Die gute Hexe oder wie sie ärger mit dem Teufel bekam

2,00 Stern(e) 1 Stimme

mustafa

Mitglied
Die gute Hexe – oder wie sie ärger mit dem Teufel bekam.

In einer Zeit, in der es noch keine Autos und Flugzeuge gab,
da lebte ein Mönch zwischen anderen Mönchen in einem Kloster.
Dort konnte er sich ganz auf seine Berufung konzentrieren.
Neben Gott hatte er für sich noch eine andere Leidenschaft entdeckt.
Er liebte die Natur und das, was in ihr wuchs.
Er war ein Kräutersammler.
Essenzen hatte er schon zubereitet gegen so manches Übel und Leid.

Es gab so viel was er erforschte.
Es gab noch so vieles zu entdecken.
Er wollte den Menschen helfen.
Ihre schmerzen lindern und sie heilen von Krankheiten.
Sein wissen jedoch, welches er sich im laufe der Zeit aneignete,
wurde vom Abt des Klosters einbehalten.
Gegen teures Geld gab er es an reiche Kaufleute weiter.
Und an jeden anderen, der dafür bezahlte.

Der Mönch wollte aber allen Menschen helfen.
Eines Tages packte er seine paar Sachen und legte ein „Eremitenjahr“ ein.
Wenige Mönche taten es ihm damals gleich.
Er zog in einen alten, dichten Wald, indem keine Menschen lebten.
Und lebte dort in einer Höhle.
Dort war er allein und konnte sich ganz seinen Forschungen der Kräuterkunde widmen.

Eines Tages, als er seinen Wald erkundete, entdeckte er ganz tief in ihm ein kleines Häuslein.
Es stand mitten im Wald.
Kein Weg führte dorthin.
Zwischen all den Bäumen und Gestrüpp war es einfach nur da.

Wer mag wohl dort wohnen, dachte er,
als er neugierig über Stamm und Ast stieg und vor der Türe stand.
Bevor er an ihr klopfen konnte, machte ihm eine alte Frau auf die Tür.

Klein war die alte Frau und faltig ihr Gesicht.
Zersaust ihre weißen Haare und schwarz ihr Gewand.
Der Mönch, bekleidet mit einer braunen Kutte und im Gesicht einen wilden Bart,
stand verwundert gegenüber von ihr.

„Wer bist du?“. Beide stießen zur selben Zeit die Frage aus.
„Du zuerst“, meinte die alte Frau und der Mönch stellte sich ihr vor.
„Ich bin Bruder Nassan, der Einsiedler.
Verlassen habe ich das Kloster auf unbestimmte Zeit und lebe jetzt in einer Höhle in diesem Wald“.

Und du, wer bist du?“

„Ach ich, ich bin ein altes Weib.
Gekannt wurde ich vor langer Zeit als Hexe Nazrael.
Zog mich zurück von den Menschen.
Zog mich zurück vom weltlichen.
Ich lebe schon seit Jahren hier allein.
Du bist der erste, den ich erblick.
Tritt herein und sei mein Gast“.

Und der Mönch trat in die Stube hinein.
Das Häuslein bestand nur aus einem Zimmer.
Ein Bett, ein Tisch und ein Ofen standen im Zimmer.
Was den Mönch wunderte waren die Schränke voll Gläser mit Wurzeln und Kräutern.
Nicht anders sah es in seiner Höhle aus.

So saßen sie beisammen und redeten bis spät in die Nacht.
Als der Morgen graute, verließ der Mönch die alte Hexe und ging zufrieden zurück in seine Höhle.

Wundersames hatte sie ihm erzählt.

Die Geschichte der alten Hexe:
Beim Eintreten in ihr Häuslein bemerkte er ihre Kräuter und Wurzeln.
Ihre Pasten und Salben, welche in Gläsern nebeneinander aufgereiht im Regal standen.
Gebannt blieb er vor dem Regal stehen.
Da er selbst Kräuter sammelte, kannte er die meisten.
Doch manche hatte er noch nie gesehen.
„Du forscht auch?“, wandte er seine Frage an die alte Frau,
welche jetzt am Ofen stand und einen Tee brühte.
„Ja, das tue ich. Du auch?“
Vertraut waren sie sich.
„Ja. In meiner Höhle sieht es nicht anders aus.
Einige Wurzeln und Kräuter habe ich jedoch noch nie gesehen.
Wachsen sie hier bei uns im Wald?“

„Setz dich erstmal.
Getrunken habe ich sehr lange allein meinen Tee.
Erzählen will ich dir, woher ich meiner Kräuter habe.
Erzählen will ich dir von mir.
Und besuchen will ich dich dafür.
Damit du erzählst dann von dir.

Damals, lang ist es her. Lebte ich in einem Reich, weit weg von hier.
Arm war das Land.
Viele Menschen hungerten.
Bitter war es für mich, dass anzusehen.
Abseits vom Dorf lag meine Hütte.
Menschen, die ein Leiden hatten, die kamen zu mir.
Helfen konnten oft meine Kräuter.
Die Menschen brachten mir dafür genug zu essen und zu trinken.
Ich half ihnen dafür.

Durchreisende brachten mir die seltenen Kräuter und Wurzeln.
Die ich dafür heilte von manchem Leid. Ja, das Dorf kannte mich.
Und Besucher die krank wurden, besuchten mich.


Eines Tages, es war noch früh, klopfte es wild an meiner Tür.
„Wer klopft so laut“, dachte ich, als ich öffnete die Tür.
Die Schergen des Königs standen vor mir.

