Fugalee Page
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Die Elemente Luft und Wasser sind uns vertraut. Wenn wir uns von einem Medium ins andere begeben, so sprechen wir vom Schwimmen. Dringen wir tiefer ein, dann tauchen wir ab. Uns Menschen erscheinen diese Betrachtungsweisen selbstverständlich, doch auf anderen Welten muss dies ja nicht zwangsläufig so sein.
Nur ein paar tausend Inseln und das Eis an den Polkappen bedeckten den Wasserplaneten. Wohl deshalb hatte auf Thalassio intelligentes Leben beschlossen, in den Ozeanen zu bleiben. Hier lebte der Axolot in geselligem Zusammensein mit seinesgleichen. Sein dicker Kopf, die lustigen Kiemenbüscheln an den Seiten und sein Maul, zu einem ewigen Grinsen verzogen, ließen den Molchartigen stets gut gelaunt erscheinen. Es war ein Leben im Bakterienparadies der Tiefe. Schwarze Raucher spieen Wasser, das vom Magma Thalassios auf 350 Grad erhitzt wurde. Wo es auf das kalte Meerwasser traf, verfestigten sich Metallsulfide zu mineralischen Kaminen. Ein drei Stockwerke hoher Turm aus Karbonat, der an eine Kathedrale erinnerte, war der Lieblingsplatz der Axolots.
Die ganze Umgebung glich einem Zaubergarten. Wenn sich heiße Chemikalienwolken mit Meerwasser mischten, kristallisierten Metallsulfide zu steinerner Kunst. Oxidierende Eisenschichten färbten die bizarren Gebilde in orangefarbenem Ton. Friedlich rauchten die Schlote am Grunde des Meeres, an denen sich Freyellas mit filigranen Armen die Nahrung aus dem Wasser filterten. Mikroorganismen, wie Bakterien und Archaea, wandelten Stoffe aus den heißen Quellen in Körpermasse um. Die Chemosynthese war in vollem Gange und versorgte die Wartenden mit Nahrung.
Die Molchartigen hatten sich bei angenehmen 7,3 Grad Celsius um die Kathedrale versammelt und diskutierten aufs Heftigste. Die Kommunikation fand durch Maulbewegungen und Flossenstellung statt. Ein Axolot kam dermaßen in Rage, dass er einen am Boden kriechenden Stoutii belästigte.
Der junge Axolot musste sich vorsehen, denn ein Stoutii konnte äußerst unangenehm werden. Der primitive Wirbelfisch hatte weder Kiefer noch Magen, dafür aber vier Herzen. Grau, rund und glatt sah der Schleimaal eher harmlos aus – doch wehe, er fühlte sich bedroht. Dann strömte pfundweise Glibber aus seinen 300 Schleimdrüsen. Innerhalb weniger Minuten war der Stoutii so in der Lage, eine große Menge Wasser in zähen, klebrigen Schleim zu verwandeln.
Die Axolots befanden sich in heller Aufregung, da nach langer Zeit des Wartens nun laufend Daten von der geheimnisvollen Passage gesendet wurden. Nachdem die Ozeane erforscht und katalogisiert waren, und der Axolot in den Schlamm vorgedrungen war, galt es neues zu erkunden. Der Molchartige hatte Tausende von Kilometern in verzweigten Höhlensystemen zurückgelegt und den Schlamm ausführlich erforscht. Da wurde ihm erst bewusst, dass er so gut wie nichts über die grenzenlose Weite des Wassers wusste.
Dass die Welt eine Kugel war, schien nach der großen Wanderung und den Schlammmessungen bewiesen. Doch was für ein gigantisches Ausmaß hatte das allgegenwärtige Wasser? Gab es irgendwo doch eine Grenze? Und wenn dem so war, was kam danach? So begann der Axolot seine ganze Energie auf die Beantwortung dieser Frage zu konzentrieren. Als ein Problem erwiesen sich die extremen Druckunterschiede.
