Die Leberkäs-Semmel (gelöscht)

Status
Für weitere Antworten geschlossen.
D

Dominik Klama

Gast
Na ja. Die mit Weißwursenf servierte Kutter- oder Kehrichtschaufel eines Norddeutschen wäre schon etwas seltsam gewesen. Das hätte mir auffallen sollen.
 

Ofterdingen

Mitglied
Hallo HelenaSofie,

Ich habe mich über deine freundliche Rückmeldung gefreut. In meiner Textdatei habe ich die Überschrift bereits in deinem Sinne geändert. Danke!


Herzlichen Dank auch an dich, Kara,

Wrobel bat mich, dir auszurichten, dass er gern auf das von dir angebotene Bier zurückkommen wird, bei schlechtem Wetter notfalls in einer Kneipe statt im Biergarten.

Aber nicht vergessen: Er trinkt nur Weißbier, nicht dass du mit dem falschen Krug daherkommst und Wrobel dessen Inhalt seinen Tischnachbarn ins Genick schütten muss.
 

Ofterdingen

Mitglied
Hallo,

Mittlerweile habe ich die Geschichte in München zweimal vor Publikum gelesen und noch ein paar Anregungen erhalten. Natürlich hat das nicht so viel verändert wie die Reaktionen, die ich hier bekam, besonders seitens Doc Schneiders, der ich noch einmal danken möchte. Jedenfalls gibt es jetzt eine überarbeitete Fassung, vielleicht nicht die letzte überhaupt, aber sicherlich die letzte, die ich in diesen Thread stelle. Schließlich will ich euch nicht unnötig quälen. Hier ist sie:


DIE LEBERKÄS-SEMMEL

Als Wrobel im Biergarten ankam, war der sehr voll. Nur an einem Tisch schien es noch einen Platz zu geben. Er fragte: „Ist hier frei?“ und man antwortete ihm: „Ja, aber du musst uns eine gute Geschichte erzählen. Wenn sie uns nicht gefällt, bist du ganz schnell wieder weg.“ Der das sagte, zwinkerte den anderen zu und Wrobel ahnte, dass sie ihn wahrscheinlich nicht nur wegjagen, sondern ihm außerdem einen üblen Streich spielen würden. Er ließ sich jedoch nicht abschrecken, setzte sich und sagte:

„Also, ich fange jetzt an. Gestern Abend um sieben war ich mit Pfeufer von der Schüweco verabredet, in seinem Büro. Pfeufer, dachte ich, ist ein vielbeschäftigter Mensch, einer, der vermutlich nie eine Pause macht und deswegen jetzt bestimmt hungrig ist. Ich kaufte für ihn eine Semmel mit warmem Leberkäs, die man mir in ein Stück Alu-Folie packte und in einer bunt bedruckten Faltschachtel aus dünner Pappe mitgab.

`Das ist ja wirklich nett gemeint, mein lieber Wrobel, vielen Dank´, sagte Pfeufer, `aber ein bisschen stillos. Ich kenne hier in der Nähe ein gutes griechisches Lokal. Gehen wir! Da können wir was Leckeres essen und unsere Angelegenheit in Ruhe besprechen.“

Als wir das Haus verließen, regnete es. Ich spannte meinen Schirm auf und da sah ich einen Jungen, der auf mich zukam.

`Hey, warte mal!´ sagte ich und hielt ihm mein Päckchen hin. Er stutzte, dann griff er danach, klappte den Deckel hoch und wickelte die Leberkäs-Semmel aus der Alu-Folie. Er roch noch nicht einmal daran, sondern warf sie gleich in eine Pfütze, faltete die Schachtel und anschließend auch die Alufolie, steckte sie beide in seine Jackentasche und wandte sich zum Gehen.

`He, hallo!´ rief ich.

`Keine Zeit!´ sagte er, und das konnte sich auf mich beziehen oder auf alles mögliche Andere in dieser Welt.“

Wrobel schloss den Mund, um zu zeigen, dass seine Geschichte zu Ende war.

„Ja, und das ist schon alles?“ fragte ein Grobgesichtiger mit einer zinnoberroten großporigen Nase.

