihr auch, irgendwie zu mir aufzusehen.
Von diesen Blicken fühle ich mich immer noch ertappt? Ahne noch nicht einmal wobei. Vermutlich dabei, sie ertappen zu wollen? Doch weiß ich, welches Geheimnis ich in ihren Blicken suche? Manchmal ist es nur gut, nichts Genaueres zu wissen.
Ein Strahlenkranz nur wenig gebändigter blonder Haare gibt ihrem Gesicht und ihrem Lächeln jenen sanften Glanz, den ich bisher vor allem in offenen Kindergesichtern sah. Wahrscheinlich hat sie Probleme mit dem Altwerden, allerdings, ohne wirklich Angst vor dem Alter zu spüren. Widersprüchlich ist sie und zugleich eindeutig. Eben eindeutig widersprüchlich. Was mich an diesem Gesicht reizt, lässt mich zugleich auf der Hut sein. Es verleiht meiner Fantasie Flügel und ungeheuere Sehnsucht nach Sicherheit.
„Das Land der Sehnsucht liegt zwischen Freiheit und Geborgenheit.“ sage ich leise. Sie nickt und zuckt kurz mit den Schultern.
Ihre Augen werden feucht. Tränen machen sich nicht auf den Weg.
Für Momente tanzen ihre Finger auf der Tischplatte. Und zum Takt der Finger bewegen sich ihre Augen ruckartig auf und ab und hin und her.
Mit dem Handrücken schiebt sie sich ein blonde Strähne aus dem Gesicht und sieht mich an. Nein, in mich hinein. Kein starrender Blick. Eher ein lockend annehmender.
Sie lächelt und bevor sie es sagt, ziehen sich ihre Lippen leicht nach oben zurück.
„Ich liebe es zu fliegen, zu schweben, zu schwingen…!“ Und ihre Hände werden zu Flügeln, während ihre Augen zu strahlen beginnen, als schwebe sie bereits suchend über einer kleinen Welt weit unter ihr.
Dann schimmern ihre Augen wieder feucht hinter der Brille. Sie lässt die linke Hand auf den Tisch fallen, legt die rechte liebevoll behutsam darauf und streichelt die linke.
„Bin nächste Woche wieder unterwegs. Vortragsreisen. Wien, Innsbruck, Zürich. Lerne hoffentlich ein paar spannende Leute kennen. Gelingt mir eigentlich immer… “
Ihr Gesicht wirkt reisefertig. Erinnert an einen weit gereisten gepackten Koffer, der bereits in der Gepäckannahme wartet.
Mit den bloßen Händen wischt sie ein paar Krümel von der Marmorplatte des Café-Tisches, nimmt hastig einen Schluck aus dem Wasserglas.
„Ja“, sage ich. „Muss auch gehen. Habe gleich noch einen Termin. Würde dich gern bald wiedersehen.“
Sie nickt. Und in ihren Augen leuchtet bereits Wiedersehensfreude.
Schon halb stehend, deute ich an, mich noch einmal setzen zu wollen. Lege aber nur vorsichtig meine Rechte auf ihre linke Flughand, lasse sofort wieder los. Sie steht auf, ich helfe ihr in den Mantel.
Draußen vor dem Café werden wir uns, wie gewohnt, aus der Umarmung lösen und wissen, dass es diesmal noch länger bis zu unserem nächsten Treffen dauern wird.