Für wirbellose Fische war dies kein Problem, da sie hauptsächlich aus gallertartiger Masse bestanden. Anders bei Fischen, die über eine Schwimmblase verfügten. Wobei es wiederum einen Unterschied machte, ob die Blase mit Luft oder Öl gefüllt war. Fischen mit Öl-Schwimmblasen fiel es leichter, sich neuen Druckverhältnissen anzupassen. Für den Axolot stellten höhere Wasserschichten hingegen eine tödliche Bedrohung dar. Kam ein Axolot in höhere Zonen, wo der Wasserdruck geringer war, dehnte sich die Luft in der Schwimmblase aus und brachte diese zum Platzen. Hier kamen nun die Freyellas zum Einsatz. Die kleinen Seesternchen saugten sich seitlich an den Schuppen des Axolots fest, und trieben eine Kanüle in die Schwimmblase. So fungierten sie als natürlicher Druckregler und ließen dem Axolot förmlich die Luft heraus; gerade soviel, dass er in höherer Umgebung überleben konnte. Allerdings funktionierte dieser Trick nur bis zu einer gewissen Höhe. Die jungen Axolots machten sich zur Sorge der Mütter hieraus einen Spaß. An einigen Stellen des Ozeans stürzte schweres, salziges Meerwasser in Säulen von mehreren Hundert bis Tausend Metern Durchmesser in die Tiefe. Zwischen den Abstromsäulen flutete weniger dichtes Tiefenwasser nach oben, so entstanden Verwirbelungen. Diese Kaskaden eigneten sich vorzüglich für Mutproben. Junge Axolots jagten in diesen Strömungssäulen oft tausend Meter auf und ab. Verlor jedoch ein Freyella in einer Verwirbelung den Halt, ergab sich der junge Axolot seinem Schicksal.
So hatte der Molchartige, um seinen Wissensdurst zu stillen, das Aqualon gezüchtet. Diese wirbellose, mäßig intelligente Gallertblase hatte die famose Eigenschaft, in bis dahin unvorstellbare Höhen vorzudringen. Durch eine Körperöffnung war es möglich, in das Innere des Aqualons zu gelangen und mit ihm zu reisen. Doch vorerst waren diese lebenden Sonden bei extremen Aufwärtsreisen noch unbemolcht.
Das Aqualon sonderte einen Zellfaden ab, der von unheimlich zäher Konsistenz war. Durch immer erfolgreichere Züchtungen war es gelungen, den Faden praktisch unzerreißbar zu machen. So konnten weder massive Strömungen, noch enorme Zugkräfte dieser Informationsleitung etwas anhaben. Das Aqualon vollzog einen periodischen Stoffwechselzyklus, der die Konsistenz des Fadens leicht veränderte. Die Abstände zwischen diesen Stellen dienten den Axolots als Maßeinheit. Durch Impulse des Aqualons konnten Rückschlüsse über die Umgebung gezogen werden, in der sich der Pionier befand.
Unbemolchte Aqualone waren bisher in eine Höhe von 10 Faden gestiegen, und hatten ihre Informationen in die Tiefe gesendet. Die Auswertungen hatten ergeben, dass der Druck, wie erwartet, bei steigender Höhe kontinuierlich abnahm. Würde sich dieser Prozess bis zu einem absoluten Nullpunkt fortsetzen? Dies war nach Ansicht der meisten Axolots jedoch nicht möglich. Nach den Gesetzen der Molchartigen war alleine der Druck für die Form und das Verhalten des Wassers verantwortlich. Untersuchungen an den Schloten hatten ergeben, dass aus dem Inneren Thalassios ebenfalls Druck entwich, und Einfluss auf die unmittelbare Umgebung nahm. An diesen Schloten war die Strömung des Wassers besonders stark. Druck konnte somit direkt auf das Verhalten des Wassers Einfluss nehmen. Zwar würde mit steigender Höhe der Druck weitaus geringer, doch ein Absinken auf einen absoluten Nullpunkt war undenkbar, da sonst alles Wasser zerfließen würde. Der Axolot ging von einer allgegenwärtigen, das Wasser in Form haltenden, Druckkraft aus. Ein Absinken der Druckkraft auf einen Nullpunkt war demnach nicht möglich.
