Hallo James
jetzt also mit dem notwendigen Ernst der Sache ans Detail und voran nochmal mein Dank für deine eingehende Textarbeit!
Man möchte meinen: “Pointe hin, alles hin...” und überhaupt, wie leicht ein Werk in seiner Absicht doch missverstanden werden kann, vor allem wenn es darum geht, auch zwischen den Zeilen und Bildern zu lesen.
Die Obszönität der Pointe verdirbt vielleicht mehr als erhofft. Ich dachte auch an Stelldichein und Rendevous (viel zu harmlos) und Orgie (viel zu direkt); außerdem sollte es ja ironisch (oder eben sarkastisch) bleiben, die 'selbstlosen' gehören zur letzten Zeile wie das Ereignis an sich.
Nun habe ich die Absicht inzwischen einigermaßen erklärt. Es geht eben nicht um irgendeine banale, frivole Schadenfreude, sondern um ein 'lyrisches Sittenbild', eine satirische Parabel usw. Dass von 'drei Reitern' nichts Gutes zu erwarten ist, kann dem Leser schwanen oder nicht, es fängt ja mit einem romantischen Ritt durch die Landschaft an. Doch diese ist in der ersten Zeile bereits trostlos (also keine blühenden Wiesen und Felder der königlichen Ländereien); vielleicht meinte ich damit auch die seelische Leere der Protagonisten?
Inhaltlich wird klar, dass sich die drei Reiter nur noch augenscheinlich an den einst gegebenen Eid halten, dieser wurde schon vor langer Zeit zur Farce, wie das Ende auf recht eindeutige Weise darstellt. Auch wenn die dritte Strophe vorschlägt, dass die drei auf dem Weg zu einem dienstlichen Auftrag sind (wenn auch wider Willen), die letzten zwei Zeilen bringen die drastische Wende und offenbaren die schnöde und häßliche Realität der Dinge. Es wird nicht nur vorgespielt, der Eid wird gebrochen, der alte König wird in jeder Hinsicht hintergangen, gerade dort, wo es am meisten schmerzt – im Unterleib der Gemahlin.
Ohne das Gedicht tiefsinner machen zu wollen als es ist, hier geht es um den üblichen moralischen Verfall, Heuchelei und Untreue, damals wie heute. Das Bild der edlen Musketiere (auch erst drei, dann aber vier) ist absichtlich gewählt, die alte Romantik von Treue und Ergebenheit, die nichts mit der Wirklichkeit zu tun hat.
Der Eid mag hier auch weitergreifend für Dinge wie Rechtschaffenheit, (gute) Prinzipien und Ähnliches stehen, der alte König für die 'alte Ordnung', die Gesetze, welche man täglich umgeht usw. Das Gedicht soll daher zeitgemäß bleiben, der Inhalt ist
insgesamt als
eine Metapher zu verstehen.
Also eine Tragikomödie ohne
happy end, weil es eben keins gibt und auch nichts zu verharmlosen. Ist die Pointe da wirklich so unpassend?
Zu weiteren Details:
[red]der sträubt sich und leugnet die Macht der Gewalten...[/red]
ok, das hat einen grammatikalischen Knacks. Ich ändere das ab auf:
[blue]
der leugnet und sträubt sich der Macht der Gewalten...[/blue]
dann bezieht sich die darauffolgende Zeile auf den König.
[red]Des Königs Gemahlin und Zofen erwarten...[/red]
Ich verstehe was du meinst, denke dennoch, dass hier kein lyrisches Verständnisproblem vorliegt. Es geht um (ihre) Zofen, um wen sonst. Ich dachte nochmal über eine andere Variante nach, z.B.
die Königin und ihre Zofen erwarten...
Ich finde aber 'Gemahlin' irgendwie passender, sprachlich abgehobener und dem Inhalt und Bildern entsprechend.
[red](Ihr Los ist, dem Wappen die Treue zu halten...)
dann entspricht dies nicht dem geleisteten Treueeid des Ritters, der eben kein Zufallslos des Schicksals war[/red]
Hier muss ich dir widersprechen. Der Eid wird überhaupt nur noch getragen (nach außen), weil er als Pflicht angesehen wird (siehe oben die dazugehörenden Sinnbilder der Rechtschaffenheit usw.). Gerade darin besteht ja die Farce! - wie bei den Religionen zu denen sich die Menschen scheinheilig bekennen, obwohl sie keine ihrer Richtlinien folgen.
[red]… dass der Reiter gewöhnlich sein Pferd leitet und nicht umgekehrt[/red]
Dieses lyrische Bild solltest du mir verzeihen. Auch die Pferde waren einst 'voll bei der Sache' und haben mittlerweile den Elan (und auch die Kraft der Jahre) verloren, müssen jetzt angetrieben werden. Warum denn nicht?
Schwerter oder Lanzen … hhmmm – gute Frage. Muss ich mal erotische Literatur zu Rate ziehen
LG
Tula