Die empfangene Bedrängnis (gelöscht)

H

Heidrun D.

Gast
Liebe/r atoun,

auch dies wieder ein sehr interessanter Text (schon der Titel überzeugt!), mit vielerlei möglichen Lesarten. - Es geht dir vermutlich um (unüberbrückbare?) Gegensätze von Kunstauffassungen, ähnlich wie du sie in deinem Profil zitiert hast.

Fleisch und Gemüse gelten mir als Variablen, die ebenso durch Lärm und Stille, Grobheit und zart Andeutendes, Schund und Lyrik ersetzt werden können.

Ich halte das Gedicht für s e h r gelungen. Darf ich trotzdem ein paar winzige Änderungen vorschlagen, die m. E. die Charaktere der Protagonisten noch stärker herausarbeiten würden?


"Endgeschichtliche Prologe eines überzeugten Viehvertreters"


"Ah, da sind sie ja, die Vegetarier!
Wie die schon aussehen, zerbrechlich,
schmalbrüstig,

dürr,
dürr,
dürr!

Die brauchen Speck auf ihren Rippen,
eine gepflegte Übergröße! Genauso wie ich!
Mann, die haben doch Mangel - ...

Erscheinungen!
(Ob das gesund ist?)

Denen muss ich unbedingt die Augen öffnen,
für meinen paradiesischen Speiseplan ...
Nach acht Tagen Bearbeitung: Eine meiner leichtesten Übungen!
Ein großer bereichernder Regen wäre das,
für ihre rapsende Einöde
und natürlich
für mich!

Na,
das wär ja gelacht, wenn ich denen nicht auch
ein fettes Schlachtschwein in ihr Boot jubeln könnte!
Ha!"

*

"Ha...
Hah...
Haaalt!
Was macht ihr denn da?

Nein!
Neeeeiiiiinnnnn,
hört auf!
auf!
auf!
auf!

aufzuladen!

Neihhh-Heihhhn sage ich!

Ich WILL KEIN Gemüse!"
Am allerbesten gefällt mir die "rapsende Einöde", herrlich!

Liebe Grüße
Heidrun
 

atoun

Mitglied
Liebe Heidrun,

vielen Dank für deinen wertvollen Kommentar. Wie du siehst, habe ich deinen Vorschlag zu 99% sehr gern übernommen. Es ist jetzt etwas überspitzter und die "Ironie" kommt noch deutlicher zur Geltung.

Auch inhaltlich liegst du völlig richtig!
Fleisch und Gemüse für die Einstellung o. Meinung eines Menschen, aber auch für seine Empfindung und seinen Geschmack. Das ist auch auf andere Bereiche übertragbar.

Es wird gesagt "Jeder ist seines eigenen Glückes Schmied". Dieser Text greift das simple Sprichwort in fast unglaublicher Weise auf und macht daraus eine illusionäre Übergröße "Jeder ist der Herrscher der eigenen Welt".
Auch sind kleine versteckte Anleihen des Zauberlehrlings enthalten. War der Lehrling noch gefangen in einem "Ich kann es besser, als ..." oder "Ich mache es besser, als...", so sagt der Viehvertreter: "Ich weiß es besser, als..." oder "Ich esse besser, als..."
Das Boot gilt ebenso als ein wichtiges Symbol "Wer wird sich über Wasser halten?"

Es geht um Subjektivität und darum, wie Menschen versuchen, anderen Menschen ihren "Glauben" aufzuzwängen, weil sie der Meinung sind, es kann nur richtig sein, wie ihre Weltsicht sich darstellt. Im Grunde ein Appell an Toleranz und Verständnis. Ohne sich selber verbiegen zu müssen, aber doch offen sein für Neues oder ein "Anderssein".
Wer anderen ständig ihre Fehler vorhält, macht selbst den größten Fehler. Wer anderen ständig weiß machen will, sie brauchen Bereicherung, ist selbst die Engstirnigkeit in Person. So ist es auch mit Überzeugungen.

Am Ende des Textes folgt die Rechnung auf dem Fuße: indem der schwer (selbst-)Überzeugte eine Gleichbehandlung nach seinem Schema von anderen erfährt.

Das hätte ich dir alles nicht erörtern müssen, denn wie oben erwähnt, du liegst völlig richtig mit deinem Kommentar.
Eher erwähne ich das alles noch einmal, weil ich hoffe, die "Inspirationsgeberin" für diesen Text liest das hier ebenfalls. Dass sie das versteht, möchte ich ihr wünschen.

Andererseits gefällt es mir sehr, dass solche (manchmal nervenaufreibende) Diskussionen auch Anlass bieten, ein neues Werk hervorzubringen.

Also noch einmal meinen Dank an dich, Heidrun, für deine Aufmerksamkeit und dein Verständnis.

lieben Gruß von
atoun
 



 
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