Es gab jedoch eine kleine Schar der Molchartigen, die diese Theorie anzweifelten. Messungen in den tiefsten Schlammbohrungen hatten einen enormen Druckanstieg angezeigt. Selbst die widerstandsfähigsten Aqualone zeigten sich sehr gestresst. Durch diese Beobachtungen entwickelte sich eine weitere These. Wenn die Wassersäule endlos nach oben anstieg, käme irgendwann der Punkt, da in der Tiefe ein Druck herrschen musste, den der Axolot vielleicht gerade noch aushalten konnte. Stieg die Wassersäule jedoch über diese Marke hinaus, würde der Molchartige unweigerlich zerquetscht werden. Doch blieb auch hier die Frage unbeantwortet, was denn jenseits des Wassers existierte.
Doch nun war ein epochaler Vorstoß gelungen. Das letzte Aqualon hatte die unvorstellbare Höhe von annähernd 15 Faden zurückgelegt und sendete von dort irrwitzige Daten. Hier existierte offenbar ein seltsamer Übergang. Eine Passage, in der die Gesetze des Wasserraums völlig außer Kraft gesetzt schienen. Erst hatte der Druck beim Upstream kontinuierlich abgenommen, dann sendete das Aqualon plötzlich eine völlig unbekannte Wellenlänge des Lichts. Dies hatte nichts mit der bekannten Infrarotstrahlung der Schlote gemein. Am Übergang selbst war das Aqualon von der neuen Strahlung offenbar so überfordert, dass es drohte, den Dienst zu verweigern. Doch das wirklich Unglaubliche war die Dichteinformation jenseits der Passage. Sie war hier offenbar so gering, dass das Aqualon scheinbar hilflos, in einer Art Auf- und Ab- Bewegung, entlang des Übergangs dahertrieb. Sein ganzes Umfeld, das komplette Medium Wasser, schien sich aufgelöst zu haben. Doch das Aqualon fiel nicht in diese plötzliche Leere. Das Wasser hielt es fest. Seine gallertartige Haut klebte regelrecht an der Oberfläche des Wassers. Mit einem Mal war auch die Stille des Meeres dahin. Ein viel höherer Ton, anders als das tiefe vulkanische Brummen aus dem Inneren Thalassios, brauste über das Aqualon hinweg. Lebensbedrohlich war auch die Temperatur, die offensichtlich von der unbekannten Strahlungsquelle ausging. Der riesige, quallenartige Leib des Aqualons trieb hilflos im vertrauten Medium Wasser und trocknete dennoch aus. Nie hatte ein Aqualon je solch fürchterliche Qualen erleiden müssen. Der Kontraktionsantrieb versagte, so gab es aus dieser Passage zur Hölle kein Entrinnen mehr. Noch im Tode sendete das Aqualon pflichtbewusst seine Daten vom Ende der Welt.
Die Molchartigen waren tief betroffen. Nur einige wenige versuchten sich in Erklärungen. Demnach existierte außerhalb des Wasserraums ein völlig neues Medium, in dem ohne Schutz kein Leben bestehen konnte. In diesem Antiwasser würde alles Lebendige zerfließen, da nichts mehr vorhanden war, das es umgab und zusammenhielt. Es musste demnach eine neue Züchtung geschaffen werden, welche diesem Zerfluss standhielt. Die Kiemenfunktion musste gewährleistet sein, und eine neuartige Haut musste das Aqualon vor der unbekannten Strahlungsquelle schützen. Schließlich war ein vollkommen neuer Antrieb zu kreieren, der jenseits des Übergangs eine gewaltige Energie freisetzen musste, um im fremdartigen Milieu überhaupt noch aufwärts zu kommen. Vielleicht konnte so dieser tödliche leere Raum überwunden werden, bis man schließlich wieder auf dichten Wasserraum und mögliches außerseeisches Leben stieß.
All dies würde den Axolot wohl noch viele Jahrzehnte beschäftigen. Es war noch ein langer beschwerlicher Weg nach oben und darüber hinaus. Doch half es nichts, den Kopf in den Schlamm zu stecken. Es lag nun einmal im Wesen des Molchartigen zu forschen und zu entdecken. Irgendwann würde der Axolot eine Lösung finden und zu fernen Wassern reisen.
