Die Laokoon-Gruppe

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Herr H.

Mitglied
Sie winden sich im Würgegriff der Schlangen
in dem sie doch schon längst verloren sind,
weil diesen Kampf kein Sterblicher gewinnt.
Die Schlangenleiber schließen sich wie Zangen

um ihre Opfer, die, vor Qual fast blind,
und völlig außer sich vor Angst und Bangen,
mit letzter Kraft nach den Reptilien langen,
indes die Hoffnung immer mehr zerrinnt.

Noch bäumen sich die Männer panisch auf
und recken aus dem schrecklichen Gewimmel
die Arme flehend in den leeren Himmel.

Doch achtlos nimmt das Schicksal seinen Lauf.
Und niemand hört den halb erstickten Schrei
der Todgeweihten. Dann ist es vorbei.
 
G

Gelöschtes Mitglied 15780

Gast
Opfer-Pathos

Das berühmte Kunstwerk reizt zu dichterischer Reflexion. Gelungen, sehr gut gelungen! Angemessen.
Ich fühle mich durch Deine Verse angeregt, darüber nachzusinnen, ob die drei tatsächlich so flehend und vergeblich mit den Schlangen ringen. Die beiden Jünglinge bewegen sich edel, fast schon zu elegant, der Priester selbstbewußt-kraftvoll, in heroischem Pathos. Heiligtum der als Römer wiedergeborenen Trojaner, ein Opfer, das die sieghafte Wiederkehr begründet. "Niemand hört ..." stimmt in keiner Weise, nun ja - die todgeweihten Trojaner hören nicht auf die Orakelworte und glauben die Schlangen als gottgesandte Strafe zu "begreifen". Aber den Römern war es das Samenkorn ihrer Weltbeherrschungsmacht, uns ist es ein Kunstwerk, und Du bedichtest es, wir lesens.
Das ist nie "vorbei".
 

Herr H.

Mitglied
Hallo Mondnein,

nein, enden kann allenfalls das monumental dargestellte Leiden des Priesters und seiner Söhne. Aber der gewaltige Eindruck bleibt. Ich gebe dir Recht, dass man die Posen der drei bei ihrem Kampf mit den Schlangen unterschiedlich deuten kann. Ich erkenne darin den verzweifelten, aber letztlich eben doch vergeblichen Kampf des Menschen mit dem Fluch höherer Mächte.

Danke für dein Echo.
LG von Herrn H.
 



 
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