Damals wurde das Land von einem bösen König beherrscht.
Der wohnte oben auf dem höchsten Berg und blickte hinab in sein Reich.
Hohe Steuern verlangte er von den Menschen,
damit er leben konnte in Saus und Braus.
Er war ein grausamer König.
Menschen, die ihm den Tribut nicht zahlen konnten,
ließ er zur Abschreckung der anderen
am Marktplatz peitschen.

Von Jahr zu Jahr verlangte er mehr von ihnen.
Kränker wurden die Menschen und elender sein Reich.

Doch nun standen seine Schergen vor mir und verlangten,
dass ich packen sollte meine Sachen und sie begeleiten sollte hoch zu Schloss.

„Warum“ fragte ich.
„Das wissen wir nicht, der König verlangt nach dir“.
So schritt ich mit und gelangte zum Schloss und wartete vor einer Tür.

Schreie waren dahinter zu hören.
Zorn und Wut konnte ich einer tiefen Stimme entnehmen.
Irgendwann ging auf die Tür, und der König, der stand vor mir.

So, so, du ist also das Hexenweib.
Gehört habe ich von dir.
Versagt haben meine Ärzte….
Doch egal. Jetzt zu dir.
Folge mir.
Und so ging ich hinter ihm her, durch eine Tür und stand vor einem Knaben,
der lag in einem Bettchen halbtot vor mir.

Das ist mein Sohn. Gespielt hat er mit euren Kindern. Gefallen ist er von einem Baum.

Mach ihn gesund.
Das Befehle ich dir.
Sonst sperre ich dich ein und bade dich in Schwefel und teile dich in vier.

Mach ihn gesund.
Sonst raube ich alle Knaben, die sein Alter haben in meinem Reich.
Sonst verkauf ich sie an meinen Bruder, der irgendwo herrscht über ein anderes Königreich.

Angst hatte ich keine von ihm.
Kannte ich doch einen, der viel schlimmer war als er.
Der Junge lag im Sterben.
Helfen hätte ich ihm können, wenn ich früher gewesen wäre bei ihm.
Doch nun war es zu spät.
Lindern konnte ich ein wenig seinen Schmerz. Er starb mir weg.

Das konnte der König nicht verschmerzen.
Also sperrte er mich ein ins tiefste Verlies
und wollt mich baden in Schwefel und teilen in vier.

Da lag ich nun im Dunkeln.
Und plötzlich ging auf die Tür.
Herein kam der Teufel.
Wütend war er. Schnaufte und Feuer kam aus seinem Mund.
„Nazrael, was mache ich nur mit dir.
Sei endlich eine Hexe und nicht das schwarze Schaf von mir.
Angesehen habe ich schon lange dein Spiel.
Gelassen habe ich dich, weil Satan sei dank, nur du geschlagen bist aus unserer Art“.

„Lassen werde ich dich nicht hier.
Der König, der soll zu mir.
Dämonen zu mir.
Holt ihn mir“.

Und schon war er unten im Keller. Der König.
Bleich und zitternd stand er nun vor mir.
Der Teufel, erzürnt war er.

„Was fällt dir ein, ein Kind von mir zu behandeln, als wäre es ein Stück von dir.
Sie ist eine Hexe und sie gehört zu mir.
Verwandeln werde ich dein Königreich in ein Meer aus Sand.
Kriechen sollst du darin, in einem kleinen Körper mit 3 Beinen.
Immer in Angst, dass du gefressen wirst von einem Geier“.

So soll es sein.

Und so wurde es.

Sein Königreich ward nicht mehr.
Jetzt ist dort Wüste, soweit das Auge reicht und soweit weg von hier.

Das Volk wurde verschont von ihm.
Nur mussten sie wegziehen von dort.
Weil, nichts mehr wuchs im Sand.
Kein Baum, kein Strauch – nur Sand.
Sein Gefolge vom Hof – Verwandelt hat er sie alle in so manches Kriechgetier.

Doch dass Volk wusste nicht wohin?
Hatten sie doch vorher nichts.
Jetzt hatten sie noch weniger als vorher.
Jetzt hatten sie noch weniger als nichts.

Selbst das Elend war dem Teufel leid.
Wütend war er und rief hoch zum Himmel.
„Gott, was ist nur los mit dir.
Wie kann ich böse sein mit diesem Volk.
Die Menschen haben keine Angst vor mir.
Gewohnt sind sie Kummer und Leid.
Verdammt noch mal.
Schick endlich einen Engel, der führt die Menschen irgendwohin, nur fort von hier“.

Und Gott sandte einen Engel, der führte das Volk irgendwohin,
wo es nicht gab Kummer und Leid.

So war selbst der Teufel zufrieden.
Denn glaubten die Menschen wieder an Gott – so fürchteten sie sich vor ihm.

Mich hat er hierher verbannt.
Trotzdem mag ich ihn sehr.
Ab und zu sieht er nach mir und schüttelt nur den Kopf.
Ich glaub ich bin seine einzige Tochter, die wundert ihn sehr.

So lebe ich hier. Mich stört es nicht. Gewohnt bin ich es.

So, dass war meine Geschichte, die ich erzählt habe dir.

Ja, Nazrael, dass schwarze Schaf der Hexengilde steht vor dir.
Geduldet vom Teufel.
Deshalb lebe ich hier.

Verwundert über den Abend kehrte der Mönch zurück in seine Höhle
und freute sich auf einen Besuch vor ihr.

Von Nazrael, dem schwarzen Schaf der Hexengilde von hier.

Und so besuchten sie sich lange, lange Zeit… eine halbe Ewigkeit…
 



 
Oben Unten