Nur ein paar tausend Inseln und das Eis an den Polkappen bedeckten den Wasserplaneten. Wohl deshalb hatte auf Thalassio intelligentes Leben beschlossen, in den Ozeanen zu bleiben. Hier lebte der Axolot in geselligem Zusammensein mit seinesgleichen. Sein dicker Kopf, die lustigen Kiemenbüscheln an den Seiten und sein Maul, zu einem ewigen Grinsen verzogen, ließen den Molchartigen stets gut gelaunt erscheinen. Es war ein Leben im Bakterienparadies der Tiefe. Schwarze Raucher spieen Wasser, das vom Magma Thalassios auf 350 Grad erhitzt wurde. Wo es auf das kalte Meerwasser traf, verfestigten sich Metallsulfide zu mineralischen Kaminen. Ein drei Stockwerke hoher Turm aus Karbonat, der an eine Kathedrale erinnerte, war der Lieblingsplatz der Axolots.
Die ganze Umgebung glich einem Zaubergarten. Wenn sich heiße Chemikalienwolken mit Meerwasser mischten, kristallisierten Metallsulfide zu steinerner Kunst. Oxidierende Eisenschichten färbten die bizarren Gebilde in orangefarbenem Ton. Friedlich rauchten die Schlote am Grunde des Meeres, an denen sich Freyellas mit filigranen Armen die Nahrung aus dem Wasser filterten. Mikroorganismen, wie Bakterien und Archaea, wandelten Stoffe aus den heißen Quellen in Körpermasse um. Die Chemosynthese war in vollem Gange und versorgte die Wartenden mit Nahrung.
Die Molchartigen hatten sich bei angenehmen 7,3 Grad Celsius um die Kathedrale versammelt und diskutierten aufs Heftigste. Die Kommunikation fand durch Maulbewegungen und Flossenstellung statt. Ein Axolot kam dermaßen in Rage, dass er einen am Boden kriechenden Stoutii belästigte.
Der junge Axolot musste sich vorsehen, denn ein Stoutii konnte äußerst unangenehm werden. Der primitive Wirbelfisch hatte weder Kiefer noch Magen, dafür aber vier Herzen. Grau, rund und glatt sah der Schleimaal eher harmlos aus – doch wehe, er fühlte sich bedroht. Dann strömte pfundweise Glibber aus seinen 300 Schleimdrüsen. Innerhalb weniger Minuten war der Stoutii so in der Lage, eine große Menge Wasser in zähen, klebrigen Schleim zu verwandeln.
Die Axolots befanden sich in heller Aufregung, da nach langer Zeit des Wartens nun laufend Daten von der geheimnisvollen Passage gesendet wurden. Nachdem die Ozeane erforscht und katalogisiert waren, und der Axolot in den Schlamm vorgedrungen war, galt es neues zu erkunden. Der Molchartige hatte Tausende von Kilometern in verzweigten Höhlensystemen zurückgelegt und den Schlamm ausführlich erforscht. Da wurde ihm erst bewusst, dass er so gut wie nichts über die grenzenlose Weite des Wassers wusste.
Dass die Welt eine Kugel war, schien nach der großen Wanderung und den Schlammmessungen bewiesen. Doch was für ein gigantisches Ausmaß hatte das allgegenwärtige Wasser? Gab es irgendwo doch eine Grenze? Und wenn dem so war, was kam danach? So begann der Axolot seine ganze Energie auf die Beantwortung dieser Frage zu konzentrieren. Als ein Problem erwiesen sich die extremen Druckunterschiede.