„So schlecht war die Geschichte nicht“, meinte ein etwa Fünfzigjähriger, der eine Lodenjacke trug. „Sie sagt mir was. Ist doch typisch für unsere Welt, wo bloß das Äußere zählt, die Verpackung. Wrobel hätte genauso gut von einem Partygirl erzählen können, das sich discomäßig auftakelt oder von einem Deppen, vor dem alle buckeln, nur weil er in einem Ferrari daherkommt.“

„Na ja, das ist ein bisschen weit hergeholt“, meinte eine Dame in mittlerem Alter, die unter dem Kinn etwas füllig war. „Könnte sein, dass ich den Jungen kenne. War das in der Konradinstraße und hat der dunkle Haare und ein Muttermal neben dem linken Ohr?“

„Stimmt alles“, antwortete Wrobel. „Ja, neben dem linken Ohr. Sieht aus wie eine Himbeere.“

„Den kenne ich. Sein Vater war so ein schöner Mann, dann ist er fett und hässlich geworden wegen den vielen Leberkäs-Semmeln, jeden Tag mindestens zwei. Der Bub hat sich dann halt gesagt: Sowas passiert mir nicht. Keine Leberkäs-Semmeln mehr!“

„Wahrscheinlich hat er sich auch umgeschaut in seiner Klasse“, meinte ein sich wichtig gebender Herr hinter seiner dicken Brille. „Wenn ich mir die jungen Leute in meiner Nachbarschaft anschaue: Die sind oft so dick, dass sie kaum mehr die Treppe raufkommen.“

„Nicht nur die Jungen“, meinte ein Herr mit Schnauzbart. „Ich habe in der Zeitung gelesen, dass wir Deutsche, also alle, Alte und Junge, die dicksten Menschen von Europa sind, zusammen mit den Engländern.“

„Das kann ja alles sein“, meinte eine schlanke ältere Dame mit einem noch immer sehr anziehenden Gesicht, „aber ich glaube, für den Bub ging es nicht bloß um das Dickwerden. Warum hat er denn den Leberkäs weggeworfen und die Schachtel nicht? Na? Ich weiß, dass auf vielen solchen Schachteln Bilder von Xaver Bierbichler drauf gedruckt sind, dem berühmten Landschaftsmaler. Also behaupte ich einfach mal, dass ihm das Bild gefallen und dass der Bub auch für uns eine Botschaft hat, nämlich: Das Schöne muss uns mehr wert sein als die Fressgier.“

„Aha. Und die Alufolie?“ fragte eine etwa 40-jährige Dame, die eine schwarze, auffällig dick gefütterte Kunststoffsteppjacke mit Webpelzbesatz trug und trotz des warmen Septembertags vor Kälte und Aufregung zitterte. „Da war ja nichts drauf gedruckt. Warum hat er dann die mitgenommen? Ich sag´s euch: Er will die Welt retten: Keine Leberkäs-Semmeln mehr, lieber den restlichen Müll trennen. Verstehen Sie: Recycling. Wissen Sie, wie viel Energie draufgeht für jedes Stück Alu und wie viel Umwelt?“

„Ihre Meinungen in allen Ehren, Frau Liebhart und Frau Aschenbrenner“, warf ein Herr mit grauen Haaren und einem rot-weiß karierten Hemd ein, „aber wenn das in der Konradinstraße war, dann hat es nichts mit edlen Motiven zu tun, sondern zeigt uns ganz einfach, wie stinkfaul und gewissenlos die heutigen Jugendlichen sind, denn nur ein paar Schritte von dort weg ist das Pfarrhaus. Da sammeln sie Essen für Obdachlose, und man sollte den Saukerl ohrfeigen, weil er das Brot und den Leberkäs einfach weggeschmissen hat.“

Plötzlich zuckte Wrobel zusammen, weil ihm mehrere Nachbarn auf den Rücken schlugen. Er machte sich auf alles Mögliche Unangenehme gefasst, doch dann sagte einer: „Wrobel, kannst sitzen bleiben, deine Geschichte passt und wir schütten dir auch kein Bier den Nacken runter, verstanden?“
 

DocSchneider

Foren-Redakteur
Teammitglied
Die Geschichte liest sich jetzt natürlich völlig anders als in der Originalversion, viel ausführlicher und lebhafter durch die wörtliche Rede und die verschiedenen Typen.
Ich hatte keine Ahnung, dass ich wesentlich dazu beigetragen habe, aber gern geschehen.
LG Doc
 
D

Dominik Klama

Gast
Möchte noch jemand seinen Senf zu dem Brei geben? Den rühren wir dann auch noch hinein, aber nur, wenn es original süßer friesischer Kutterschaufelsenf ist.
 

Ofterdingen

Mitglied
Hallo Dominik Klama,

Seit langem schon sage ich dir, dass du zur Abwechslung mal versuchen solltest, von deinen Schwulenthemen wegzukommen. Da freut es mich natürlich zu sehen, dass du dich neuerdings mit Kochen und Essen beschäftigst, zwar nicht ganz auf Gourmet-Niveau, aber was nicht ist, kann ja noch werden. Ich wünsche dir schöne Feiertage und dass du ein paar neue Rezepte ausprobierst. Ich bin schon auf deine nächste Erzählung gespannt, die (so hoffe ich) mit Essen zu tun hat.
 
Status
Für weitere Antworten geschlossen.



 
Oben Unten