Für wirbellose Fische war dies kein Problem, da sie hauptsächlich aus gallertartiger Masse bestanden. Anders bei Fischen, die über eine Schwimmblase verfügten. Wobei es wiederum einen Unterschied machte, ob die Blase mit Luft oder Öl gefüllt war. Fischen mit Öl-Schwimmblasen fiel es leichter, sich neuen Druckverhältnissen anzupassen. Für den Axolot stellten höhere Wasserschichten hingegen eine tödliche Bedrohung dar. Kam ein Axolot in höhere Zonen, wo der Wasserdruck geringer war, dehnte sich die Luft in der Schwimmblase aus und brachte diese zum Platzen. Hier kamen nun die Freyellas zum Einsatz. Die kleinen Seesternchen saugten sich seitlich an den Schuppen des Axolots fest, und trieben eine Kanüle in die Schwimmblase. So fungierten sie als natürlicher Druckregler und ließen dem Axolot förmlich die Luft heraus; gerade soviel, dass er in höherer Umgebung überleben konnte. Allerdings funktionierte dieser Trick nur bis zu einer gewissen Höhe. Die jungen Axolots machten sich zur Sorge der Mütter hieraus einen Spaß. An einigen Stellen des Ozeans stürzte schweres, salziges Meerwasser in Säulen von mehreren Hundert bis Tausend Metern Durchmesser in die Tiefe. Zwischen den Abstromsäulen flutete weniger dichtes Tiefenwasser nach oben, so entstanden Verwirbelungen. Diese Kaskaden eigneten sich vorzüglich für Mutproben. Junge Axolots jagten in diesen Strömungssäulen oft tausend Meter auf und ab. Verlor jedoch ein Freyella in einer Verwirbelung den Halt, ergab sich der junge Axolot seinem Schicksal.
So hatte der Molchartige, um seinen Wissensdurst zu stillen, das Aqualon gezüchtet. Diese wirbellose, mäßig intelligente Gallertblase hatte die famose Eigenschaft, in bis dahin unvorstellbare Höhen vorzudringen. Durch eine Körperöffnung war es möglich, in das Innere des Aqualons zu gelangen und mit ihm zu reisen. Doch vorerst waren diese lebenden Sonden bei extremen Aufwärtsreisen noch unbemolcht.
Das Aqualon sonderte einen Zellfaden ab, der von unheimlich zäher Konsistenz war. Durch immer erfolgreichere Züchtungen war es gelungen, den Faden praktisch unzerreißbar zu machen. So konnten weder massive Strömungen, noch enorme Zugkräfte dieser Informationsleitung etwas anhaben. Das Aqualon vollzog einen periodischen Stoffwechselzyklus, der die Konsistenz des Fadens leicht veränderte. Die Abstände zwischen diesen Stellen dienten den Axolots als Maßeinheit. Durch Impulse des Aqualons konnten Rückschlüsse über die Umgebung gezogen werden, in der sich der Pionier befand.
Unbemolchte Aqualone waren bisher in eine Höhe von 10 Faden gestiegen, und hatten ihre Informationen in die Tiefe gesendet. Die Auswertungen hatten ergeben, dass der Druck, wie erwartet, bei steigender Höhe kontinuierlich abnahm. Würde sich dieser Prozess bis zu einem absoluten Nullpunkt fortsetzen? Dies war nach Ansicht der meisten Axolots jedoch nicht möglich. Nach den Gesetzen der Molchartigen war alleine der Druck für die Form und das Verhalten des Wassers verantwortlich. Untersuchungen an den Schloten hatten ergeben, dass aus dem Inneren Thalassios ebenfalls Druck entwich, und Einfluss auf die unmittelbare Umgebung nahm. An diesen Schloten war die Strömung des Wassers besonders stark. Druck konnte somit direkt auf das Verhalten des Wassers Einfluss nehmen. Zwar würde mit steigender Höhe der Druck weitaus geringer, doch ein Absinken auf einen absoluten Nullpunkt war undenkbar, da sonst alles Wasser zerfließen würde. Der Axolot ging von einer allgegenwärtigen, das Wasser in Form haltenden, Druckkraft aus. Ein Absinken der Druckkraft auf einen Nullpunkt war demnach nicht möglich.
Es gab jedoch eine kleine Schar der Molchartigen, die diese Theorie anzweifelten. Messungen in den tiefsten Schlammbohrungen hatten einen enormen Druckanstieg angezeigt. Selbst die widerstandsfähigsten Aqualone zeigten sich sehr gestresst. Durch diese Beobachtungen entwickelte sich eine weitere These. Wenn die Wassersäule endlos nach oben anstieg, käme irgendwann der Punkt, da in der Tiefe ein Druck herrschen musste, den der Axolot vielleicht gerade noch aushalten konnte. Stieg die Wassersäule jedoch über diese Marke hinaus, würde der Molchartige unweigerlich zerquetscht werden. Doch blieb auch hier die Frage unbeantwortet, was denn jenseits des Wassers existierte.
Doch nun war ein epochaler Vorstoß gelungen. Das letzte Aqualon hatte die unvorstellbare Höhe von annähernd 15 Faden zurückgelegt und sendete von dort irrwitzige Daten. Hier existierte offenbar ein seltsamer Übergang. Eine Passage, in der die Gesetze des Wasserraums völlig außer Kraft gesetzt schienen. Erst hatte der Druck beim Upstream kontinuierlich abgenommen, dann sendete das Aqualon plötzlich eine völlig unbekannte Wellenlänge des Lichts. Dies hatte nichts mit der bekannten Infrarotstrahlung der Schlote gemein. Am Übergang selbst war das Aqualon von der neuen Strahlung offenbar so überfordert, dass es drohte, den Dienst zu verweigern. Doch das wirklich Unglaubliche war die Dichteinformation jenseits der Passage. Sie war hier offenbar so gering, dass das Aqualon scheinbar hilflos, in einer Art Auf- und Ab- Bewegung, entlang des Übergangs dahertrieb. Sein ganzes Umfeld, das komplette Medium Wasser, schien sich aufgelöst zu haben. Doch das Aqualon fiel nicht in diese plötzliche Leere. Das Wasser hielt es fest. Seine gallertartige Haut klebte regelrecht an der Oberfläche des Wassers. Mit einem Mal war auch die Stille des Meeres dahin. Ein viel höherer Ton, anders als das tiefe vulkanische Brummen aus dem Inneren Thalassios, brauste über das Aqualon hinweg. Lebensbedrohlich war auch die Temperatur, die offensichtlich von der unbekannten Strahlungsquelle ausging. Der riesige, quallenartige Leib des Aqualons trieb hilflos im vertrauten Medium Wasser und trocknete dennoch aus. Nie hatte ein Aqualon je solch fürchterliche Qualen erleiden müssen. Der Kontraktionsantrieb versagte, so gab es aus dieser Passage zur Hölle kein Entrinnen mehr. Noch im Tode sendete das Aqualon pflichtbewusst seine Daten vom Ende der Welt.
Die Molchartigen waren tief betroffen. Nur einige wenige versuchten sich in Erklärungen. Demnach existierte außerhalb des Wasserraums ein völlig neues Medium, in dem ohne Schutz kein Leben bestehen konnte. In diesem Antiwasser würde alles Lebendige zerfließen, da nichts mehr vorhanden war, das es umgab und zusammenhielt. Es musste demnach eine neue Züchtung geschaffen werden, welche diesem Zerfluss standhielt. Die Kiemenfunktion musste gewährleistet sein, und eine neuartige Haut musste das Aqualon vor der unbekannten Strahlungsquelle schützen. Schließlich war ein vollkommen neuer Antrieb zu kreieren, der jenseits des Übergangs eine gewaltige Energie freisetzen musste, um im fremdartigen Milieu überhaupt noch aufwärts zu kommen. Vielleicht konnte so dieser tödliche leere Raum überwunden werden, bis man schließlich wieder auf dichten Wasserraum und mögliches außerseeisches Leben stieß.
All dies würde den Axolot wohl noch viele Jahrzehnte beschäftigen. Es war noch ein langer beschwerlicher Weg nach oben und darüber hinaus. Doch half es nichts, den Kopf in den Schlamm zu stecken. Es lag nun einmal im Wesen des Molchartigen zu forschen und zu entdecken. Irgendwann würde der Axolot eine Lösung finden und zu fernen Wassern reisen.